Das Hexen-Amulett (German Edition)
einundzwanzig: ‹Vor mir soll kein Ansehen der Person gelten und ich will keinem Menschen schmeicheln.› Am Tag des Jüngsten Gerichts, Margaret Lazender, wird Euch kein Titel schmücken. Daran solltet Ihr Euch schon jetzt gewöhnen.» Und mit flüchtigem Blick auf Campion sagte er: «Hallo, Schwester.»
Lady Margaret hatte immer noch ihren Arm schützend um Campions Schultern gelegt. «Dieses Mädchen steht unter meiner Obhut.»
Ebenezer lachte hämisch. «Ihr habt keine Obhut zu bieten, Frau. Dieses Haus ist ab sofort Eigentum des Parlaments, des englischen Volkes.» Er hatte seine Stimme erhoben, und seine Worte hallten durch den Raum. «Ihr dürft zwar bleiben, Frau, bis die Übergabe Eures Besitzes rechtlich abgeschlossen ist, könnt in diesem Haus aber keine Obhut mehr gewähren. Und auch kein anderes Privileg.»
Lady Margaret war überascht von dem forschen Auftreten des jungen Mannes, ließ sich von ihm jedoch nicht einschüchtern.
«Der Earl of Fleet, junger Mann, wird Eurer Frechheit Einhalt gebieten.»
Ebenezer war wenige Schritte vor den Frauen stehen geblieben. «Der Earl of Fleet, Margaret Lazender, wird eine Stimme in der Wüste sein. Die Zeit der Hochwohlgeborenen ist vorbei. Es wird keine Lords mehr geben, keinen Adel, auch keinen König.» Er drehte sich um und rief: «Bruder Scammell? Kommt!»
«Wo ist mein Mann?», fragte Lady Margaret. «Ich verlange, dass er hierhergebracht wird.»
«Ihr habt nichts zu verlangen», zischte Ebenezer und zeigte mit dem Finger auf sein Gegenüber. «Nichts.»
«Ebenezer», sagte Campion mit flehender Stimme und trat einen Schritt vor. «Ebenezer …»
«Schweig!» Er verzog das Gesicht, und seine Stimme war voller Hass. «Nichtswürdige, die du mit Gaben ausgestattet bist, von denen andere nur träumen können. Dein Vermögen übersteigt die Segnungen des Himmels. Und was tust du? Kommst hierher, in diese Räuberhöhle, dieses Papistenhaus, zum Feind. Erwarte von mir keine Milde.»
Samuel Scammell tapste zaghaft herbei. Zwischen dem feinen Mobiliar wirkte seine plumpe Gestalt geradezu grobschlächtig. Er war nervös und schien unentschlossen, ob er nun lächeln oder einen finsteren Blick aufsetzen sollte. Er trug seine Sturmhaube unter dem linken Arm und eckte mit der Scheide des Schwerts an einem Stuhl an.
Ebenezer schmunzelte. «Eure Braut harrt Eurer, Bruder.»
Lady Margaret zog Campion zur Seite und öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch in diesem Moment flog die Tür auf, und Mr Perilly, kreidebleich im Gesicht, rief in den Raum: «Lady Margaret!»
«Haltet ihn!», brüllte Ebenezer.
«Mylady!» Mr Perilly konnte einem der Soldaten ausweichen, musste sich aber einem anderen ergeben. Scammell war stehen geblieben und schien durch die Unterbrechung noch mehr durcheinandergebracht zu sein.
Lady Margaret krauste die Stirn. «Mr Perilly? Was ist?»
Ebenezer hinderte den Priester an einer Antwort. «Wer seid Ihr?»
Mr Perilly schien den jungen Mann in Schwarz erst jetzt zu bemerken. Er schüttelte die Hand des Soldaten von sich ab und ordnete seinen beschmutzten Mantel. «Mein Name, Sir, ist Perilly. Ich habe die Ehre, der hiesigen Gemeinde als Vikar zu dienen.»
Ebenezer lachte. «Ihr habt die Ehre, an den Zitzen der Hure Babylon zu liegen. Was wollt Ihr?»
Mr Perilly faltete die Hände wie zum Gebet, schaute Lady Margaret an und sagte: «Sir George …» Er stockte.
Lady Margaret nahm den Arm von der Schulter des Mädchens. Sie war plötzlich ganz ruhig. «Nur zu, Simon. Sagt es mir.»
«Er ist tot, Gräfin. Und Euer Sohn verwundet. Sir George aber ist tot, von einer Kugel getroffen. Tot.»
Caroline schrie auf. Die Mägde schluchzten. Lady Margaret hieß sie, still zu sein. Campion war wie erstarrt. Die Nachricht dröhnte in ihrem Kopf. Toby verwundet? Als sie daran dachte, dass sie am frühen Morgen nicht für ihn gebetet hatte, schluchzte sie laut.
«Still, Campion.» Mit Blick auf Ebenezer sagte sie: «Ich gehe jetzt zu meinem Mann und meinem Sohn. Wenn Ihr mich aufhalten wollt, junger Mann, werdet Ihr mich töten müssen. Ich zweifle nicht daran, dass Ihr zu einer solch schändlichen Tat sehr wohl in der Lage seid.» Und an Caroline und Campion gewandt, sagte sie: «Kommt.»
Sie setzte sich in Bewegung. Ebenezer trat zur Seite und lächelte, als habe Lady Margaret ihm ein Kompliment ausgesprochen. Als Campion Lady Margaret und Caroline zu folgen versuchte, langte er mit seiner knöchernen Hand nach ihr und ergriff
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