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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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bewegte, als ob alle seine Knochen gebrochen wären und seine Eingeweide in Flammen stünden, blieb er kein einziges Mal stehen. Sooft sie sich umdrehte oder einen Augenblick verschnaufte, war er immer noch hinter ihr.
    Warum habe ich ihn nicht getötet, als ich die Möglichkeit hatte? Warum war ich so dumm, ihn am Leben zu lassen?
    Weil du nicht wissen konntest, was passieren würde, sagte sie sich, während sie sich schwerfällig durch den brenländischen Wald kämpfte, hungrig und erschöpft. Sie konnte nicht einmal stehen bleiben, um nach ihren schmerzenden, blutenden Füßen zu sehen. Weil du nicht weißt, wie man jemanden tötet, schon gar nicht einen Soldaten wie Vo. Ein Monster wie Vo.
    Und das war der wahre Grund: Er machte ihr schreckliche Angst. Um ihm auf dem Fischerboot das Zeug aus seinem schwarzen Fläschchen einzuflößen, hatte sie ihren ganzen Mut zusammennehmen müssen, aber der Versuch, ihn zu vergiften, war fehlgeschlagen. Welche Hoffnung blieb ihr jetzt noch?
    Trotzdem, auch wenn sie ihn nicht getötet hatte — irgendetwas stimmte nicht mit ihm: Er sah aus wie eine wilde Kreatur, und wenn er so nah herankam, dass sie ihn hören konnte, stöhnte er und brabbelte vor sich hin.
    Vielleicht, dachte sie plötzlich, war die große Menge aus dem Fläschchen ja doch furchtbar schädlich. Oder er ist jetzt in diesem Zustand, weil er die Medizin nicht mehr hat.
    Aber wenn er sie einfing, würde das alles keine Rolle spielen, und selbst wenn nicht, würde sie verhungern, es sei denn, sie konnte ihn weit genug abschütteln, um sich etwas zu essen zu suchen.
    Der Hunger wühlte in Qinnitans Magen. Sie war so müde, dass sie die Beine kaum noch bewegen konnte. Das Gelände war steiler geworden, aber ihre sämtlichen Instinkte trieben sie aus dem dicht bewaldeten Tal weg und den Berg hinauf, obwohl sie, wenn sie ins Freie kam, für ihren Verfolger sichtbar wäre. Als sie auf halber Höhe war, hörte sie ihn hinter sich durchs Dickicht brechen. Sie rannte weiter, erreichte die höhere Hangregion, wo nur vereinzelte Bäume standen und der Grasboden mit lilagrauem Gesträuch bewachsen war. Sie wagte einen kurzen Blick zurück. Vo sah sie und bleckte die Zähne in der Maske aus getrocknetem Blut, die sein Gesicht bedeckte. Es hätte auch eine Grimasse der Erschöpfung sein können, aber für Qinnitan war es das wütende Knurren einer Bestie, die nicht aufgeben würde, ehe sie oder ihre Beute tot war, und es erfüllte sie mit schrecklicher Furcht.
    Im Weiterklettern stieß sie mehrere lockere Steine den Hang hinab, doch selbst in seinem fürchterlichen Zustand war Vo zu beweglich, um sich davon überrumpeln zu lassen; er wartete jedes Mal, bis ihn der Stein beinah erreicht hatte, und wich ihm dann aus.
    Auf der Kuppe angelangt, sah Qinnitan zu ihrem Erstaunen, dass sich auf der anderen Seite, etliche hundert Fuß unter ihr, eine Straße den Fuß des Hügels entlangschlängelte. Vielleicht hieß das ja, dass irgendwo in der Nähe eine Ortschaft war! Sie stolperte den Hang hinab, so schnell sie konnte, und als sie die ebene Straße erreichte, rannte sie los. Sie schaffte zwar nur ein Tempo, über das sie sich in ihren Kindertagen auf der Katzenaugenstraße lustig gemacht hätte, wusste aber immerhin, dass jeder Schritt sie weiter von dem humpelnden Monster Daikonas Vo entfernte.
    Abwechselnd rennend und gehend folgte sie der Straße wohl mindestens eine Stunde lang und betete vor jeder Biegung, dass dahinter eine Stadt oder wenigstens ein Dorf auftauchen möge. Aber sie sah so gut wie kein Zeichen menschlicher Besiedlung. Zwar wiesen etliche Bäume alte Axtspuren auf, und einmal entdeckte sie eine zusammengebrochene Hütte, die einem Köhler gehört haben mochte, aber die Ruine war verlassen und nützte ihr nichts.
    Die Sonne war schon kurz vor dem Untergehen, und Qinnitan fiel vor Erschöpfung fast über ihre eigenen Beine, als sie plötzlich ein Stück vor sich einen Reiter sah. Zuerst hielt sie es für ein Gaukelspiel der immer länger werdenden Schatten, doch als sie etwas aufholte, erkannte sie, dass es tatsächlich ein Mann auf einem kleinen Pferd war. Noch einmal hundert Schritt, und sie stellte fest, dass das Reittier gar kein Pferd war, sondern ein Maulesel, und der Mann den rasierten Schädel irgendeiner Sorte eionischer Priester hatte.
    »Hilfe?«, rief sie, eins der wenigen nordländischen Worte, die sie behalten hatte. »Hilfe! Bitte!«
    Der Mann drehte sich überrascht um, zügelte dann seinen Maulesel

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