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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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Zustand war«, begann Deliverance. Die Menge wurde still und lauschte. »Ich begab mich daran, sie zu pflegen, weil ich dachte, sie sei krank, verabreichte ihr einen Trank, den ich mitgebracht hatte, und betete mit ihr die ganze Nacht.«
    »Aber es ist doch allerorten bekannt, dass eine Hexe ihre Gebete niemals zu Ende spricht«, rief jemand von der Galerie.
    »Ich bete jeden Tag«, sagte Deliverance ganz ruhig, und Mercy beobachtete, wie ein Beben des Zweifels durch den Bauch der Menge ging. Sie nahm ihre Hände aus der Schürze hervor und verschränkte sie unter dem Kinn. Mit großen Augen wartete sie.
    Deliverance machte eine Pause, schaute kurz auf ihre in
Ketten liegenden Hände hinab und richtete den Blick wieder zu der wartenden Richterbank empor. Mercy fragte sich, was sie dachte, und versuchte ihre Aufmerksamkeit ganz und gar auf das Gesicht ihrer Mutter zu richten, während sie zuhörte. Doch da war nichts zu erahnen. Ihre Mutter schluckte, leckte sich über die Lippen und sagte dann: »Gevatter Petford hatte sein Weib nur wenige Monate vor den Anfällen seiner Tochter verloren, und ich denke schon seit geraumer Zeit« – hier warf sie Peter Petford, der dasaß und sie mit unverhohlener Böswilligkeit anstarrte, einen Blick von der Seite zu – »dass seine Trauer ihm den Blick auf die Tatsachen getrübt hat.«
    »Und starb denn das Kind in jener Nacht?«, fragte ein anderer Richter, den der Flüsterer hinter Mercy als Jonathan Corwin benannte, den Richter, der »den Platz von Nathaniel Saltonstall eingenommen hat, weil der so betrübt über die Hinrichtung der Gevatterin Bishop war«.
    »Leider ja, es verschied«, sagte Deliverance. »In meinen Armen.«
    Peter Petfords Kiefer zitterten, und sein Gesicht begann rot anzulaufen.
    Derselbe Richter, Corwin, stützte sich auf seine Ellbogen und richtete seinen Blick voll auf Deliverance. »Und war das Mädchen krank? Oder war Martha etwa verhext gewesen?«
    Deliverances Augen huschten nach links und nach rechts, ihre Nasenflügel bebten, und Mercy spürte, wie sich eine große Furcht in ihr Gedärm krallte. »Sie war auf gewisse Weise verhext«, gab Deliverance zu. »Das habe ich vor Gericht ausgesagt, als ich meinen besudelten Ruf geklärt haben wollte, und so werde ich es auch jetzt nicht abstreiten.«
    »Wie kamt Ihr zu der Erkenntnis, dass sie verhext war? Und wer sollte hier der Schuldige sein, wenn nicht Ihr?«,
drängte der Richter, eine schmale Augenbraue boshaft nach oben ziehend.
    »Das vermag ich nicht zu sagen, Sir«, flüsterte Deliverance. »Wie es bewerkstelligt wurde, weiß ich nicht. Doch Gott in seiner Weisheit und seiner Güte enthüllt mir manchmal Dinge, wenn ich ihn darum anflehe, damit ich ihm besser dienen kann.«
    »Gott?«, fragte Richter Corwin. »Ihr sprecht zu Gott, Gevatterin Dane?«
    »Ich glaube, dass Gottes Kinder alle mit ihm sprechen dürfen«, sagte Deliverance und ließ ihren Blick zu dem Grüppchen von Priestern wandern, die dem Gerichtsverfahren als Beobachter beiwohnten. Ein oder zwei von ihnen nickten, doch ein paar saßen mit fest auf der Brust verschränkten Armen da und schauten finster drein.
    »Nun, Gevatterin Dane«, warf jetzt ein anderer Richter ein, von dem die flüsternde Stimme ihrem Nachbarn freilich nicht den Namen sagte, zumindest nicht so laut, dass Mercy ihn hören konnte. »Wie könnt Ihr so sicher sein, dass es der Allmächtige ist, der Euch diese Dinge offenbart?«
    »Sir?«, fragte Deliverance verwirrt.
    »Er, von dem Ihr selbst sagt, Ihr wüsstet nicht, wie er es bewerkstelligt hat. Woher nehmt Ihr den Glauben, dass dies das Werk unseres Heilands ist?«, fragte er, fuhr sich mit der Hand über das Kinn, als streiche er sich über einen nicht vorhandenen Bart, und schaute sie mit der selbstgefälligen Miene eines Mannes an, der glaubt, er würde sogleich einen Disput gegen ein Kind gewinnen. »Könnte es nicht sein, dass Ihr in Wirklichkeit dem Teufel dient, der Euch mit Versprechungen wie Reichtum oder Ruhm täuscht und Euch sagt, Ihr solltet nur vorgeben, dass Ihr das Werk Gottes verrichtet?«
    Die Menge antwortete mit beeindrucktem Gemurmel, steckte die Köpfe zusammen, nickte.

    Deliverance schien einen Moment lang nachzudenken, hob dann die Stimme so sehr, dass sie klar und deutlich zu hören war, und sagte: »Denn Er hat den Himmel und die Erde geschaffen. Ich glaube, es gibt nichts in dieser Welt und der nächsten, das nicht das Werk Gottes ist.«
    Die Menge zischte und murrte, warf ihr

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