Das Herz
mitkommt.«
Der syanesische Adelige war verdutzt und verärgert. »Was soll das heißen, Prinzessin? Mein Prinz hat mir befohlen, Euch zu begleiten.«
»Dieses eine Mal missachtet Eneas' Befehl, um seinetwillen«, sagte sie. »Lasst ihn nicht mit Brone allein — dem Mann ist nicht zu trauen. Vielleicht geht es ja nur um einen kleinen falschen Rat, wen er gehen lassen und wen er festhalten soll, es könnte aber auch etwas anderes sein ... etwas viel Schlimmeres.« Könnte es das tatsächlich?, fragte sie sich. Würde Brone es auf den Versuch ankommen lassen, Eneas inmitten seiner Soldaten niederzustrecken? Briony war sich nicht sicher, aber sie wusste, dass sie bei jemandem, der vorgehabt hatte, das gesamte Geschlecht der Eddon auszulöschen, nichts ausschließen durfte. Dies war für Brone vielleicht die allerletzte Gelegenheit, selbst die Macht zu ergreifen, falls es das war, wonach den Grafen von Landsend dürstete. »Seid so gut und ... bleibt einfach bei Eurem Prinzen, Graf. Passt auf ihn auf. Falls er merkt, dass Ihr nicht bei mir seid, sagt ihm, dass ich es nicht zugelassen habe.«
Lord Helkis runzelte die Stirn. »Na schön.« Er hielt sich nicht lange auf, sondern beeilte sich, Eneas und Brone im Blick zu behalten.
Briony führte Stephanas und die übrigen Soldaten schnell aus dem Palast. Sie hatte eine Idee, wohin Tolly gegangen sein konnte: Das Tor nach Funderlingsstadt wurde immer noch von seinen Männern verteidigt, und wenn im Höhlengewirr unterhalb der Festung Platz für Tausende von Zwielichtlern und Xixiern war, würde auch er sich noch dort verstecken können. Und genau das war das Problem — wie sollte sie Tolly in diesen finsteren Tiefen jemals ausfindig machen? Welche Chance hatte sie, ihn zu ergreifen und auch noch ihren Vater zu finden?
Tolly.
Der verfluchte Name war wie schwarze Galle auf ihrer Zunge. Würde er noch im Angesicht seiner Niederlage das Schicksal ihrer Familie besiegeln? Bei aller Wut und allem Hass nagte doch auch der Wurm der Angst an ihr: Es waren lebensgefährliche Zeiten, und bisher hatte sie viel Glück gehabt. Ihr Feind würde nie aufgeben und bis zuletzt zubeißen. Allein schon die Tatsache, dass Tolly noch lebte, warf einen kalten Schatten über sie.
Über dem Qar-Lager am Rand des großen Schlunds lag Stille, nicht nur, weil sich so viele Zwielichtler ohne Worte verständigten, sondern auch, weil ihr Vordringen bis hierher so viele Tote in den eigenen Reihen gefordert hatte. Saqri konferierte mit einigen ihrer Ratgeber, aber es war eine halbherzige Zusammenkunft, mehr ein Vorwand für eine kurze Ruhepause, und Barrick war nicht lange geblieben. Unter den Qar und auch unter den Stimmen der Feuerblume in seinem Inneren schien eine Stimmung innerer Einkehr und schweigender Vorbereitung auf die unausbleibliche Katastrophe zu herrschen.
»Habt Ihr einen Moment Zeit für mich, Barrick Eddon?«
Verblüfft, gesprochene Worte zu hören, blickte er auf. Es war die Obereremitin Aesi'uah.
»Ihr braucht nicht in Worten mit mir zu reden«,
teilte er ihr mit.
»Ich weiß«, sagte sie leise. »Aber manchmal ist es gut, andere nicht daran zu erinnern, was Ihr könnt und was nicht, Prinz Barrick. Dann vergessen sie es leichter und verraten sich, wenn sie Euch Böses wollen.«
Er lächelte. »Ihr seid clever, Aesi'uah.«
»Sonst wäre ich nicht Fürstin Yasammez' oberste Ratgeberin«, sagte sie. »Tatsächlich ist sie es, worüber ich mit Euch sprechen möchte — und noch etwas anderes.«
Er schaute sich um. Er hatte die Einsamkeit gesucht, deshalb waren sie weit genug von den anderen entfernt, selbst von den scharfen Ohren der Wandelbaren. »Sprecht.«
Aesi'uah holte Luft und zögerte dann, als wäre sie sich nicht sicher, ob sie weiterreden sollte. Ohne den leblosen, bleigrauen Ton ihrer Haut und das tiefe, fast schon erschreckende Glimmen ihrer blauen Augen wäre sie auch nach menschlichen Maßstäben schön gewesen. »Meine Herrin ist beunruhigt.«
Trotz der düsteren Stimmung in der Höhle, die die wenigen flackernden Feuer nur zu verstärken schienen, hätte er beinahe aufgelacht. »Wie soll ich das verstehen? Wir kämpfen einen hoffnungslosen Kampf gegen eine aberwitzige Übermacht. Der Vater Eurer Herrin, der Gott, ist
tot,
und wir alle werden es vermutlich morgen ebenfalls sein, was das Ende der Feuerblume bedeutet, die sie so lange beschützt hat. Könnte es da für sie irgendeinen Grund geben, fröhlich zu sein?«
Eine andere Frau wäre ob dieser barschen
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