Das Hexen-Amulett (German Edition)
und frei von Wundbrand. Die Schulter aber hatte sich offenbar entzündet. Tagtäglich roch Sillery an der Wunde, legte die Stirn in Falten und wusste sich nur mit einem weiteren Aderlass zu behelfen, um Tobys Körpersäfte auszugleichen. Mr Perilly sprach jeden Tag Gebete für den Kranken, und Lady Margaret fürchtete, dass daraus bald Gebete für einen Sterbenden werden könnten. In einem anderen Zimmer des Neuen Hauses saß Oberst Washington aufrecht mit einem Verband über den erloschenen Augen im Bett.
«Mutter?» Anne steckte den Kopf zur Tür herein.
«Ich komme.»
In der langen Galerie, die die siegreichen Truppen bislang unberührt gelassen hatten, wartete der Earl of Fleet mit ängstlicher, angespannter Miene. Er war hin und her gerissen zwischen seinen Überzeugungen, die ihn auf einen Sieg des Parlaments hoffen ließen, und seinen Verpflichtungen gegenüber der Familie seiner Frau. «Lady Margaret.»
«John? Mir scheint, Eure Miene verheißt nichts Gutes.»
«Nein.» Er breitete in hilfloser Geste die Arme aus. «Ich habe mein Bestes gegeben, doch was wir an Geld aufbieten können, reicht leider nicht aus.»
Lady Margaret zeigte sich ebenso ruhig und ernst wie schon während der Beisetzung ihres Mannes. «Darf ich fragen, wer die höchste Summe geboten hat?»
Der Graf legte die Stirn in Falten und trat, sichtlich befangen, ans Fenster. «Geld wurde nicht geboten.» Er hob die rechte Hand, um Fragen abzuwehren, und fuhr fort: «Der Besitz soll, wie es scheint, statt der Rückzahlung eines Darlehens dem Gläubiger überschrieben werden.»
«Und wer ist der Gläubiger?»
John schaute seiner Schwiegermutter in die Augen und rieb nervös die Hände aneinander. «Sir Grenville Cony.»
«Ah.» Lady Margaret straffte die Schultern. «Ich nehme an, dieses unsägliche Miststück ist nicht persönlich zugegen.»
«So ist es.»
«Ich nehme ferner an, dass der Besitz konfisziert wurde. Und nicht verkauft.»
Fleet nickte. «Konfisziert.»
«Das heißt, ich bin völlig mittellos.»
«Nein, Mutter!», protestierte Anne.
Der Earl of Fleet stand mit dem Rücken zum Kamin. «Die Ländereien in Shropshire standen nicht zur Verhandlung.» Ihm war klar, dass dies kein Trost sein konnte.
Lady Margaret schnaubte. «Die werden verkauft werden müssen und wahrscheinlich nicht mehr als eine lächerliche Summe einbringen. Hoffnung auf das Haus in London kann ich mir wohl auch nicht machen, oder?»
Er schüttelte den Kopf. «Darauf erhebt ganz bestimmt der Londoner Ausschuss Anspruch.»
«Ganz bestimmt. Und wiederum im Interesse Conys, nicht wahr?»
Der Graf verschränkte seine Hände hinterm Rücken. «Aber da wäre immerhin noch das Tafelgeschirr, Lady Margaret. Mir fällt auf, dass alles Silber verschwunden ist. Sir George hat es gewiss in Sicherheit gebracht.»
Lady Margaret schüttelte den Kopf. Die Schätze von Lazen waren in den Kellern eingemauert, und es verschaffte ihr ein wenig Genugtuung, dass der Feind sie nicht entdeckt und keiner der Diener, die darum wussten, das Versteck verraten hatte. «Es gibt kein Silber», sagte sie.
«Kein Silber?» Der Graf schien schockiert zu sein.
«John!» Anne schaute ihre Mutter an. «Was hat Vater damit getan?»
«Das geht die Feinde des Königs nichts an.»
Es blieb eine Weile unangenehm still, bis sich der Earl of Fleet wieder zu Wort meldete. «Die Besitzübertragung wird erst in ein, zwei Wochen abgeschlossen sein. Ihr müsst also nicht sofort weg von hier.» Er lächelte. «Und natürlich seid Ihr in unserem Haus jederzeit herzlich willkommen. Es wäre uns eine Ehre.»
«Danke, John.» Lady Margaret lächelte ihrer Tochter zu. «Dank auch dir, Anne. Eines könntet ihr noch für mich tun.»
«Ja?», fragte der Graf eifrig, offensichtlich froh, von den schlechten Nachrichten, die er hatte überbringen müssen, abzukommen.
«Das Mädchen, das bei uns gewohnt hat, ist verschwunden. Ihr Name ist Dorcas Slythe. Ich möchte wissen, wohin sie gebracht wurde.»
«Mutter …» Anne gab Campion die Schuld am Unglück ihrer Familie und hatte Lady Margaret mit Hinweis auf das Blut im Schlafzimmer davon zu überzeugen versucht, dass das Mädchen verwundet worden und inzwischen wahrscheinlich tot sei.
Lady Margaret brachte ihre Tochter zum Schweigen. «Ich will wissen, wo das Mädchen ist. Die Soldaten behaupten, es sei nach London gebracht worden. Kann ich mich auf dich verlassen, John?»
Er nickte. «Ja, natürlich.» Und nach einem kurzen Blick auf seine Frau:
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