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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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nicht zu grausamen Tricks.«
    Das Schiff warf etwas weiter draußen auf der Bucht Anker; ein Boot ruderte zum Dammweg, wo das xixische Falkenboot gerade ablegte, und machte auf der anderen Seite fest. Als handelte es sich um eine einstudierte Parodie der xixischen Delegation, erschien auch im Bug dieses Bootes ein Mann, der dunkle Reisekleidung und einen großen Hut trug und dessen Haut noch dunkler war als die von PinnimonVash.
    »Barmherzige Zoria, ist das wirklich Dawet?«, sagte Briony. Sie stand auf und winkte. »Dan-Faar, seid Ihr das?«
    Der Neuankömmling winkte vom Ende des Dammwegrests herüber, aber Vansen schien es eine verhaltene Geste. Der dunkelhäutige Mann stieg aus, während das Boot noch vertäut wurde, und kam auf den Pavillon zu.
    Briony klatschte in die Hände. »Ich bin ja so froh, dass Ihr kommt!«, rief sie. »Ich hatte schon befürchtet, Euch wäre etwas zugestoßen — und Ihr könntet nie das glückliche Ergebnis unserer gemeinsamen Bemühungen in Syan sehen.«
    Der Mann, den Vansen zuletzt als Gesandten Ludis Drakavas erlebt hatte, kam die Holztreppe zum Pavillon herauf. Er verbeugte sich und küsste Briony die Hand. »Es ist mir eine Freude, Euch wieder auf Eurem Thron zu sehen, Prinzessin.« Er wandte sich zum Prinzen und verbeugte sich auch vor ihm. »Königliche Hoheit.«
    Eneas und Ferras Vansen sahen sich an, gar nicht glücklich über die Ankunft dieses gutaussehenden Mannes und Brionys offensichtliche Zuneigung zu ihm.
    »Aber warum kommt Ihr auf diese Weise, Dan-Faar, unter der Flagge des Waffenmeisters?«, fragte Briony. »Wollt Ihr Euch um den Posten bewerben?« Sie lachte, wirkte aber plötzlich unsicher. »Und warum seid Ihr so schwarz gekleidet? Ist etwas passiert?«
    Dawet kniete immer noch, als wäre er zu erschöpft, um aufzustehen. Er zog ein Pergament aus seinem Mantel und reichte es ihr. »Hier, Prinzessin, das ist für Euch.«
    Als Vansen Briony beim Anblick des Briefs zusammenzucken sah, wollte er hinstürzen und ihn ihr aus der Hand nehmen, aber das ging natürlich nicht. Sie nahm den Brief, erbrach das Siegel und breitete das Pergament auf ihrem Schoß aus. Sie las kurz, streckte dann den Brief Dan-Faar hin und sagte, gegen Tränen anblinzelnd: »Ich kann nicht ... Ich ...« Sie schüttelte den Kopf »Bitte, lest ihn mir vor.«
    »An Prinzessin Briony von ihrer Freundin und Dienerin Idite ela-dan-Mozan, seid gegrüßt.

In der Nacht des Feuers konnten wir den großen Mann Shaso dan-Heza noch aus dem brennenden Haus meines Mannes holen, möge die Große Mutter sie beide auf ihrer Reise führen und beschützen. Shaso hatte schlimme Verletzungen erlitten, als er mit den Brandstiftern kämpfte, um den Frauen, Kindern und anderen Bewohnern die Möglichkeit zu geben, den Flammen zu entkommen, aber er lebte noch lange genug, um nach Euch zu fragen. Als wir ihm sagten, Ihr wärt nicht zu finden, aber auch nicht gefangen genommen worden, schien er zufrieden und starb ohne ein weiteres Wort. Shaso war ein Mann von großer Weisheit und Ehre. Sein Tod ist für Tuan und Südmark ein schmerzlicher Verlust ...«
    Dawet senkte den Brief und sah Briony an. »Ich habe einen großen Mann nach Südmark zurückgebracht, Prinzessin, deshalb führt mein Schiff seine Insignien. Und Trauerkleidung trage ich, weil ich nur seine Asche nach Hause bringe.« Er senkte den Kopf »Prinzessin, ich bin hier, um zu bestätigen, was bislang nur eine traurige Vermutung war. Shaso dan-Heza ist tot.«

    »Seid ihr sicher, dass wir hier sein dürfen?«, fragte Opalia wieder. Nicht einmal Bruder Antimons unerschütterliche Präsenz schien sie zu beruhigen. Der Sommerturm mitten im Herzen der Burg war ein Ort, an dem sich die meisten Funderlinge nie recht wohl fühlen würden, auch wenn ihre Vorfahren ihn mit erbaut hatten.
    »Die Großwüchsigen sind den Dachlingen jetzt etwas schuldig«, sagte Bruder Antimon. »Sie würden ihnen bestimmt nicht verübeln, dass sie einen leerstehenden Turm benutzen.«
    »Sei froh«, erklärte Chert seiner Frau, als sie an einem weiteren verschlossenen Raum vorbeikamen. »Als ich sie besuchen wollte, musste ich aufs Dach klettern.«
    »Du? In deinem Alter? Was hast du dir dabei gedacht?«
    »Felsriss und Firstenbruch, Weib,
so
alt bin ich nun auch wieder nicht.«
    Aber er wusste, sie meinte es nicht so — sie versuchte nur genau wie er, sich in einer Welt zurechtzufinden, die auf dem Kopf stand. Funderlingsstadt war immer noch ein Tollhaus; ganze Stadtteile waren von der

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