Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
Vom Netzwerk:
Anweisung ihres Gemahls geschehen war.
    Sie wollte sich den Tränen überlassen, denn die Leere in ihrem Inneren schien sie schier zu ve r schlingen. Doch Lilliane wusste, dass sie es sich nicht leisten konnte, so schwach zu sein. Besonders jetzt nicht. Sie hatte die Verantwortung für das Schloss, und jedermann blickte in diesen schrecklichen Zeiten auf sie. Selbst das Trauern brachte ihr nur wenig Erleichterung, denn sie hatte ihre Familie nicht um sich, und sogar der gute Thomas war nicht da, um ihr Trost zu spen den. Er war heute morgen aufgebr o chen, um seinen Sohn in Sedgewick zu besuchen.
    Als Lilliane sich schließlich in ihr Gemach zurüc k gezogen hatte, zitterte sie vor Erschöpfung. Das Zimmer war kalt, denn Ferga war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich um Lady Verone zu kümmern, um ihren sonstigen Pflichten nachkommen zu können. Für Lilliane jedoch war der kalte Raum ein willkommenes Refugium. In ihren Schläfen pochte es, und ihre Finger zitterten, als sie sich auskleidete, um ins Bett zu gehen. Sie war sogar zu erschöpft, um ihr immer noch lose herabhängendes Haar zu flechten. Doch als sie un ter die schwere Decke geschlüpft war, konnte sie die Ruhe nicht finden, nach der es sie so verzweifelt verlangte.
    Wie in jeder Nacht seit ihrer Hochzeit war vor ihrem gei stigen Auge die Erinnerung an Corbett und die Zärtlichkeiten aufgetaucht, die sie in diesem Bett geteilt hatten. Aber waren ihr diese Erinnerungen trotz der verwirrenden Gefüh le für ihren Gatten vorher willkommen gewesen, so brachten sie ihr nun nichts als Schmerz. Er hatte sie auf die zärtlichste Weise geliebt, hatte sie dazu gebracht, dass sie ihn fast voll ständig akzeptierte, während er die ganze Zeit über den Mord an ihrem Vater plante. Er hatte ihren Vater umgarnt und dann sie selbst verführt und betört.
    Sie war unfähig, den Gedanken an seine Ve r schlagenheit –und ihre eigene Dummheit – zu ertragen und vergrub das Gesicht in ihren Kissen. Aber selbst jetzt noch suchten sie die Erinnerungen an Corbett heim, denn der schwere Ring um schloss ihren Finger.
    Mit einem bitteren Schrei der Enttäuschung zerrte sie das Schmuckstück von ihrer Hand und warf es heftig fort. Sie hörte, wie es über den Steinboden rollte und irgendwo in der Dunkelheit zur Ruhe kam. Aber dann herrschte wieder Ru he, als ob sie sie mit ihrer abwartenden Leere verspotten wollte.
    Erst jetzt kamen die Tränen. Heiß und schmerzhaft rannen sie ihre Wangen hinunter, machten sie blind und raub ten ihr den Atem. Ihr schlanker Körper wurde von hartem, überwältigendem Schluchzen gepackt, als sie um ihren Vater trauerte. Er war dahingegangen, gerade als sie sich endlich versöhnt hatten. Sie hatte zwei Jahre in der Abtei vergeudet, um ihn zu meiden. Jetzt, da sie bemerkte, wie sehr er sie lieb te – und wie sehr sie ihn tatsächlich liebte – war er fort.
    Lilliane rang nach Atem und wischte sich die Tränen vom Gesicht. Sie hatte ihm niemals wirklich ihre Liebe gezeigt, dachte sie unglücklich. Er hatte sich immer nur das Beste für Orrick gewünscht. Und genau das hatte ihm dieses furchtbare Ende beschert. Jetzt lag es an ihr, für Orricks Wohlbefin den zu sorgen und seinen Tod zu rächen.
    Sie setze sich in dem großen Bett auf, noch immer schluchzte sie und rang um Atem. Sie würde seinen Tod rä chen, schwor sie. Sir Dunns heimtückisches Verbrechen wür de nicht ungesühnt bleiben.
    Es war nicht schwer gewesen, Sir Dünn im Aufruhr der vergang e nen Stunden aus dem Weg zu gehen, aber morgen würde er zusammen mit Rittern und Fußsoldaten seinen Pflichten nachgehen, etwas, das sie kaum würde ertragen können.
    Lilliane schauderte, als sie die Decke über ihre Schultern zog. Trotz der überwältigenden Gegenwart der Männer aus Colchester waren die Wachen Orricks immer noch in der Überzahl, dachte sie. Und diese Wachen würden ihr gegen die Fremden folgen.
    Sie hielt inne, als ihr das Überwältigende ihres Planes auf ging. Sie würde Sir Dünn und den Rest seiner Truppen in den Kerker werfen, aber was dann? Irgendwann würde Corbett zurückkehren, und was sollte sie dann tun? Selbst in der Dunkelheit tauchte sein hartes Gesicht vor ihrem geistigen Auge auf, das durch seinen finsteren Ausdruck noch grausamer aussah. Furcht ließ sie aufs Neue erzittern. Wie veräng stigt war sie doch bei ihrem ersten Zusa m mentreffen gewe sen. Und dann noch einmal, als er ihren Fluchtversuch vereitelt hatte.
    Doch er war immer sanft mit ihr

Weitere Kostenlose Bücher