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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Schwester: «Du fährst mit den Dienern im Fuhrwerk.» Seine Stimme war harsch.
    «Ich gehe zu Fuß, Ebenezer.»
    «Das ziemt sich nicht.»
    «Ich gehe zu Fuß, Ebenezer! Ich möchte allein sein.»
    «Lasst sie nur, lasst sie!», empfahl Scammell dem Bruder und nickte Tobias Horsnell zu, der auf dem Bock saß und die Zügel in der Hand hielt. Campion schaute dem davonziehenden Tross nach.
    Sie musste mit aller Macht an sich halten, um nicht geradewegs über den Hügel und durch die Felder zum Bach zu laufen, um dort ihre Kleider abzustreifen, ins Wasser zu springen und sich der schieren Freude eines kühlen Bades hinzugeben. Stattdessen schlenderte sie die Straße entlang, genoss die Freiheit des Alleinseins und spürte, wie ihrer Seele Flügel wuchsen. Als sie die Buchen erreichte, schlang sie die Arme um einen der Bäume wie um einen Liebhaber, überglücklich, dass eine große Last von ihr genommen war. Die Wange an die Rinde gelegt, flüsterte sie: «Danke, ich danke dir.»
    In der Nacht bestand sie darauf, dass Charity woanders schlief. Sie sperrte die Tür ab und tanzte vor Freude in der Kammer umher. Sie war allein! Bei offenem Fenster zog sie sich aus. Ans Fensterbrett gelehnt, schaute sie auf das vom Mond beschienene Kornfeld und glaubte zu sehen, wie sich ihre Freude über das Land ergoss. Die Ehe mit Scammell würde ihr erspart bleiben! Sie kniete neben dem Bett nieder, faltete die Hände, dankte Gott und gelobte, ihm auch in ihrer Freiheit zu gefallen.
    Am nächsten Tag kam Isaac Blood nach Dorchester.
    Er hatte ein bleiches, vom Alter zerfurchtes Gesicht und graue Haare, die ihm bis zum Kragen reichten. Als langjähriger Rechtsbeistand von Matthew Slythe wusste er, welche Sitten in Werlatton Hall herrschten, weshalb er sich eine Flasche Malvasierwein mitgebracht hatte. Die Dienstboten hockten ihm auf ihren Gebetsbänken gegenüber, während Campion und Ebenezer zwischen Samuel Scammell und Treu-bis-in-den-Tod auf der Familienbank saßen. Isaac Blood stand hinter dem Lesepult und rückte sich einen kleinen Tisch zurecht, um seine Weinflasche und ein kleines Glas darauf abstellen zu können.
    In Anerkennung ihrer treuen und gottesfürchtigen Dienste sollte Goodwife Baggerlie hundert Pfund erhalten. Sie wischte sich die geröteten Augen mit dem Saum ihrer Schürze. «Gott segne ihn! Gott segne ihn!»
    Treu-bis-in-den-Tod zeigte sich überrascht von dieser Summe. Er sah die Haushälterin an und dachte bei sich, dass Slythe einem Mann Gottes gegenüber gewiss noch großzügiger sein würde als gegenüber einer Hausangestellten. Er lächelte und fasste sich in Geduld, denn Isaac Blood schenkte sich ein Glas Malvasierwein ein, trank einen Schluck und wischte sich die Lippen.
    «Zu unserem Bruder Treu-bis-in-den-Tod Hervey», las nun Isaac Blood vor, worauf sich Scammell auf seiner Bank nach vorn beugte und dem Pfarrer zulächelte. Hervey heftete seinen Blick auf den Advokaten. «Ich weiß», fuhr dieser fort, «dass er von seiner selbstlosen Arbeit in Gottes Weingarten durch nichts abgelenkt sein möchte, und darum will ich ihn nicht über seine Wünsche hinaus belasten.»
    Hervey krauste die Stirn. Blood nippte an seinem Wein. «Fünf Pfund.»
    Fünf Pfund! Fünf! Hervey erstarrte. Er sah alle Augen auf sich gerichtet und litt Qualen der Bedeutungslosigkeit, der unvergoltenen Tugend und des Hasses auf Matthew Slythe. Fünf Pfund! Dieselbe Summe, die auch, wie sich herausstellen sollte, Tobias Horsnell und einigen der anderen Diener zuerkannt war.
    Blood bemerkte nichts von der Verbitterung zu seiner Linken. «Meine geliebten Kinder Samuel und Dorcas Scammell erhalten die im Ehevertrag festgelegten Vermögenswerte.»
    Scammell grunzte zufrieden und gab Campion, die neben ihm saß, einen Stups in die Seite. Sie selbst konnte zunächst nicht verstehen, was es mit den vorgetragenen Worten auf sich hatte. Ehevertrag? Doch dann dämmerte es ihr. Dass sie Scammell ehelichte, war Teil des letzten Willens ihres Vaters und über seinen Tod hinaus beschlossene Sache. Sie spürte die Verzweiflung der letzten Wochen zurückkehren. Matthew Slythe bestimmte sogar aus dem Grab heraus noch über sie.
    Werlatton Hall, der gesamte Grundbesitz einschließlich aller angeschlossenen Pachtfarmen, ging, wie zu erwarten gewesen war, an Ebenezer. Der nahm ungerührt zur Kenntnis, so überreich beschenkt zu sein. Doch dann lächelte er Scammell zu, als verlesen wurde, dass Bruder Samuel Scammell dafür vorgesehen war, den großen Besitz

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