Das Herz
gerettet ...!«
»Zum letzten Mal, Händler, antworte nur auf das, was du gefragt wirst.« Eneas schüttelte den Kopf »Ich bin kein dummer Junge, der sich durch Schmeicheleien erweichen lässt. Selbst wenn ihr eure Waren auf dem Landweg befördern wolltet, warum seid ihr nicht einfach durch Gronefeld oder Silverhalden nach Marrinswalk gezogen? Das hier ist eine lange, entlegene Reiseroute — noch dazu durch höchst gefährliche Lande. Warum dingt ihr Söldner, euch in einer so tückischen, einsamen Gegend zu schützen, wenn es doch genügend ... zivilisiertere Orte gibt, wo man euch eure Ware mit Freuden abgenommen hätte?« Er hob die Hand, weil der Kaufmann bereits ansetzte, Rechtfertigungen zu stammeln. »Weil ihr einen speziellen Abnehmer habt, nicht wahr? Und weil euch dieser in Südmark erwartet.«
»In Südmark? Wer ist dieser Abnehmer?«, fragte Briony. »Hendon Tolly?«
»Ein Blick ins Frachtverzeichnis des Handelszugs wird es Euch sagen«, erklärte der Prinz. »Miron?«
Der Offizier schlug ein schweres Buch auf und las vor: »Gezuckerter Wein, Dauerbrot, Eisenringfässer ...«
»Das ist Militärproviant«, sagte Briony.
»Oh, wir haben es noch genauer.« Eneas' Gesicht sah aus wie ein finsterer Unwetterhimmel. »Hier. Mehrere Tonnen Brotgetreide, Häute, Roheisen — alles sinnvolle Versorgungsgüter für eine Armee, die sich nicht sicher ist, ob sie ihren gesamten Bedarf durch Plündern und Fouragieren decken kann. Aber hier steht: fünfhundert Fass Marashi-Schoten. Habt Ihr das Zeug je probiert? Widerlich und höllisch scharf, taugt nur für Tiere — und Leute vom Südkontinent. Ja, xixische Soldaten leben praktisch von diesen Schoten und von getrockneten Kichererbsen. Und wer hätte das gedacht? Auch davon finden sich hier tausend Sack? So ein Zufall. Diese Handelskarawane, die laut Frachtverzeichnis vor über drei Monaten von Hierosol aufgebrochen ist ... befördert Güter, die für eine xixische Armee bestimmt scheinen.« Er fuhr den tief geduckten Dard an: »Aber der Autarch von Xis belagert doch Hierosol, oder nicht? Warum hätte er Versorgungsgüter so weit in den Norden schicken sollen? Es sei denn, er hätte vorgehabt, hierher zu kommen ...?«
»Bitte, Hoheit, wir wussten nicht ...!«, schrie der Kaufmann. »Wir haben nur einen Auftrag erfüllt?«
»Du lügst.« Eneas trat nach ihm, und der Mann wich an das Palisadentor zurück. »Bringt ihn weg. Ich werde später befinden, was mit dem ganzen Gesindel passieren soll.«
Helkis und die anderen Soldaten stießen den protestierenden Dard wieder in den Palisadenpferch.
»Aber die Qar ...?«, sagte Briony.
»Ich bin mir nicht sicher, aber wenn sie dafür gekämpft haben, dass diese Güter den Autarchen nicht erreichen, sind sie zumindest Zufallsverbündete. Wer weiß? Aber ich bin wütend auf mich selbst, Prinzessin Briony, sehr wütend. Weil ich Regel Nummer eins des Kriegswesens gebrochen habe — stets zu wissen, gegen wen man kämpft und warum —, haben wir einem Feind geholfen.«
»Nicht ganz«, sagte Briony. »Was auch immer ansonsten passiert sein mag, jetzt haben wir die Versorgungsgüter und der Autarch nicht.«
Die Stirn des Prinzen glättete sich ein wenig, dann lächelte er sogar. »Das stimmt, Prinzessin. Und falls der Autarch jetzt Euren Familiensitz belagert, können wir diesem südländischen Hurensohn vielleicht bald noch Schlimmeres zufügen ... verzeiht meine Ausdrucksweise.«
Es war seltsam, wieder durch die Markenlande zu reisen. Die einst blühenden Marktflecken lagen größtenteils verlassen da, und was einmal fruchtbare Felder gewesen waren, überwucherte jetzt ein unbekanntes Kriechgewächs mit nickenden, schwarzen Blüten und blutergussfarbenen Blättern. Sie sahen weit weniger Menschen, als Briony erwartet hatte, aber das lag wohl daran, befand sie, dass sie mit einer großen Anzahl Soldaten unterwegs waren. Wenn auch zwischen Syan und Südmark seit vielen Jahren Frieden herrschte, würden sich die Leute, die noch an ihren Häusern und ihrer Existenz festhielten, keinerlei bewaffneten Scharen zeigen, wessen Wappenzeichen diese auch immer tragen mochten.
Selbst die Tiere waren anders, fiel ihr auf. Vieh und Geflügel waren längst verschwunden oder sorgsam versteckt, aber das Wild, die Eichhörnchen und Vögel schienen die Scheu vor Menschen verloren zu haben. Leichter zu erlegen machte sie das seltsamerweise nicht, sodass die syanesischen Truppen hauptsächlich vom mitgeführten Proviant zehren mussten.
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