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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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die Höhe, »heute werde ich mal ein bisschen putzen.«
    »Großartig«, sagte Sam und steckte seine Zahnbürste in eine der Taschen in seinem Arbeitsoverall. Connie hatte an diesem Morgen die Zahnbürste bemerkt, und ein Teil von ihr fragte sich, ob sie sich geschmeichelt fühlen oder Bedenken haben sollte. Sie streckte die Hand aus, nahm die Bürste aus
Sams Tasche und musterte ihn mit einer boshaft hochgezogenen Braue.
    »Was denn?«, fragte er und machte unschuldige Augen.
    »Ruf mich später an«, sagte Connie und steckte die Bürste in die Tasche zurück. Er küsste sie rasch, und sie hatte gerade noch Zeit genug, um das Gefühl seiner warmen, unrasierten Wange wahrzunehmen, die ihr Kinn streifte, dann war er fort.
     
    »Ich finde, das mit der Zahnbürste solltest du nicht überbewerten«, sagte Liz. Connie hatte das Frühstücksgeschirr fertig gespült und noch ein paar der Einweckgläser aus der Küche geschrubbt. Dabei war sie auf die trockene Alraunenwurzel gestoßen, die sie in jener ersten Nacht in Grannas Haus auf dem Regal verstaut hatte. Sie sah wirklich wie ein knorziges kleines Männchen aus – eine verschrumpelte Babypuppe mit langen, verwachsenen Fortsätzen anstelle der Finger und Zehen. Connie drehte und wendete die Wurzel hin und her, wischte die Erde ab und fragte sich, ob sie das giftige Gemüse unbeschadet im Komposthaufen entsorgen könnte.
    »Findest du?«, fragte Connie und kaute an einem Daumennagel. Wenn sie an jene erste Nacht im Haus zurückdachte, wurde ihr bewusst, wie sehr sie Liz vermisste. Schon bald würde es Herbst werden, und sie konnte endlich in ihre stillen Räumlichkeiten in Saltonstall Court zurückkehren. Der Gedanke an ihr Leben in Cambridge, an die Vorhersehbarkeit ihrer Tage, die sie mit Nachforschungen in der Bibliothek, Treffen mit dem von Nervosität geplagten Thomas, Beratungen bei Janine Silva oder Manning Chilton verbrachte, weckte in ihr eine seltsame Sehnsucht. Auf einmal kam ihr jenes Leben wundervoll und unvertraut zugleich vor, als wäre es einfach weitergelaufen, obwohl sie selbst nicht dort war.

    »Auf keinen Fall«, beharrte Liz. »Vielleicht nimmt er sie ja mit zur Arbeit, damit er sich nach dem Mittagessen die Zähne putzen kann. Das machen viele Leute.«
    Der Klang der Stimme ihrer Zimmergenossin verscheuchte die Einsamkeit, die Connie in Grannas Haus immer wieder packte. In ihren Ohren klang Liz nach richtigem Leben. Mit Erleichterung hatte sie ihr die neuesten Entwicklungen in Sachen Almanach geschildert und war dann direkt zu einer Analyse der vergangenen Nacht mit Sam übergegangen.
    »Vermutlich ja«, gab Connie nach.
    »Aber frag ihn nicht danach«, warnte Liz durch einen Mund voll Müsli hindurch. Connie hatte sie in ihrer Freistunde zwischen zwei Kursen erwischt und sah Liz vor sich, wie sie ihre Worte mit einem Schwenken des Löffels unterstrich. »Sonst klingst du irgendwie unsicher.«
    »Ich bin unsicher«, konterte Connie.
    »Ach, das sollst du nicht«, wies Liz sie an. »Du, hör mal, ich muss in einer Minute wieder los. Heute lernen wir die lateinischen Wörter für die Gladiatorenkämpfe, und zum ersten Mal in diesem Sommer sind die Kids richtig bei der Sache.« Sie seufzte. »Aber ich habe noch mal über diese Brandzeichen an deiner Tür nachgedacht.«
    »Die sind immer noch da«, sagte Connie und senkte die Stimme. »Ich dachte, ich würde sie dieses Wochenende übermalen, aber ich habe keine Lust, die Tür auch nur anzufassen.« Sie hielt inne. »Wenigstens habe ich niemanden mehr da draußen rumschleichen hören. Aber jedes Mal, wenn ich das Bild sehe, packt mich das kalte Grausen.«
    »Na ja, das würde wohl jedem so gehen«, beschwichtigte Liz sie. »Wenigstens fühlst du dich nicht allzu seltsam im Haus. Aber um die Wahrheit zu sagen, je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich zu dem Schluss, dass wir den Kreis falsch interpretieren.«

    »Was meinst du?«, fragte Connie verblüfft.
    »Wir haben doch immer angenommen, er sei da, um dir Angst zu machen, oder?«, fragte Liz.
    Connie klemmte sich den Hörer zwischen Wange und Schulter und drückte die Haustür auf. Während sie sich an den Türpfosten lehnte, betrachtete sie den eingebrannten Kreis. Die Glyzinienblüten an der Fassade des Hauses waren fast alle verwelkt, und ihre Überreste rochen süßlich. Das Symbol mit seiner lateinischen Inschrift und den Schraffurzeichen stand ihr unergründlich vor Augen.
    »Unheimlich sieht es jedenfalls aus«, sagte Connie und

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