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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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Waffengürtel geschlungen, in dem noch die gesicherte Pistole steckte. Vorsichtig drehte ich ihn herum. Seine Rippen grinsten mir entgegen. Ich ließ ihn zurück aufs Bett sinken. Blut bedeckte den gesamten Boden, verwaschen vom Regen, der durch das zuvor offene Fenster hereingeprasselt war. Verschwommene Fußabdrücke umkreisten das Bett, aber der Wind und der Regen hatten sie beträchtlich entstellt. Ich hatte die ganze Sauerei auf den Füßen.
    Mittlerweile war ich ernsthaft beunruhigt. Ich wollte nicht mehr mit Harold reden, wollte meinen unheimlichen Freund nicht mehr finden. Ich wollte nur noch schleunigst weg aus diesem verfluchten Haus und den Berg hinunter nach Veridon. Niemand hatte etwas gehört? Es musste schnell gegangen sein. Zwar beherbergten die Zimmer rings um uns etliche Betrunkene, aber trotzdem. Ich wischte mir sorgfältig die Füße an Prescotts Bettlaken ab, schaltete das Licht aus und schlich hinaus auf den Gang. Zurück in mein Zimmer, um meinen Mantel und das Zeug zu holen, das Prescott mir für Valentine gegeben hatte. Ich würde in die Stadt zurückkehren, selbst wenn ich zu Fuß gehen musste.
    Ich schaffte es fast bis zu meinem Zimmer, bevor ich den Wachen über den Weg lief. Rasch huschte ich hinter die Vorhänge einer Fensterlaibung, die gerade tief genug war, um mich zu verbergen, wenn ich die Luft anhielt und dünne Gedanken dachte. Sie pirschten sich an mein Zimmer an. Es waren zehn, vielleicht auch mehr, mit Gewehren und Knüppeln. Hausgardisten der Tombs.
    Sie umstellten die Tür meines Zimmers und überprüften die Magazine ihrer Waffen, dann nickten sie einander zu. Einer von ihnen, ein Unteroffizier, trat vor und hämmerte an meine Tür.
    »Mr Burn! Im Namen des Rats von Veridon, vertreten durch Lady Tomb, sind wir mit einem Haftbefehl für Sie hier. Bitte öffnen Sie die Tür!«
    Er wartete einen halben Atemzug lang, dann stemmte er die Schulter gegen die Tür. Ich hatte nicht abgeschlossen, als ich ging, und die Tür flog auf. Von meinem Versteck aus konnte ich deutlich mein verwaistes Zimmer sehen. Die Gardisten drängten sich um den Eingang, stocherten mit ihren Gewehren ins Bett und unter die Laken, redeten laut miteinander. Ich wandte mich zum Gehen, als mir etwas ins Auge stach.
    An meinem Fenster ertönte plötzlich ein hartes Klappern, wie Hagel oder Zähne, die gegen ein Wasserglas klirren. Ich beobachtete, wie die Scheibe zerbarst. Der Sturm verschwand, wurde verdrängt von einem Gewirr aus Dunkelheit und Metall. Ein Mann stand dort, oder beinah ein Mann. Seine zerrissenen Kleider trieften, die Haut darunter wirkte wie die eines Toten, bleich wie Elfenbein und durchzogen von schwarzen Venen. Eine Hand ruhte auf dem Fenstersims, wurde von Glasscherben zerschnitten, ein Fuß befand sich bereits im Raum. Hinter ihm kräuselten und verlagerten sich dünne, geölte Metallplatten, glänzende Schuppen, die dem böigen Wind trotzten. Flügel. Er hatte Flügel aus gewundenem Metall.
    Der Unbekannte betrat den Raum, zog die Schwingen ein, damit sie durch das Fenster passten. Nasses Haar hing ihm in Strähnen ins Gesicht. Die Kieferpartie glich einer Gewitterfront, die Lippen und die Haut waren porzellanglatt. Und die Augen … so hellblau, dass sie wie Wolkenschlieren am Himmel wirkten.
    Die Gardisten gerieten in Panik. Mit erhobenen Gewehren wichen sie schreiend zurück. Er schenkte ihnen keine Beachtung. Stattdessen starrte er durch die Tür in den Flur. Direkt auf mich.
    »Du bist Jacob Burn«, sagte er. Seine Stimme war künstlich, wurde von winzigen Kolben und Ventilen verursacht, die Luft zischend und flüsternd durch lange Orgelpfeifen pressten. Ich hob die Pistole an und feuerte über die Köpfe der Wachen hinweg. Der Knall war gewaltig, und beißender Rauch erfüllte den Flur. Dieser Schuss schlug in seine Brust ein, der zweite traf ihn knapp unter dem Hals. Er zuckte zusammen und krümmte sich vorwärts, als wäre er geschlagen worden. Als er sich wieder aufrichtete, präsentierten sich seine Züge völlig ruhig. Er hob eine Hand und schnippte damit. Haut und Knochen falteten sich zurück wie bei einem tödlichen Origami, wurden durch glattes, scharfes Metall ersetzt. Sein Arm verwandelte sich in ein Messer. An dem bereits Blut prangte.
    Die Wachen schauten zu mir. Einige setzten dazu an, die Verhaftung vorzunehmen, von der sie zuvor geredet hatten. Der Rest ließ den Blick auf den Engel gerichtet. Diejenigen in meiner Nähe drängten sich um mich, wollten mich

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