Das Hexen-Amulett (German Edition)
ihr ein Genuss, vom Wasser getragen und gewaschen zu werden. Sie schwamm zurück, kniete sich nahe dem Ufer auf den von Pflanzen weich gepolsterten Grund und ließ das Wasser über die Schultern strömen.
«Gefällt’s dir?» Toby war an die vierzig Schritt entfernt und lächelte ihr zu. Den Kopf ins Wasser getaucht, schwamm er herbei. Sie wollte schon Reißaus nehmen und zu ihren Kleidern laufen, doch dann richtete er sich, bis auf zwanzig Schritte herangekommen, im Wasser auf und lachte ihr zu. «Komm und sieh zu, wie ein achtfingriger Mann eine Forelle fängt.»
Sie schüttelte den Kopf.
«Dann komm ich zu dir.»
«Bleib, wo du bist, Toby!»
Er watete langsam in ihre Richtung. «Das sollten wir jeden Sommer tun, wenn wir verheiratet sind. Falls wir nach Lazen zurückkehren, könnten wir eine hohe Mauer um einen der Wassergräben bauen. Wie fändest du das?»
Sie bekam kein Wort heraus und nickte nur.
Er tat, als bemerkte er nicht, dass sie sich noch tiefer ins Wasser zu ducken versuchte. «Im Lazen-Bach zu schwimmen wäre natürlich noch viel schöner. Ich könnte den Leuten aus dem Dorf mit der Todesstrafe drohen, falls sie es wagen sollten, uns zu beobachten, aber das wäre vielleicht doch ein wenig überzogen.» Er war jetzt nur noch etwa zehn Schritt entfernt. «Die meisten werden uns für verrückt halten, dass wir freiwillig ins Wasser gehen.»
«Bleib, wo du bist, Toby!» Treu-bis-in-den-Tod Hervey fuhr ihr mit seinen Händen über den Leib, Scammell grinste hämisch, und ein ganzer Saal voll Männer lachte über ihre Blöße. «Komm nicht näher!», rief sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Toby blieb stehen. Er war bis auf wenige Schritte herangekommen und lächelte. «Campion?», flüsterte er sanft. Doch plötzlich stieß er einen Schrei aus. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt er die verletzte Schulter gepackt. Aus dem Schrei wurde ein qualvolles Ächzen. Er warf den Kopf hin und her, kippte zur Seite und trieb mit der Strömung davon.
«Toby!»
Vergeblich suchte er nach Halt. Das Wasser trug ihn fort.
Campion vergaß ihre Furcht, vergaß, dass sie nackt war. Sie richtete sich auf, ruderte durchs Wasser und drängte ihm nach. «Toby!»
Sie griff nach der behandschuhten Hand, die er ihr entgegenstreckte, verfehlte sie, bekam aber dann seinen rechten Arm zu fassen. Sie schrie auf, als ihr der Arm entglitt, warf sich in ihrer Verzweiflung nach vorn und versuchte, seinen Oberkörper aufzurichten. Plötzlich wurde sie gewahr, dass er mit beiden Beinen sicher auf dem Grund stand und sie mit der Rechten an sich drückte. Seine grünen Augen schauten sie an.
«Toby!»
«Psst.»
«Du hast mir was vorgemacht.» Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, und fing plötzlich an zu zittern, als er sie an sich zog und ihr mit der rechten Hand über den Rücken streichelte, so sanft, als wäre sie ein silberner, zwischen Wasserranken versteckter Fisch. «Toby?»
Er hob ihren Kopf mit der linken, behandschuhten Hand. Sie ließ sich küssen und schloss die Augen, weil sie nicht wusste, wohin mit ihren Blicken. Dann umschlang sie ihn mit ihren Armen und schmiegte ihr Gesicht an seine Schulter. Die Angst war noch da, doch er schien sie davor in Schutz zu nehmen. Sie hielt sich an ihm fest, verspürte eine Erregung in sich und wusste, dass sie genau davon in Werlatton geträumt hatte, in jenen Nächten, als ihre Liebe noch ein unerfüllbares Sehnen gewesen war. «Toby?»
«Psst.» Er trug sie aus dem Wasser und legte sie ins Gras. Sie wagte es nicht, die Augen zu öffnen, und gab keinen Laut von sich. Sie erwartete, einen Schmerz zu empfinden, wünschte ihn sogar herbei und streichelte seinen Rücken, während er sie liebte und ihre Angst besiegte. Als es geschehen war, trug er sie in den Bach zurück und badete sie darin. Erst jetzt schlug sie schüchtern die Augen auf.
Er lächelte. «War es so schrecklich?»
Sie schüttelte den Kopf. «Es tut mir leid.»
«Was denn?»
«Dass ich mich so töricht angestellt habe.»
«Das hast du nicht.»
Sie schaute ihn an. «Du hast mich angeschwindelt.»
«Ja.»
Sie lachte und stellte ihm eine peinliche Frage, die ihr wichtig erschien. «War es schön für dich?»
«Das müsste ich doch fragen.»
«Antworte bitte.»
«Es war schöner als schön», sagte er lächelnd.
«Schöner als all die Male im Mai?»
«Schöner noch als erträumt.»
Sie errötete. «Wirklich?»
«Vergewissere dich doch.»
«Wie?»
«Frag mich, ob ich’s noch
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