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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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onnie drückte die Klinke der Krankenzimmertür herunter, spürte das Klicken im Schlossmechanismus, als sie sich öffnete, und trat auf leisen Sohlen ins Zimmer. Das Bett gleich bei der Tür war leer, die Matratze zurückgeklappt, unbezogene Kissen stapelten sich am Fußende. Sie schlich sich leise zu dem Bett weiter hinten, darauf bedacht, den schlafenden Patienten darin nicht zu wecken. Er hatte so wenig Gelegenheit zum Schlafen.
    Im Bett lag ein muskulöser junger Mann, ein Bein war immer noch vom Knie abwärts eingegipst. Er lag auf dem Rücken, den Mund leicht geöffnet, und sein Atem klang wie ein leises Flüstern. Die Haare waren straff aus dem Gesicht gestrichen, und selbst im Schlaf sah man die vielen Lachfältchen, die sich in all den Jahren rund um seine Augen eingegraben hatten. Connie rollte den Stuhl, der sonst den Ärzten für die Untersuchung vorbehalten war, ganz nah ans Bett. Sie stützte das Kinn in die Hände und beobachtete ihn. Er schien zu träumen, denn seine Augenlider zuckten, und sein Mund öffnete sich zu einem leisen gedämpften Schnarchen. Die Ärzte hatten ihm seinen Nasenring herausgenommen, und ohne ihn sah er jünger und weniger gefährlich aus. Langsam ließ sie den Blick über seinen Körper wandern, tastete sich an dem schwarzen, keltischen Tattoo entlang, das sich
um seinen Oberarm wand – eine Jugendsünde aus dem College, hatte er es genannt -, betrachtete seine Brust, die muskulösen Arme und blieb schließlich bei den Gurten hängen, mit denen seine Handgelenke am Metallrahmen des Bettes festgemacht waren.
    Oh, Sam , dachte sie.
    »Connie, Sie sollen wissen, dass wir es verstehen würden«, hatte seine Mutter letzte Woche gesagt, als sie zusammen Kaffee getrunken hatten.
    »Verstehen?«, fragte Connie verwirrt. »Was verstehen?«
    Linda Hartley drehte die Kaffeetasse zwischen den Händen und wich Connies Blick aus. »Sams Vater und ich – wir würden es verstehen, wenn das alles ein bisschen … zu viel für Sie wäre«, sagte sie.
    Sie gibt mir die Erlaubnis, mich von ihm zu trennen, begriff Connie. Dabei hatte sie nicht die geringste Absicht, dies zu tun.
    »Es ist nicht zu viel«, antwortete sie und erwiderte Lindas Blick.
    Nun lauschte sie in die Stille des Krankenzimmers hinein, die nur durch gelegentliche Lautsprecherdurchsagen auf dem Flur unterbrochen wurde. Sams Brust hob sich mit einem Seufzer, brachte das dünne Laken in Bewegung, und Connie streckte vorsichtig zwei Finger aus, um es an seinen Platz zu schieben. Er rührte sich nicht.
    Obwohl sie sich danach sehnte, mit ihm zu reden, war es wahrscheinlich von Vorteil, dass er schlief, zumindest für den Moment. Connie klappte ihre Schultertasche auf und nahm die kleine Glasflasche heraus, die sie mitgebracht hatte, zusammen mit einer der Rezeptkarten aus Grannas Sammlung. Der ohne Überschrift.
    Wenn mich jetzt einer dabei erwischt, wird er denken, ich hab den Verstand verloren, dachte Connie und presste die Lippen
zu einer dünnen, entschlossenen Linie zusammen. Und das gilt auch für Sam.
    Sie schaute wieder in sein schlafendes Gesicht. Jetzt legte er die Stirn in Falten. Seine Augenlider flatterten unruhig, und Connie wusste, dass sie schnell handeln musste.
    Sie schob die langen Ärmel ihres T-Shirts hoch und nahm sich eine Lage Krepppapier von der Spenderrolle an der Wand. Dann breitete sie das Papier auf der Fensterbank hinter ihr aus, stellte die staubige Flasche darauf und nahm den Korken heraus. Sie schlich zur Tür des Krankenzimmers zurück, öffnete sie und schaute nach rechts und links den Flur entlang, um zu prüfen, ob sich jemand näherte – Krankenschwestern, Ärzte, Sams Eltern, jeder, der einfach so hereinplatzen und sie erwischen konnte. Eine Gruppe jugendlicher Hospitantinnen stand kichernd am Flurende, doch sonst war alles menschenleer, nur das Licht der Neonröhren spiegelte sich zuckend auf dem geschrubbten Linoleumboden. Connie zog die Tür ins Schloss.
    Sie schlich sich zum Bett ihres Freundes zurück, der sich gerade in seinen Gurten bewegte. Irgendwo in ihrem Hinterkopf fragte sie sich, wann es wohl mit Sams Ruhe endgültig vorbei sein würde; jeden Moment konnte sich sein Körper wieder aufbäumen und in die schweren Muskelkrämpfe verfallen, die ihn unsanft aus dem Schlaf reißen würden. Ihr Herzschlag wurde schneller und pumpte Adrenalin durch ihre Blutbahnen, während sie sich unter dem Metallbett auf die Knie herunterließ.
    Da war er – ein am Bettrahmen befestigter

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