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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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in Veridon bekam. Ein genauerer Blick verdeutlichte, dass es sich keineswegs um sentimentalen Tand handelte.
    »Marcus hatte das?«, fragte Emily.
    »Ja. Er wollte, dass ich es in die Stadt bringe. Er gab es mir, dann erzählte er, dass er den Kapitän umgebracht und das Schiff zerstört hätte.«
    »Sieht wie ein Kirchending aus.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Die Kirche des Algorithmus war ein seltsamer Verein. Ungeachtet dessen stellte sie die dominante religiöse Organisation in der Stadt dar. Veridon war mit zahlreichen Mysterien gesegnet, doch die profitabelsten Mysterien waren die merkwürdigen Schiffe, die in regelmäßigen Abständen den Fluss herabtrieben. Niemand wusste, woher sie stammten oder wer sie schickte. Sie enthielten willkürliche Ansammlungen von Mechagenen, halb fertigen Maschinen und rätselhaften autonomen Kunstwerken. Die Kirche des Algorithmus fußte auf dem Glauben, dass diese Schiffe Botschaften von einem verborgenen Gott weit stromaufwärts waren. Ihre Vertreter verbrachten ihr Leben mit dem Versuch, die Maschinen zusammenzubauen, die Natur ihrer Gottheit zu enthüllen. Sie huldigten einem verborgenen Muster. Bedauerlicherweise verdankten wir ihnen viel. Ihre Weissagungen führten zu zahlreichen der technologischen Entdeckungen, durch die Veridon die vorherrschende Macht an diesem Rand der Welt blieb.
    »Vielleicht«, meinte ich. »Aber ich würde lieber nicht hingehen. Sie würden mich heiligsprechen.«
    »Das bezweifle ich. Niemand würde dich mit einem heiligen Propheten verwechseln.«
    »Es sind schon merkwürdigere Dinge vorgekommen. Außerdem stammt dieses Ding von unterhalb des Wasserfalls. Ihr Gott hingegen weilt flussaufwärts, richtig?«
    »Hat es am Ende vielleicht der Teufel geschickt?«
    »Dann kann es der Teufel zurückhaben. Ich will nur wissen, warum Marcus es hatte.«
    »Er gab es dir und sagte, du sollst es in die Stadt bringen?«
    »So ist es. Keine blasse Ahnung, weshalb.«
    »Hm. Ich muss dich das fragen, Jacob: Warum hast du Marcus erschossen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Die Einzelheiten waren nicht wichtig, aber ich hatte das Gefühl, ihm einen Gefallen getan zu haben. Ich hatte ihm Endgültigkeit geboten, ein klares Urteil über seine Taten und ein sauberes Ende. Viele meiner Mitreisenden vegetierten noch tagelang vor sich hin, bevor sie verstarben. Meine Freundschaft zu Marcus hatte ihm etwas Einfacheres eingebracht, obwohl er für die Katastrophe verantwortlich gewesen war.
    »Verstehe ich nicht«, meinte sie und legte das Gerät auf den Tisch. »Warum hat er das gemacht? Zum einen, es dir zu geben, zum anderen jedoch auch alles andere davor. Warum hat er den Kapitän mit einer Axt bearbeitet und indirekt all diese Leute getötet? Mir scheint, er ist ein bisschen einfach davongekommen, indem er durch deine Hand starb.«
    »Mag sein. Offenbar dachte er, dass ihn jemand verfolgte, jemand, den er nicht töten konnte. Wahrscheinlich war er nicht ganz richtig im Kopf.« Ich räusperte mich. »Ich glaube, das Schiff zu zerstören war seine Art zu fliehen und sicherzustellen, dass ihm niemand folgen würde, wohin er auch wollte. Jedenfalls wollte er aussteigen. Er war auf dem Weg zu den Schwebebooten, als jemand sie abwarf.«
    »Tja, er hat eindeutig sichergestellt, dass ihm niemand folgt.« Sie streckte mir das Mechagen entgegen, hielt es wie einen Teller zwischen den Händen. »Jeder, der ihm auf diesem Schiff hätte folgen können, ist gestorben, so sicher, wie Feuer verbrennt und Wasser ertränkt.«
    »Ja«, gab ich zurück. »Ich erinnere mich daran.« Ich nahm das Mechagen entgegen, legte es auf meine Handfläche und hob es an. Mein Daumen strich über die Innenseite ihres Handgelenks, und ich zögerte. Ich konnte ihren Puls spüren, die Wärme ihrer Haut an meinem schwieligen Knöchel. So verharrten wir eine Sekunde länger, als wir es hätten tun sollen.
    »Cacher ist unterwegs«, sagte Emily. »Er kommt vorbei, um diese Wirtschaftsbücher abzuholen. Valentine will neuerdings monatliche Berichte.«
    »Er wird früher oder später hier sein«, meinte ich.
    »Früher.«
    Ich ergriff das Mechagen und hielt es hoch, versperrte mir damit den Blick auf ihr Gesicht. »Klar«, sagte ich. »Schon bald.«
    Sie blätterte Dokumente durch, holte das Wirtschaftsbuch wieder hervor und begann, es erneut zu überprüfen. Ich verharrte einen Moment, betrachtete sie zwischen den Komponenten des Mechagens hindurch.
    »Hör mal, wenn du willst, kann ich das hierbehalten.

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