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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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außer mir selbst.«
    »Danke, Graf Brone.«
    Der Graf lächelte, sah aber müde aus. »Wir sollten unsere Prinzessin nicht länger warten lassen. Schließlich wird sie bald unsere Königin sein.« Er ging an Vansen vorbei zum Rückzugszimmer.
    Als Brone sich vor Briony verbeugt hatte — nicht ohne Schwierigkeiten, denn er war noch korpulenter geworden, und sein Hinken hatte sich verstärkt —, befahl sie, eine Bank zu bringen, damit er sich setzen könne.
    »Ehe wir zum Eigentlichen kommen«, sagte sie, »habe ich eine Frage an Euch, Brone. Berkan Hud wird bald gefangen oder tot sein. Der Posten des Konnetabels ist frei. Habt Ihr jemanden zu empfehlen?«
    Brone räusperte sich. »Ich wüsste keinen Besseren als diesen Mann hier, Ferras Vansen.«
    »Euch selbst nennt Ihr nicht, Graf Brone? Ihr hattet den Posten lange inne. Habt Ihr kein Vertrauen in Eure eigenen Fähigkeiten mehr?«
    »Mit Verlaub, Hoheit, spielt keine Spielchen mit mir. Dafür bin ich zu alt, und ich bin auch zu alt, um zu versuchen, noch einmal der zu sein, der ich einst war. Wenn Ihr meinen Rat nicht wollt, hättet Ihr mich nicht fragen sollen.«
    »Nun gut, umkreisen wir uns nicht wie zwei Wirtshausschläger.« Brionys Lächeln war kalt. »Ihr wart der geschätzteste Ratgeber meines Vaters, Brone. Und das wart Ihr auch für mich und meinen Bruder.«
    »Ich hatte das Glück, dem Thron und dem Volk der Markenlande dienen zu dürfen. Das ist wohlbekannt. Viele Leute würden sagen, ich habe es gut gemacht.«
    »Ja, das würden sie — aber darum geht es mir nicht.« Vansen sah jetzt, dass das Gefühl, das sie verborgen hatte, nicht Schwäche oder Angst war, sondern Wut. Ihre Wangen waren rot, ihre Augen schmal; zum ersten Mal erkannte er, wie ähnlich sie ihrem Bruder wirklich war. »Ihr habt uns verraten, Brone, oder es jedenfalls geplant. Ihr habt Pläne geschmiedet, uns alle töten zu lassen — meinen Vater, meine Brüder und mich. Was habt Ihr dazu zu sagen?«
    Brone stritt nichts ab und brach nicht in Unschuldsbeteuerungen aus, was Vansen erst recht das Gefühl gab, dass die Welt aus dem Lot war. Der alte Mann presste nur das Kinn tiefer in den Bart und zog die buschigen Augenbrauen zusammen, bis er aussah wie ein Bär, der aus einer Höhle starrte. »Und wie kommt Ihr darauf, Hoheit? Wer hat Euch so etwas über mich erzählt?«
    »Das geht Euch nichts an. Jemand, dem ich vertraue, hat mir berichtet, dass Ihr eine Liste hattet, eine Liste mit den Namen sämtlicher Mitglieder meiner Familie und der jeweiligen Methode, mit der sie ergriffen, gefangen gesetzt und dann auf Eure Anweisung ermordet werden sollten. Bestreitet Ihr das?«
    Ferras Vansen merkte, dass er den Atem anhielt, und selbst die Wachen, seine besten Männer, schienen erschrocken. Von allen in dem langgestreckten Raum wirkte nur Avin Brone nicht über Gebühr beunruhigt. »Nein«, sagte er. »Das bestreite ich nicht.«
    Briony stieß einen Laut aus, als hätte ihr jemand einen schmerzhaften Schlag versetzt. »Aha«, sagte sie schließlich mit einer Stimme, die sie immer noch kaum unter Kontrolle hatte. »Ihr habt mir einmal gesagt, Avin Brone, ich solle niemandem trauen. Ich danke Euch für diesen wohlmeinenden Rat.«
    »Wollt Ihr denn nicht den Grund wissen?«
    »Nein. Nein, das will ich nicht. Wachen, führt ihn ab. Mit Shaso hat schon ein Schuldloserer im Kerker gesessen — da kann es ihm dieser Schurke hier nachtun.«
    Brone blieb bewegungslos sitzen, als ihn auf Vansens Zeichen vier Wachen im Schwarz-Silber der Eddons umstellten. »Wollt Ihr das wirklich wieder tun, Prinzessin?«, fragte der alte Mann milde.
    »Was?« Briony hatte ihre Gefühle jetzt wieder unter der Maske versteckt: Sie saß da wie eine Statue der Göttlichen Vergeltung.
    »Ihr habt Shaso dan-Heza in den Kerker geworfen, ohne die Wahrheit zu kennen. Später habt Ihr es dann bereut, wie ich Euren Worten entnehme. Wollt Ihr denselben Fehler noch einmal machen?«
    »Fehler?« Briony wäre beinah aufgesprungen. »Ihr habt zugegeben, dass Ihr meine Familie ermorden lassen wolltet, Brone! Was könntet Ihr da noch zu Eurer Entlastung sagen?« Aber sie wiederholte ihren Befehl, ihn abzuführen, nicht, und Vansen, der spürte, dass da noch etwas kam, bedeutete seinen Männern zu warten. »Sprecht«, sagte Briony schließlich. »Es ist spät, und ich bin müde und traurig. Ich habe gerade meinen Vater begraben, und ich will zu Bett gehen.«
    »Ich hatte ihn auch gern, Briony.«
    »Aber Ihr habt geplant, ihn töten

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