Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
verletzen kann.« Behutsam fuhr Sloane mit einer Hand über das Rohrgebilde, dann legte er den Hebel um. Wieder fiel Marcus. Das Geräusch hörte sich schwer an.
»Wie die Seelenmaschinen in Ihren reizenden Luftschiffen. An die erinnern Sie sich bestimmt, Jacob.« Er ahmte mit den Fingern einen fliegenden Schmetterling nach. »Der Geist in den Leitungen, abseits des Körpers, in der Maschine. Und selbst wenn der Körper vergeht, tja, die Rohrleitungen sind dann immer noch da. Und die Seele.«
Ich dachte an den Kapitän der Pracht des Tages , an seine metallische Stimme im Luftschiff.
»Marcus war tot«, sagte ich.
»Ja. Es war immens hilfreich, dass Sie ihn getötet haben. Etwas über Seelen, Jacob und die Menschen, die sie töten: Sie sind wie zwei Magnete, die zusammengeführt werden.« Er tätschelte die zusammengebrochene Hülle von Marcus. »Es geht langsam vonstatten, ist aber unvermeidlich.«
»So haben Sie uns ständig gefunden?«, fragte Emily. »Erst im Labor und jetzt hier?«
Sloane zuckte mit den Schultern.
»Worauf ich hinauswill, Jacob, ist, dass ich Ihren Körper nicht verletzen muss. Und ich muss nicht warten, bis Sie sterben, um Ihre Seele verletzen zu können. So wäre es zwar einfacher, aber … Das steht schlichtweg nicht zur Debatte.«
»Ich habe ja solche Angst. Ehrlich. Sie sollten mich mit einigen weiteren Riemen zusammenschnüren, Sloane, sonst falle ich noch vor lauter Zittern auseinander.«
»Tapferer Mann«, meinte er grinsend. »Und lustig. Eine verdammte Verschwendung, dass man Sie aus dem Rat verstoßen hat. Andererseits«, er hob die Ledertasche vom Boden auf und legte sie auf den Schreibtisch, »haben Sie Ihren Zweck bislang gut erfüllt.«
»Was immer Sie vorhaben, Sloane, lassen Sie Emily da raus. Sie weiß nicht das Geringste.«
»Stimmt wahrscheinlich.« Die Messingschnallen klappten auf und schlugen gegen den Schreibtisch. »Wäre das nicht interessant? Herauszufinden, was Sie wissen, junge Frau? All ihre Geheimnisse zu erfahren?«
Emily erbleichte und drückte sich noch tiefer in das Sofa. Ich kämpfte gegen die Riemen um meine Brust an. Das Leder schnitt in meine Arme, aber ich glaubte, mit genügend Zeit könnte es mir gelingen, mich zu befreien.
»Ein anderes Mal.« Sloane öffnete die Tasche und holte ein langes Gewirr von Schläuchen heraus, eingefasst in beschlagene Messingschnallen und Leitungsanschlüsse. Die Gerätschaft besaß in der Mitte einen Kern, ein komplexes Gebilde aus Pumpen und gespannten Federn. Sloane legte es auf den Tisch. Es zerkratzte das glänzende Furnier des Holzes.
»Möchten Sie etwas über das hier wissen? Was es ist und was es tut?« Sloane hielt einen der Gummischläuche wie ein heiliges Relikt auf den Handflächen. »Würde es das einfacher für Sie machen?« Mit ausdruckslosen Augen, die dunklen Gruben in seinem Gesicht glichen, blickte er auf mich herab.
In meinen Händen und meinem Gesicht brach kalter Schweiß aus, was ich nicht verhindern konnte. Für diese Gelegenheit genügte selbst meine härteste Miene nicht.
»Mir hilft es manchmal, zu wissen, was passieren wird. Ich stelle es mir vor, male es mir im Kopf aus, sehe es vor mir.« Mit dem Schlauch in einer Hand ergriff er mein Kinn und fuhr mit einem trockenen Finger über meine Wange. »In Ihrer Lage allerdings könnte ich verstehen, wenn Sie es nicht wissen wollen.«
Er wickelte den Schlauch lose um meinen Kopf, zog ihn enger und wickelte dann weiter. Die Schlaufen stapelten sich unter meinem Kinn. Jedes Mal, wenn er den Schlauch enger zog, drückte dieser gegen meinen Hals. Mein Kopf füllte sich mit dem Geräusch meines pulsierenden Blutes. Ich versuchte, mich zu wehren, mich freizuwinden, aber mein Körper reagierte nicht. Ich fühlte mich wie gelähmt, gefangen von der sonderbaren Formalität des Rituals.
»Emily, meine Liebe. Ihre Augen.« Sloane legte die Handfläche flach auf meine Stirn und verzog das Gesicht. »Ich würde Ihnen empfehlen, die hübschen Augen zu schließen.«
Mit einem Ruck spannte er den Schlauch. Emily schrie auf und sprang vom Sofa. Er stieß sie beiseite und trat sie, als sie fiel. Mein gesamter Kopf fühlte sich wie zusammengepresst an, die Zunge baumelte mir aus dem Mund, meine Augen weiteten sich und wurden heiß. Ich versuchte krampfhaft, zu atmen oder zu brüllen, doch mein Körper schien sich weiter und weiter zu entfernen. Durch das Hämmern meines pulsierenden Blutes hörte ich seine Stimme.
»Das ist der schlimmste Teil, Jacob.
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