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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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allerdings nicht tot, sondern einfach nur verschwunden ist, darf der Nachfolger erst nach Ablauf von fünf Jahren bestimmt werden.« Vash lächelte. Er hatte das selbstbewusste Lächeln eines wesentlich jüngeren Mannes. »Ich denke doch, in fünf Jahren können wir vieles tun, um das zu ändern, was uns an unserem Land am wenigsten gefällt. Zum Beispiel werden wir, wenn Ihr uns zu Schiff von hier abreisen lasst, auch unser Heer von Hierosol abziehen.«
    »Ach, wirklich?«, sagte Eneas. Die Skepsis stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Warum solltet Ihr das tun?«
    Plötzlich mischte sich Prusus ein. Vansen hörte ab und zu ein Wort heraus, aber das meiste klang doch wie Tierlaute.
    »Er sagt: ›Weil Erobern teuer ist und das Eroberte zu halten noch teurer«‹, dolmetschte der alte Mann. »Xis hat sich überdehnt und übernommen. Wir haben genug damit zu tun, uns um unser xandisches Reich zu kümmern. Das ganze Abenteuer auf dem Nordkontinent war Sulepis' Obsession, nur auf das ausgerichtet, was er hier in Südmark wollte.« Vash verbeugte sich. »Aber Prusus sagt, er, der er kaum ein Mensch ist, bildet sich nicht ein, das Zeug zu haben, ein Gott zu sein. Er glaubt jedoch, ein ganz guter Autarch sein zu können, solange die Götter es ihm gewähren.«
    »Versprecht Ihr das?«, sagte Briony, jetzt nicht an Vash, sondern an Prusus gerichtet. »Falls wir Euch und Eure Männer Schiffe nehmen lassen — wobei ihr Xixier für diese Schiffe und ihre gesamte Ausrüstung bezahlen würdet —, dann versprecht Ihr, Eure Armeen aus ganz Eion abzuziehen?«
    Prusus' Kopf wackelte mehrfach, ehe er die Worte herausbrachte. Sie zu verstehen war schwer, aber nicht unmöglich.
    »Jjj ... ich ... ff... schsch ... sbrechsch.«
    »Ihr und Minister Vash könnt in Euer Lager in den Hügeln zurückkehren. Meine Ratgeber, Prinz Eneas und ich müssen uns besprechen.«
    »Ich bin geneigt, ihnen zu trauen, nicht weil ich alles glauben würde, was sie sagen — dieser Vash ist offensichtlich jemand, der sehr viel Erfahrung im Manipulieren der Tatsachen hat —, sondern weil ich keine Alternative sehe.« Im blickgeschützten Inneren des Zeltes hatte sie ihre Kopfbedeckung abgenommen. Auf ihrer Stirn glänzte Schweiß. Vansen merkte, dass er sie anstarrte.
    »Es gefällt mir nicht, Briony«, sagte Prinz Eneas. »Geht nicht darauf ein. Ich halte es für einen Fehler.«
    Der Blick, mit dem sie ihn bedachte, war unwirsch genug, um Vansen so froh zu machen, wie er es seit Stunden nicht mehr gewesen war. »Ich bin Euch dankbar für Euren Rat, Eneas, aber bitte vergesst nicht, dies ist südmärkischer Boden, und obwohl ich Euch nie vergelten können werde, was Ihr für mich und mein Volk getan habt, bin doch hier immer noch ich die Herrscherin, auch wenn ich noch nicht gekrönt bin.«
    Sie hat sich wirklich verändert,
dachte Vansen.
Der allzu leicht entflammbare Zorn ist so gut wie weg. Was bleibt, ist billig und notwendig ... ja, geradezu majestätisch.
    Briony runzelte die Stirn. »Und außerdem, was sollen wir denn tun? Sie alle einsperren? Sie hinrichten?«
    Noch während sie das sagte, kam ein Wachsoldat herein, sichtlich aufgeregt. Er beugte sich zu Vansen und flüsterte ihm etwas zu, und Vansen trat sofort paar Schritte vor.
    »Prinzessin«, sagte er, »meine Männer sagen, da kommt ein Schiff, aber nicht von Südmarkstadt her, sondern von Bokeburg über die Bucht ...«
    »Das ist doch wohl nicht so ungewöhnlich, Hauptmann Vansen? Oder ist es ein Kriegsschiff?«
    »Nein, aber ...« Er wusste nicht, was sagen. »Vielleicht solltet Ihr es Euch selbst ansehen.«
    Es dauerte nicht lange, die Vorhänge wieder beiseitezuschlagen und den Pavillon zum blauen Himmel und der grünen Bucht hin zu öffnen. Das Marrinswalker Schiff war deutlich zu erkennen, eine einmastige Kogge, wie man sie gewöhnlich für den Transport eiliger Passagiere und dringender Nachrichten benutzte, doch was Vansen verblüffte, waren die drei Flaggen, die sie gehisst hatte. Eine zeigte die Wappeneule des Herzogshauses von Marrinswalk, aber da waren noch eine zweite im Schwarz-Silber der Eddons und eine weitere mit einem seltsamen Emblem, das Vansen nicht kannte.
    »Bei den Göttern«, sagte Steffans Nynor, dessen schütteres Haar vom Wein und der Hitze des Tages etwas derangiert war, »sie führen das Schlachtenbanner des Waffenmeisters von Südmark. Aber wir haben keinen Waffenmeister. Nicht mehr seit ...«
    »Sagt es nicht«, fiel ihm Briony ins Wort. »Provoziert die Götter

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