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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Fischerboot, in dem ein junger Skimmerbursche mit bloßem Oberkörper saß. Er hielt das Boot mit den Rudern auf der Stelle, während er Barrick wachsam, aber interessiert musterte. Doch als er an Barrick vorbeiblickte und Saqri sah, erhob sich der junge Skimmer, fast ohne das flachkielige Boot ins Schaukeln zu bringen, und verbeugte sich linkisch vor ihr.
    »Stimmt also, was sie gesagt haben.« Es klang belustigt, aber sein Gesicht verriet weit tiefere Gefühle. »Ihr seid's wirklich.«
    »Es freut mich, dass du mich erkennst, Rafe von den Rumpf-schrammt-Sand«, sagte sie.
    Seine schwerlidrigen Augen wurden weit. »Ihr kennt mich?«
    »Ich erkenne alle von uns, auch die, die in der Verstreutheit aufgewachsen sind ... aber ich glaube, du hattest bereits mit all diesen Geschehnissen zu tun, habe ich recht?«
    Er zuckte die Achseln. »Schon. Nichts, was die Fischsuppe fett macht, wenn Ihr versteht, was ich meine, Herrin. Aber Kleinzeug ...« Plötzlich hellte sich seine Miene auf »Kommt Ihr mit Eurer gesamten Sippe? Ist es das, worum's geht?«
    Saqri nickte. »Und mit Prinz Barrick.«
    Jetzt erst schien der Skimmer Barrick wirklich wahrzunehmen. »Und Ihr seid dann der echte Prinz von Südmark? Der Sohn von Olin dem Guten?«
    In Barrick herrschte zunächst ein solches Gedankengewirr, was er war und was nicht, dass er nichts herausbrachte. »Ja, der bin ich«, sagte er schließlich.
    »Hierhergebracht von der heiligen Hand Egye-Vars selbst«, sagte Saqri.
    Die Feuerblumenstimmen flüsterten,
Erivor ...
    »Na, das wischt Enas Vater gleich doppelt eins aus?«, sagte Rafe in plötzlichem Überschwang und schlug mit dem Ruder aufs Wasser, wobei er jedoch aufpasste, dass er nicht Saqri anspritzte. »Die Königin des Alten Volks und der Prinz von dieser Burg, beide in meinem Boot? Der alte Turley wird sauer wie eingelegter Hai, wenn er's erfährt ...« Der junge Skimmer hielt jäh inne und wurde rot, nur dass es kein Rot war, sondern ein marmoriertes Grünlichbraun, das ihm bis über die kleinen Ohren stieg. »Verzeihung, Herrin. Ihr wollt mich bestimmt nicht hier rumquaken hören, und es gibt ja auch zu tun. Bitte, Majestät, ich helf Euch runter.«
    Er stand auf und streckte Saqri hilfsbereit die Hand hin, starrte einen Moment darauf und besann sich dann offenbar eines Besseren. Er zog die Hand wieder zurück, hockte sich hin, tauchte die Finger ins Wasser der Brennsbucht und wischte sie dann rasch an seiner Hose ab, ehe er die Hand wieder ausstreckte. Saqri ließ sich von dem Skimmer auf die Leiter helfen, die, wie Barrick jetzt erst merkte, so unterhalb der Uferkante angebracht war, dass man sie von ihrem Standort aus nicht sehen konnte. Die mühelose Anmut, mit der Saqri auf das schaukelnde Boot hinüberstieg, weckte in Barrick den Verdacht, dass die Zwielichtlerkönigin gar keine Hilfe gebraucht hätte.
    Aber warum haben wir es so eilig?,
fragte er sich.
Sie haben doch gesagt, wir brechen auf, wenn es dunkel ist, und bis Sonnenuntergang ist es doch bestimmt noch mindestens eine Stunde ...
Die Feuerblumenstimmen gaben ihm keine Antwort.
    Er ließ sich von Rafes lederhäutiger Hand zur Leiter helfen, drehte sich dann um und stieg hinab, wobei er wieder einmal dankbar dafür war, dass die Träumenden wie auch immer seinen verkrüppelten Arm geheilt hatten.
    Der junge Skimmer stieß jetzt das Boot vom Ufer ab, doch statt aufs offene Wasser hinaus und in Richtung Burg zu rudern, folgte Rafe zu Barricks Erstaunen dem Ufer zu dem Teil der Insel, der der Burg genau gegenüberlag, einer Stelle, die die Eddons immer sich selbst überlassen hatten, weil hier ein dichtes Gewirr von Bäumen und Dornsträuchern bis ans Wasser hinabreichte. Barrick hatte sie noch nie von dieser Seite gesehen und erst recht nichts von dem geahnt, was jetzt erkennbar wurde: Sie glitten auf eine Höhle zu, die bei Flut vermutlich aussah wie ein ganz normaler Felsüberhang und auch jetzt kaum höher war als die Rumpfwände des Fischerboots.
    »Kopf runter«, sagte Rafe. »Nichts für ungut, aber auch Elbenköniginnen und Festländlerprinzen können sich den Schädel anhauen.«
    Barrick duckte sich, bis er das Gesicht regelrecht auf seine Knie presste. Als sie unter dem Überhang hindurch waren, hob er den Kopf vorsichtig wieder und stellte fest, dass die Höhle selbst verblüffend groß war. Wer hätte gedacht, dass sich unter dem Dorngesträuch am Südostende der Insel so etwas verbarg?
    Selbst bei Ebbe stand die Höhle zum größten Teil unter Wasser,

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