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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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«Ich finde, Anne hat recht. Das Mädchen hat viel Unheil angerichtet.»
    «Würdet Ihr das Sir Toby erklären, wenn er wieder genesen ist?», entgegnete Lady Margaret kühl.
    Anne runzelte die Stirn. «Toby wird über ihren Verlust hinwegkommen, Mutter.»
    Lady Margaret schnaubte. «Wenn Lazen fallen musste, damit meine Feinde dieses Mädchen vernichten können, will ich alles daransetzen, sie zu retten. Diesen Triumph sollen sie nicht haben.»
    Der Earl of Fleet stellte sich neben seine Frau. «Selbst wenn wir sie fänden, Lady Margaret, bezweifle ich, dass wir etwas für sie tun könnten.»
    «Du meinst also, dein Einfluss in den Reihen meiner Feinde hat abgenommen?»
    Fleet zuckte die Achseln. «Er war nie besonders groß.»
    Lady Margaret schickte sich an, in das Krankenzimmer ihres Sohnes zurückzukehren. Sie fürchtete, ihm – falls er sich von seinem Fieber erholen würde – sagen zu müssen, dass Campion verschwunden war. «Findet sie, John! Lasst mich wissen, wo sie ist, und dann werden wir sehen, was wir tun können. Ich will, dass das Mädchen gefunden wird.»

    Campion war dort, wo die Raben nisteten – im Tower.
    An der Südmauer strömte der Fluss entlang, während ein Wassergraben, der so schmutzig und stinkend war wie die Sielen der Stadt, die anderen drei Seiten begrenzte. Auf dem nahegelegenen Hügel nordwestlich der Zwingburg fanden die öffentlichen Hinrichtungen statt.
    Der Tower of London war Königsschloss, Zeughaus, Garnison, Menagerie und das sicherste Gefängnis der Stadt, in dem Priester und Edelmänner, Soldaten und Bürger schmachteten, die als Feinde der Gesalbten des Herrn betrachtet wurden. Die hier einsitzenden Gefangenen waren keine gewöhnlichen Verbrecher, keine Mörder oder Diebe, sondern Feinde der Revolution. Der bekannteste von ihnen war William Laud, Erzbischof von Canterbury und Fürstreiter der Könige von Gottes Gnaden.
    Der vom Parlament eingesetzte Verwalter des Towers, der Campion nach Sonnenuntergang vor der Pforte in Empfang nahm, war denkbar schlecht gelaunt. «Wer ist sie?»
    «Dorcas Slythe.»
    «Und?» Widerwillig nahm er von einem der Soldaten den Haftbefehl entgegen und grunzte, als er das Siegel des Komitees für Sicherheit sah. «Was wird ihr vorgeworfen?»
    «Hexerei und Mord.»
    Der Verwalter grinste hämisch. «Dann ab mit ihr hinter Schloss und Riegel.»
    Treu-bis-in-den-Tod Hervey ließ sich von dem groben Kerl nicht einschüchtern. «Es könnte sein, dass sie ein Spion der Papisten ist.»
    «Ach ja?» Der Verwalter blickte ein zweites Mal auf den Befehl. «Davon steht hier nichts.»
    «Streitet Euch mit dem Komitee darüber. Oder wär’s Euch lieber, von Sir Grenville Cony aufgeklärt zu werden?»
    Der Verwalter blickte auf. «Sir Grenville? Das ist etwas anderes.» Er stieg auf den Tritt des Kutschenverschlags und spähte durchs Fenster. «Genießt sie irgendwelche Privilegien?»
    «Nein.»
    Der Verwalter war verärgert darüber, von der Wache aus seinem Quartier gerufen worden zu sein, und herrschte seinen Hauptmann an, dass er sich um die Aufnahme gefälligst selbst zu kümmern habe. Campion wurde aus der Kutsche geholt und sah zu, wie die Pferde mit lautem Hufgetrappel das schwerfällige Gefährt im Hof wendeten und davonzogen. Dann ging das Tor zu, und sie war im Tower gefangen.
    Ihre Zelle hatte kein Fenster. Das einzige Licht drang vom Gang, der mit Talgkerzen beleuchtet war, durch den kleinen, vergitterten Türausschnitt herein. Der Boden bestand aus Steinen. In einer Ecke lag eine Schütte alten, faulen Strohs. Es gab weder Tisch noch Stuhl. Man hatte ihr eine verlauste Decke gegeben, die aber viel zu dünn war und vor der Kälte nicht schützen konnte. An diesem Ort herrschten durchweg Dunkelheit und Winter.
    Sie zitterte und wimmerte und sang manchmal mit dünner Stimme vor sich hin. Das Brot war steinhart. Sie konnte sich nicht waschen. Das Haar hing ihr in klebrigen Strähnen vom Kopf, auf der Haut juckten zahllose Wanzenbisse, und ihr Schlaf wurde immer wieder unterbrochen vom Klappern zuschlagender Türen und dem metallischen Knirschen vorgeschobener Riegel, was ihr verriet, dass auch andere Zellen belegt waren.
    Ab und an zeigte sich vor dem vergitterten Ausschnitt ihrer Tür ein Gesicht, erkennbar nur am Weiß der Augen, die auf sie herabblickten. Manchmal hörte sie Gelächter, bisweilen auch hasserfüllte Worte. «Hexe! Papistin! Hure!»
    Dass sie nicht dem Wahnsinn verfiel, verdankte sie vor allem ihrer Liebe zu Toby. Sie stellte

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