Das Hexen-Amulett (German Edition)
großen Schleifen verknotete. Auch die Ärmel waren durch Schleifen mit dem Mieder verbunden, und es genügte ein einfacher Handgriff, um sie zu lösen. Der Kragen des Kleides bestand aus cremefarbenem Seidenbrokat, einem wunderschönen, kostbaren Material mit besonders fester Bindung.
Die Schuhe, die, wenn sie ging, unter dem Unterrock zum Vorschein kamen, waren mit silbernem Satin überzogen und mit einer blauen Blume verziert. Die Ohrringe fassten funkelnde Saphire ein, und von silbernen Haarspangen hing ein sieben Ellen langer Schleier herab. Sie zupfte die Spitze zurecht und sagte: «Eins fehlt noch.»
«Ja?»
«Geduld, mein Kind.» Lady Margaret öffnete ihr Handarbeitskästchen. «Hier.»
Sie reichte ihr ein Paar perlenbestickter Spitzenhandschuhe. Campion fühlte sich an die Nacht erinnert, als sie Matthews Slythes Versteck in der großen Truhe gefunden hatte, und wusste, dass es die Handschuhe ihrer Mutter waren. Kein Zweifel, Kit Aretine hatte sie seinem «Engel» geschenkt, der wahrscheinlich voller Hoffnung darauf gewesen war, sie zur eigenen Hochzeit tragen zu können. Die Handschuhe waren als der einzig übriggebliebene Besitz von Agatha Prescott nach Werlatton geschickt worden. Lady Margaret sagte: «Ich habe sie von Lazen mitgebracht, als mich dieser widerliche Zwerg vertrieben hat. Warum weinst du, Kind?»
«Oh, Lady Margaret!» Campion wünschte, ihre Mutter könnte nun vom Himmel auf sie herabblicken. Sie streifte die zarten, edlen Handschuhe über. «Wie soll er jetzt den Ring an meinen Finger stecken?»
«Bist du dir denn sicher, dass er vorm Traualtar erscheinen wird? Nun, vermutlich muss er ein bisschen nachhelfen, wenn’s klemmt. Du willst es doch den Männern nicht unnötig leicht machen, oder? Komm, lass dich anschauen.»
Lady Margaret war stolz auf ihre schöne Schwiegertochter und glücklich, dass Campion um ihre Schönheit nicht viel Aufheben machte. Sie trat ein paar Schritte zurück und musterte sie von Kopf bis Fuß. «Du kannst es dir natürlich immer noch anders überlegen.»
«Kann ich das?»
Enid lachte. «In zwei Stunden werde ich Euch Lady Lazender nennen müssen, Miss.»
«Ach, Enid.»
«Natürlich wird sie das», sagte Lady Margaret, die sich an der unnötigen Drapierung des Kleides beteiligte und mal an dieser, mal an jener Falte zupfte. «Du wirst in den Adelsstand erhoben, Kind, und erfahren, dass höflicher Respekt nur eine kleine Entschädigung ist für die Verantwortung, die du zu tragen hast.» Sie schien mit dem Kleid der Braut zufrieden zu sein. «Du siehst großartig aus, Campion. Erstaunlich, was eine gute Schneiderin zu leisten vermag. Du kannst jetzt nach unten gehen und deinen Gentleman begrüßen.»
«Meinen Gentleman?»
«Hattest du etwa vor, allein durch den Mittelgang zu schreiten?»
Genau das hatte sich Campion vorgestellt. Sie wusste, dass Mordecai Lopez nicht nach Oxford kommen konnte. Vor zwei Tagen war ein Brief mit seiner Absage eingetroffen, und es gab außer ihm niemanden, der als Brautführer in Betracht kam. Darum hatte sie sich innerlich darauf eingestellt, allein an Tobys Seite zu treten. «Wer ist es?»
«Ihn ‹es› zu nennen ist nicht gerade höflich. Er hat beträchtliche Mühen auf sich genommen, um dir eine Gefälligkeit zu erweisen, die für ihn zweifellos eine harte Prüfung ist. Es wäre also das Mindeste, wenn du dich ihm gegenüber freundlich zeigtest.» Unter den herben Ton mischte sich wie immer ein Gutteil Warmherzigkeit, doch Campion hatte den Verdacht, dass noch andere Gefühle mitschwangen.
Der wartende Gentleman strich sich mit der Hand über den kleinen Schnauzbart und merkte auf, als er Schritte auf der Treppe hörte. «Wer da?»
«Oberst Washington!»
Er strahlte übers ganze Gesicht, als hätte ihn die eigene Tochter begrüßt. Seine blinden Augen waren mit einem samtenen Tuch verbunden, das aber nicht alle schlimmen Narben abdecken konnte.
Sie gab ihm einen Kuss. «Oberst!»
«Ihr erinnert Euch an mich, meine Liebe!» Geschmeichelt richtete er sich zu seiner vollen Größe auf, blieb aber auch so um ein oder zwei Zoll kleiner als Campion. Er hielt ihre Hände. «Noch hättet Ihr die Zeit, Euren Sinn zu ändern. Ich stehe ganz zu Euren Diensten.» Er lächelte. «Ich bin sicher, Ihr seid wunderschön, und kann nur hoffen, dass ich Euren Glanz nicht trübe.»
«Ihr seht großartig aus, Oberst.» Washington trug einen braunen Samtrock, unter dem ein rotes Hemd zum Vorschein kam. Um die Hüfte hatte er die
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