Das Herz Von Elowia
nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und schlich sie von dem Lagerplatz fort, ohne über die Folgen ihrer Flucht nachzudenken. Sie würde sich später darum Gedanken machen, wie sie alleine in der Wüste überleben wollte. Aber das Emblem auf der Decke hatte sie zu verunsichert, als dass sie jetzt keinen Fluchtversuch wagen musste.
Kaum hatte sie sich ein paar Schritte von dem Lagerplatz entfernt, hörte sie ein verdächtiges Geräusch. Panisch, man hätte vielleicht ihr Verschwinden schon bemerkt, ließ sie sich bäuchlings in den Sand fallen und hoffte, im Schutz der Dunkelheit unentdeckt zu bleiben.
Aber die Männer, die vor ihr auftauchten, gehörten nicht zu Barrns Leuten. Sie waren in schwarzes Leinen gehüllt. Selbst ihre Schwerter hatten sie mit schwarzem Stoff umwickelt, damit sie im Mondlicht nicht verräterisch aufblitzen konnten.
Beklommen sah Lilith, wie die Männer sich zum Lagerplatz schlichen, wo die Krieger ahnungslos aßen und tranken.
Unter ihnen konnte sie auch Harukan erkennen, wie er neben der Fee saß und lachte. Schweren Herzens rappelte sie sich auf und rannte laut schreiend auf das Feuer zu. Noch bevor sie das Lager erreichte hatte, waren Barrns Männer, von ihrem Geschrei aufgeschreckt, bis an die Zähne bewaffnet und kampfbereit.
Barrns Miene sprach Bände, als er sie angelaufen sah, dennoch blieb ihm keine Zeit seinem Unmut Luft zu machen, denn dichter hinter Lilith folgte eine große, todbringende Staubwolke von Wüstenräubern. Fayn ebenfalls mit einem Schwert bewaffnet, hatte neben Barrn Stellung bezogen und wehrte mit einer grausamen Entschlossenheit jeden Angreifer ab. Die Klingen der Krieger kreuzten sich mit einer gewaltigen Wucht und das Kampfgeschrei ergoss sich über die Stille der Nacht.
Lilith lief hilflos herum und hielt nach Harukan Ausschau, konnte ihn jedoch nirgends finden. Als sie einen Lufthauch hinter sich spürte, zuckte sie zusammen. Mit einem behänden Sprung brachte sie sich in Sicherheit, wirbelte herum und blickte in ein verhülltes Gesicht. Der Mann lachte höhnisch und siegesgewiss auf, hob sein Schwert und wollte zustechen, doch dann erschlafften seine Gesichtszüge und er erstarrte inmitten seiner Bewegung. Ungläubig stierte er auf den Dolch, der aus seiner Brust ragte, bevor er mit einem Gurgeln auf den Boden sank und regungslos liegen blieb.
Fayn kam herbeigeeilt, während sie in der einen Hand einen weiteren Dolch hielt, umklammerte sie mit der anderen Hand Harukans Handgelenk.
»Lilith, bist du in Ordnung, kannst du fliehen?«
Lilith nickte überrascht.
Fayn beugte sich zu dem toten Mann, drehte ihn angewidert um und zog ihren Dolch aus seiner Brust, dann sah sie sich gehetzt um.
»Gut. Los ihr beiden, zu den Kenjas.«
Die Fee, die sonst so unscheinbar wirkte, kämpfte ihnen den Weg zu den Kenjas frei und schob Lilith samt Harukan zu einem der Tiere hin. »Das ist Nargat, er ist ausgebildet worden, in der Wüste Wasser zu finden. Mit ihm habt ihr eine Chance.«
Harukan schüttelte energisch seinen Kopf und Tränen füllten seine Augen. »Ich gehe nicht ohne dich, Fayn.« Doch die Fee packte den Jungen nur grob an der Hüfte und beförderte ihn mit einem Schwung auf das Tier. Lilith fragte sich, woher diese gebrechliche Frau die Kraft dazu besaß, nicht nur wie ein Berserker zu kämpfen, sondern auch noch einen störrischen Jungen zu bändigen.
Die Dienerin gab Lilith die Zügel in die Hand. »Nun mach schon, ihr müsst los«, drängte sie Lilith zur Eile.
Die ersten Tränen kullerten über Harukans Gesicht und seine Stimme bebte, als er schon fast flehte: »Komm mit Fayn, bitte.«
Fayn stellte sich auf Zehenspitzen und streckte ihre Hand nach dem Gesicht des Jungens aus. »Mein Kleiner, wir werden uns bald wiedersehen.«
»Ich geh nicht ohne dich.«
Fayn beugte sich vor. Ihre blauen Augen fixierten den Jungen und ihre Stimme war ruhig, als sie sprach: »Sei jetzt brav. Sei ein guter Junge und pass auf Lilith auf.«
Und Lilith beobachtete, wie der Wille des Jungen erlahmte, bis der kleine Diamantaner einer geistlosen Puppe glich.
Fayn ließ die Umgebung nicht aus ihren Augen, jederzeit bereit mit einer tödlichen Präzision zuzuschlagen. »Jetzt du Lilith, steig auf.«
Gerade als Lilith sich ebenfalls auf das Kenja schwingen wollte, zischte über ihren Köpfen ein Pfeil hinweg. Erschrocken zuckten sie zusammen und versuchten die Position des Schützen auszumachen. Ein weiterer Pfeil bohrte sich in den Schwanz des Kenjas auf dem Harukan mit einer seltsamen
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