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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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erschoss? Und was zum Henker sollte es bedeuten, dass er mir eine Pistole in einer Kassette schickte?
    Ich trat ans Fenster, kurbelte es auf und spähte hinaus in den Sturm. Vom Himmel drang gewaltiger Lärm, der wie das Gebrüll eines Dämons in das Zimmer toste. Ich schleuderte die Kassette und ihre Verpackung zum Fenster hinaus den Abhang hinunter. Dann schloss ich das Fenster, sperrte die Tür auf und ging hinaus. Ich brauchte ein Handtuch, etwas zu trinken und hatte einen Handel abzuschließen. Und wenn ich schon dabei war, wollte ich mich mit dem zwielichtigen Blauäugigen unterhalten. Vielleicht würde sich die Pistole noch als praktisch erweisen.
    Ich saß an der Bar, dachte über die Waffe und darüber nach, was sie bedeuten mochte. Gab es noch einen Überlebenden vom Schiff? Vielleicht ein Besatzungsmitglied, das gesehen hatte, wie ich Marcus erschoss? Falls ja, wieso sollte es denjenigen kümmern? Erstens war Marcus verantwortlich für den Absturz gewesen, zweitens wäre er ohnehin an seiner Bauchverletzung gestorben … Es ergab keinen Sinn. Und falls es andere Überlebende gegeben hatte, wo waren sie zur Genesung gewesen, und wieso offenbarten sie sich ausgerechnet jetzt und auf diese Weise? Und wie waren sie an die Waffe gelangt? Ich hatte sie beim Absturz verloren und vermutet, sie wäre mit der Pracht auf den Grund des Reines gesunken. Es fiel mir schwer zu glauben, dass dieser Bursche seinen Sprung überlebt hatte. Zum einen war es sehr tief nach unten gegangen, zum anderen war der Reine ein kalter, dunkler Fluss.
    Aber wenn es kein Überlebender war, wer dann? Ich war tagelang besinnungslos gewesen, nachdem man mich aus dem Reine gefischt hatte. Abgesehen von einigen flüchtigen Eindrücken von weißen Wänden und Maschinen erinnerte ich mich nicht an diese Zeit. Womöglich hatte ich geredet. Ich hätte alles Mögliche sagen können, während das Fieber in meinem Blut durch mich hindurchbrannte, mich reparierte, mich verzehrte und neu erschuf.
    Natürlich gab es auch noch die Leute, die im Fluss lebten. Leute war vielleicht nicht das richtige Wort. Wir nannten sie die Fehn. Manche der Menschen, die unter der schwarzen Oberfläche des Reines verschwanden, kehrten später zurück, atmeten Wasser und gurgelten Würmer, sprachen, als wären sie tausend Jahre weg gewesen und hätten die Gründung der Stadt miterlebt. Ich hatte dort unten einen Bekannten, einen Erschaffer der Kirche. Ein alter Freund der Familie. Vielleicht sollte ich mich an ihn wenden.
    Wer hätte einen Anlass und die Möglichkeit gehabt? Mit der Frage musste ich beginnen. Nicht viele Menschen wussten, dass ich hier war. Angela Tomb offensichtlich. Prescott und seine Verbindungsleute. Valentine und Emily.
    Mein erster Gedanke galt Tomb. Das Paket war kurz nach unserem Gespräch aufgetaucht. Sie hätte es dem Butler zustecken können, damit er es mir übergab. Sollte sie vorhaben, mir Beweise unterzuschieben oder mich eines Verbrechens zu beschuldigen, würde das erklären, weshalb sie plötzlich darauf bestand, dass ich bleiben sollte. Sie hätte es für den Fall arrangieren können, dass bei unserem Treffen etwas schiefgegangen wäre. Aber was wusste sie schon über die Vorfälle auf der Pracht des Tages ?
    Valentine? Diese Mission stammte ursprünglich von ihm, folglich wusste natürlich auch er, dass ich mich hier aufhielt. Und er stand auf rätselhafte Botschaften. Der Mann verkörperte selbst ein Rätsel und setzte seine Leute gern schwierigen Situationen aus, um sie auf die Probe zu stellen. Das sorgte für eine straffe Organisation. Doch wiederum konnte ich dahinter weder einen Zweck noch eine Verbindung zur Pracht erkennen. Es führte nirgendwohin.
    Es ergab alles keinen Sinn. Sofern es sich um eine Drohung handelte, sei es von einem untergetauchten Überlebenden, von Tomb oder – die Götter bewahren – von Valentine, war sie für mich zu undeutlich. Und falls es ein Hinweis sein sollte, war mir nicht einmal bewusst, dass es ein Rätsel zu lösen galt. Zu vieles an meinem Auftrag für diese Nacht passte nicht zusammen, und je mehr ich herausfand, desto schlimmer wurde es.
    Wenn ich während meiner Genesung über Marcus geredet hatte, konnte jeder davon wissen. Vielleicht nicht alle Einzelheiten, aber genug, um sicher zu sein, dass mich der Erhalt eines Dienstrevolvers von dem toten Luftschiff aus der Fassung bringen würde. Aus welchem Blickwinkel ich es auch betrachtete, es lief immer wieder auf den letzten Flug der Pracht

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