Das Hexen-Amulett (German Edition)
dass er nicht gestört sein will, Sir.»
«Das Unterhaus wünscht, ihn zu stören. Und nun bring mich zu ihm, Frau.»
«Wenn Ihr hier bitte warten wollt, Sir», entgegnete die Haushälterin, doch der Pfarrer folgte ihr durch das blank polierte Treppenhaus. Sie blieb stehen und versuchte, Devorax zurückzuhalten. «Wartet in der Halle. Ich werde Euch ein Feuer machen.»
«Führ mich endlich zu ihm, Frau. Was ich zu tun habe, duldet keinen Aufschub.»
Eine Stimme tönte durchs Treppenhaus, gedämpft von einer Tür. «Was ist da unten los?»
«Master?» Sie zuckte mit den Achseln. «Er wird verärgert sein.»
«Los jetzt!»
Sie führte ihn in einen breiten, gewachsten Dielengang im Obergeschoss. Eine Tür öffnete sich um ein, zwei Zoll. In dem Spalt zeigte sich ein Gesicht. «Goodwife Baggerlie?»
Devorax drängte an ihr vorbei. «Pfarrer Hervey?»
«Ja, Sir.»
«Das Unterhaus schickt mich mit guten Nachrichten.»
Treu-bis-in-den-Tod, der sich einen Umhang über die nackten Schultern geworfen hatte, krauste die Stirn. «Ich komme gleich, Sir.»
Devorax zitierte aus den Psalmen. «‹Zögere nicht.›» Er stieß die Tür auf und zwang Hervey zurück. «Meine liebe Mistress Hervey, gnädige Frau, entschuldigt mich.»
Im Bett lag, die Augen weit aufgerissen, eine hübsche, dunkelhaarige junge Frau, anscheinend nackt, denn sie hielt krampfhaft das Laken gepackt, das sie sich bis zum Kinn gezogen hatte. Devorax warf einen Blick auf Hervey. «Ich wusste gar nicht, dass Ihr Euch eine Frau genommen habt.» Er nahm den Hut vom Kopf und verbeugte sich vor der Frau im Bett. «Gnädige Frau, ich habe dringend mit Eurem Gatten zu reden. Verzeiht Ihr mir?»
Sichtlich verschreckt, nickte die Frau. Sie war mit einem Leutnant der parlamentarischen Nordarmee verheiratet und hatte sich an Hervey gewandt, um sich von ihm beurkunden zu lassen, dass ihr Körper frei von Hexenmalen war. Treu-bis-in-den-Tod Hervey, eifrig darauf bedacht, ihrem Wunsch zu entsprechen, hatte sie nun schon zum wiederholten Male in sein Haus gebeten. Manchmal nahm seine hingebungsvolle Untersuchung des Leibes eine ganze Nacht in Anspruch. Devorax schaute sich in der Kammer um, sah ihre Kleider auf einem Stuhl liegen und warf ihr einen Mantel zu. «Wartet unten, Madam. Es wird nicht lange dauern.»
Er drehte sich um, als sie ihre Blöße mit dem Mantel bedeckte und aus dem Bett stieg. Sie warf einen nervösen Blick auf ihr Kleid, schien es aber für besser zu halten, nicht viele Worte zu machen, und huschte an dem Fremden vorbei nach draußen.
Die Haushälterin wollte folgen, doch Devorax versperrte ihr den Weg. «Du bleibst, Frau», sagte er und warf die Tür ins Schloss. Er brauchte einen Zeugen. Wenn die junge Frau nicht so hübsch gewesen wäre, hätte er sie als zweite Zeugin genommen, aber eine reichte ihm.
Pfarrer Treu-bis-in-den-Tod Hervey raffte den Umhang eng um sich. Zu einer kühnen Handlung war er nicht imstande, und so musste er tatenlos mit ansehen, wie der große Mann den Schlüssel im Schloss herumdrehte und dann in seine Tasche steckte. «Sir! Sagtet Ihr nicht, Ihr brächtet gute Nachrichten vom Parlament?»
«Sagte ich das?» Devorax nickte. «Ja, das waren meine Worte.» Er fegte die Kleider der jungen Frau vom Stuhl und rückte ihn für die Haushälterin zurecht. «Setz dich!»
Goodwife Baggerlie warf Hervey einen nervösen Blick zu und gehorchte. Devorax lächelte dem Pfarrer zu. «Ich empfehle Euch, ebenfalls Platz zu nehmen.»
Die Kammer war behaglich eingerichtet und zeugte von Herveys beträchtlichem Erfolg. Vor den zugezogenen Fensterläden hingen kostbare Vorhänge. Die gegenüberliegende Wand verschwand in Gänze hinter Regalen voller Folianten. Vor dem Kamin, in dem ein munteres Feuer prasselte, standen auf einem großen Teppich Tisch und Sessel. An dem Tisch schien Treu-bis-in-den-Tod zu arbeiten, denn es lagen allerlei Bücher und Schriftstücke darauf. Drei große silberne Kerzenhalter spendeten Licht. Weitere Kerzen brannten auf dem Kaminsims und auf zwei niedrigen Tischchen neben dem Bett. Herveys Suche nach Hexenmalen bedurfte offenbar einer ausgiebigen Illumination.
Devorax zog, als ihm Hervey den Rücken zukehrte, ein Seil aus dem Ärmel hervor und band damit die Haushälterin an der Stuhllehne fest. Sie schrie.
«Schweig still, oder ich schnür dir den Hals ab.»
«Sir!», empörte sich Treu-bis-in-den-Tod. Er starrte auf den großen Mann, der seine Haushälterin nun auch an Händen und Füßen
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