Das Hexen-Amulett (German Edition)
aufhält.»
Ebenezer nickte. «Er wird in Panik geraten.»
«Gut. Am Donnerstagmorgen ist es so weit. Haltet Euch bereit, Mr Slythe. Ihr werdet ihn begleiten.»
«Wohin?»
Ebenezer überlegte. Falls Devorax ein falsches Spiel spielte, würde er nicht verraten wollen, welchen Ort an der Ostküste er als Sammelstelle für die Siegel ausgewählt hatte. Denn wüsste er Bescheid, würde er einen Trupp Männer vorausschicken können mit dem Auftrag, einen möglichen Hinterhalt zu vereiteln. Vavasour Devorax aber nannte die Ortschaft und sogar das Gebäude, in dem er Sir Grenville seiner Siegel berauben wollte.
Ebenezer merkte sich Devorax’ Instruktionen und fragte: «Kann ich meine Leibwächter mitbringen?»
«Ihr wärt ein Narr, wenn Ihr es nicht tätet. Sir Grenville wird bestimmt nicht schutzlos kommen.»
«Wann treffen wir uns dort?»
Devorax zuckte mit den Achseln. «Bald, Mr Slythe, sehr bald.» Er nickte seinen Männern zu, die reglos auf ihren Pferden saßen und auf ihn warteten. «Ich werde Mason zu Euch schicken. Wundert Euch nicht, wenn er mitten in der Nacht kommt. Wo kann er Euch finden?»
Ebenezer nannte einen Ort. «Wie bald ist ‹sehr bald›, Devorax?»
Der hässliche Soldat grinste und griff nach den Zügeln. «Innerhalb einer Woche, Mr Slythe.» Devorax schwenkte sein Pferd herum.
Ebenezer ließ ihn ungern ziehen. Er fühlte sich sicher in der Nähe dieses starken Mannes und überlegte, Devorax in seine eigenen Pläne einzubinden, sobald der Bund ihm gehörte. «Devorax! Eine letzte Frage.»
«Nur eine?», lachte der Soldat.
«Womit wollt Ihr Sir Grenville überzeugen, dass Aretine lebt?»
Devorax grinste übers ganze, vernarbte Gesicht. Er steckte die Rumflasche in die Satteltasche und setzte den Helm auf. «Das ist mein Geheimnis. Wartet’s ab. Es wird Euch gefallen.» Er trieb sein Pferd an.
«Devorax?»
Der Soldat drehte sich um. «Mr Slythe?»
«Ich habe Euch Eure zweihundert Pfund noch nicht gegeben.»
«Bewahrt sie für mich auf. In spätestens einer Woche hol ich mir das Geld, Mr Slythe. Spätestens.» Er brüllte die letzten Worte über die Schulter hinweg und gab seinem Pferd die Sporen, das mit weiten Sätzen davongaloppierte und die Krähen von ihrem Aas verscheuchte. Seine Männer sprengten hinterdrein und folgten ihm durch die Regenschleier nach Westen.
Ebenezer schaute ihnen nach, führte dann sein Pferd unter die schweren Balken des Galgens und starrte auf das scheußliche Werk des Soldaten. Maden wimmelten im Gedärm des zerhacken Leichnams. Er blickte zu dem zweiten Toten auf, der an seinem Strick im Wind schaukelte. Von den schwarz angelaufenen Füßen tropfte Regenwasser in eine Pfütze, die sich am Boden darunter gebildet hatte. Ebenezer spielte mit dem Gedanken, auch diese Leiche mit dem Schwert zu zerteilen, wusste aber, dass seine Kraft dazu nicht reichte. Egal. Bald würde er die Kraft von Tausenden nutzen. Bald würde der Bund ihm gehören.
Er zerrte am Zügel, riss sein Pferd herum und forderte seine Männer auf, ihm zu folgen. Sie ritten nach Süden, auf Withehall zu. Es galt, die Siegel einzusammeln.
30
Sir Grenville Cony zu überzeugen war nicht so einfach wie geglaubt. Er war kein Narr, und dass er in der Welt der Politik so lange überlebt hatte, verdankte er nicht zuletzt seiner Skepsis und dem Verzicht darauf, jede sich bietende Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen. «Ich bin ein alter Mann, Ebenezer. Du schlürfst Ambrosia, ich aber rieche Gift.»
«Glaubt Ihr Devorax nicht?»
«Ich habe ihn noch nicht getroffen.» Sir Grenville starrte zum Fenster hinaus. Auf den Fluss prasselten heftige Regenschauer nieder. Er wandte sich wieder seinem Schreibtisch zu. «Die Siegel sind echt. Warum hat er dich aufgesucht und nicht mich?»
«Auf der Belohnungsanzeige stand mein Name.»
«Stimmt», knurrte Sir Grenville. «Aber von Lopez heißt es, dass er sehr großzügig ist. Warum beklagt sich dieser Devorax?»
Ebenezer zuckte mit den Achseln. «Lopez war ihm gegenüber tatsächlich großzügig. Er hat ihm das Leben gerettet und ihn in seine Dienste genommen. Ich glaube, Devorax ist es einfach nur leid, für den Juden zu arbeiten, und möchte sich endlich selbstständig machen.»
Sir Grenville nickte und richtete seine Froschaugen auf Ebenezer. «Sollen wir ihn umbringen?»
«Er verlangt nicht viel. Gebt ihm, was er haben will.»
Ein Bote brachte die Nachricht, dass die Soldaten, die nach Southwark geschickt worden waren, Lopez’ Haus
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