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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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uns liegt nichts als der Tod.« Ihre langen, blassen Finger griffen an den glutroten Stein auf ihrer Brust. »Das erkläre ich als die Bewahrerin des Kriegssiegels.« Sie sagte es nicht zornig, sondern erschreckend ruhig und bestimmt. »Wer nicht auf mich hört, wird bald genug merken, dass ich die Wahrheit sage.«
    Und damit drehte sich Yasammez um und ging aus dem Zelt. Zurück blieben offene Münder und Stille.

19

Mummenschanz
    »Der Norden war damals fast menschenleer; das lag an der großen Kälte, die eingesetzt hatte, nachdem im Götterkrieg Zmeos, der eifersüchtige Gott des Sonnenfeuers, von seinen drei Brüdern Perin, Erivor und Kernios besiegt worden war ...«
    Der Waisenknabe, sein Leben und Sterben und himmlischer Lohn — ein Buch für Kinder
    Ferras Vansen konnte kaum stillsitzen. »Wo sind sie? Wo bleiben die Qar? Ich dachte, wir hätten eine Abmachung?« Die fürchterliche Yasammez war natürlich undurchschaubar, aber ihre Ratgeberin Aesi'uah hatte Vansen so gut wie versprochen, dass die Qar Seite an Seite mit ihm und den Funderlingen kämpfen würden — was blieb den Zwielichtlern denn auch anderes übrig?
    »Ich habe nichts dagegen, noch ein bisschen auf sie zu warten«, sagte Zinnober. »Das gibt mir Zeit, meine Rüstung anzulegen. Wo ist mein Sohn Kalomel? Er sollte mir doch dabei helfen.« Der Funderlingsratsherr schüttelte wehmütig den Kopf »Ich habe seit meinen Jünglingsjahren bei den Zunftwächtern keine Rüstung mehr getragen. Selbst wenn sie mir noch passt, fürchte ich, weiß ich nicht mehr, welcher Riemen in welche Schnalle gehört ... Kalomel? Wo bist du, Junge?« Als der junge Funderlingsbursche erschien, sagte sein Vater: »Geh, hol mir alles. Es ist Zeit.« Kalomel trottete davon.
    Die Wachen brachten den Qar-Boten zu Vansen und den übrigen Kommandeuren.
    »Spelter?«, sagte Malachit Kupfer. »Sie haben Euch geschickt?«
    Vansen sah überrascht auf, als der Drag den improvisierten Befehlsstand betrat. Er mochte Spelter, aber warum sollten die Qar einen gewöhnlichen Kundschafter zu ihrem Abgesandten erkoren haben, wenn doch so viele andere wie etwa Aesi'uah die Sprache der Sterblichen nicht minder gut sprachen?
    Der bärtige Drag verneigte sich mit einer kurzen, zackigen Kopfbewegung. Sein unergründliches Fuchsgesicht schien ausdrucksloser denn je. »Ratsherren, Hauptmann — ich überbringe Euch Grüße von Fürstin Yasammez.«
    »Ich danke für die Grüße«, sagte Vansen, »aber was ich brauche, ist die Information, was sie zu tun gedenkt. Sie hat mir doch zu verstehen gegeben, dass der Autarch auch ihr Feind ist. Er rückt immer weiter vor, und wir lassen uns zurückfallen, um die Mysterien zu schützen.«
    »Ja, das wissen wir«, sagte Spelter mit einem kurzen Nicken.
    »Und? Kommt sie? Wird uns Eure Herrin zur Seite stehen, wie sie es praktisch versprochen hat?«
    Einen Augenblick lang sah Vansen Unbehagen in Spelters dunklen Augen, ja vielleicht war da sogar ein gequältes Zucken unter dem Bart des Drags. Vansen gefror das Herz.
    »Nein, Hauptmann«, sagte Spelter. »Wird sie nicht.«
    »Was?« Zinnober stolperte vorwärts, seine Beinschienen über den Boden schleifend. »Sie kommt nicht? Aber wir haben Eurer Herrin Zuflucht in unseren unterirdischen Gängen gewährt — euch
allen
haben wir Zuflucht gewährt, als der Autarch anrückte! Und so vergilt sie es uns? Indem sie uns im Kampf allein lässt?«
    »Tut mir leid, Magister.« Spelter wandte sich an Vansen und nickte wieder zackig. »Hauptmann.« Er hielt den Rücken durchgedrückt und blickte starr geradeaus, obwohl da nichts war, was er hätte anstarren können; ein Soldat war eben ein Soldat, offenbar auch bei den Qar. »Ich bedaure, diese Nachricht überbringen zu müssen. Ihr seid tapfere Verbündete. Mehr kann ich nicht sagen. Viel Glück.«
    Vansen sah dem Drag nach, als der sich durch das Chaos des halb abgebrochenen Lagers entfernte. Ein paar Funderlinge starrten ihm furchtsam nach. Noch vor einem Jahr waren Drags und Qar nichts weiter gewesen als Gruselgeschichten für Kinder. Jetzt waren sie real.
    Real, aber feige,
dachte Vansen, plötzlich erbost. Er hätte wissen müssen, dass Fürstin Stachelschwein zu stolz und zu stur war, um ihren Hass auf Sterbliche zu überwinden — er hätte es wissen müssen! Jetzt hatte er seine Mitstreiter verraten, indem er ihnen Hilfe versprochen hatte, die nicht kommen würde ...
    »Beim Gemächt der Brüder!«, stieß er voller Wut und Scham hervor. »Zinnober, ich habe

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