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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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ihm ins Gesicht sah. »Hast du denn nicht ge hört, was dein Vater gesagt hat? Er hat uns seinen Mörder genannt, als seine Seele seinen Körper verließ. Er sagte: ›Das war Dünn.‹ Es war Dünn, Lilliane. Der Ritter deines Mannes hat deinen Vater getötet. Corbett hat endlich die Rache gefunden, nach der es ihn immer gelüstet hat.«
    Lilliane taumelte angesichts dieser Anklage. Einen Au genblick lang war sie unfähig zu antworten; sie konnte kaum nachdenken, so groß war der Aufruhr in ihrer Seele. Dann schienen die Worte ihres Vaters in ihren Ohren wider zuhallen. »Das war’s dann«, hatte er gesagt. Oder war es vielmehr »Das war Dünn [1] « gewesen? Sie starrte in Williams wütendes Gesicht und versuchte ihre widerstrebenden Ge fühle in den Griff zu bekommen. »Du kannst dessen nicht sicher sein«, flüsterte sie voller Entsetzen.
    »Ich bin sicher«, zischte er. »Hat er dich so sehr geblendet, dass du den Mord an deinem eigenen Vater nicht bemerkst? Gott weiß, dass es allgemein bekannt ist, dass die Söhne Col chesters schon lange Rache an ihm zu nehmen wünschen.«
    Lilliane hatte nicht die Kraft, auf diese Anklage zu ant worten, denn hatte sie sich nicht schon einmal selbst gefragt, ob dies nicht von Anfang an Corbett zu dieser Ehe veranlasst hatte? Ihr Vater selbst hatte zugegeben, dass Lord Frayns Söhne immer noch auf Rache sannen. Jeder wusste, dass es so war. Und doch… und doch fand sie es schwierig, ihm so viel Heimtücke zuzutrauen.
    Sie fuhr mit der Hand an den Kopf. Sie war allzu verwirrt; sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Doch sie fürchtete sich vor der Wahrheit. Trotzdem konnte sie keine Ruhe finden, ehe sie die Wahrheit nicht kannte. Verzweifelt riss sie sich von William los und suchte nach Grendella. Ihre Augen wa ren weit aufgerissen, als sie der verwelkten alten Frau gegen überstand, und ihre Stimme zitterte.
    »Hat… hat mein Vater dich je wegen irgend eines Lei dens aufg e sucht?«
    Grendella blickte scharf in Lillianes bleiches Antlitz.
    »Er hatte nur wenig Verwendung für meine Fähi g keiten, obwohl ich weiß, dass er an der Krankheit des reichen Man nes, an der Gicht, litt. Thomas hat sich häufiger Breiumschlä ge von mir zubereiten lassen.« Sie dachte einen Augenblick lang nach. »Und ich habe ihm im vergangenen Frühjahr ei nen Zahn entfernt. Aber sonst ist mir nichts bekannt.«
    »Siehst du, Lilliane? Es ist wie ich sagte. Er war so gesund wie eh und je, bis dieser… Attentäter deines Mannes ihn ermordet hat.«
    William war an Lillianes Seite aufgetaucht, und seine Worte ließen Lilliane vor Furcht erzittern. »Es war Dünn«, gestand sie sich selbst voller Schrecken ein. Aber war das wirklich möglich? Dünn hatte mit ihrem Vater Freundschaft geschlossen. Und doch konnte er das auch nur getan haben, um eine Gelegenheit zu finden, ihm Gift zu verabreichen. Dann konnte sein Herr, ihr Gemahl, ohne jegliche Hindernisse über Orrick herrschen, und er würde die Befriedigung haben, den Mann zur Strecke gebracht zu haben, von dem er glaubte, dass er seinen Vater getötet hatte.
    Bei diesem Gedanken schüttelte Lilliane den Kopf. Doch Corbett war ausgerechnet jetzt passender weise nicht im Schloss, also konnte man ihm keine Schuld zuschieben.
    Sie war so verwirrt. Wenn Aldis nur hier wäre, dachte sie. Oder wenigstens Santon. Sie würden in der Lage sein, ihr dabei zu helfen, Orrick gegen das Böse, das in seinen Mau ern wohnte, zu verteidigen.
    Aber zum Glück war William hier, dachte sie voller Er leichterung. Obwohl sie sich in seiner Gegenwart in den letz ten Tagen immer unbehaglich gefühlt hatte, wusste sie den noch, dass er ihr helfen würde. Trotzdem lag die Verteidigung Orricks hauptsäc h lich bei ihr, und ihr Herz versteinerte sich in der Brust, als ihr das klar wurde.
    In den folgenden Stunden musste der Leichnam ihres Va ters für seine Beerdigung vorbereitet werden; der Aufbah rungsraum musste hergerichtet und Boten mussten ausge sandt werden. Über das ganze Schloss hatte sich ein düsteres Leichentuch ausgebreitet: Lord Barton war sehr geliebt wor den, und überall hörte man Trauern und Wehklagen. Aber egal, wie sehr Lilliane auch von ihrem eigenen Kummer heimgesucht wurde, sie konnte den Worten nicht entgehen, die ihr ständig in den Ohren klangen. »Das war Dünn«, hatte er gesagt. »Das war Dünn.« Die Anklage war offensicht lich. Ihr Vater war tot, und zwar durch Sir Dunns Hand. Und wenn das so war, dann konnte es keinen Zweifel geben, dass dies auf

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