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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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bereitete mir ein Lager auf dem Boden neben dem Kinde. Einige Stunden später erwachte ich von Marthas schrecklichen Schreien. Sie schlug um sich und sagte: ›Oh, man zwickt mich‹. Und: ›Oh, man brennt mich‹, und riss an ihren Kleidern. Ich nahm sie in meine Arme und hielt sie fest, als sie es schüttelte, wieder und wieder, und dann tat sie einen letzten Atemzug und starb. Besagter Petford, den der Tod seines einzigen Kindes sehr bekümmerte, rief: ›Diese Hexe hat meine Martha ermordet‹, und schaute mich seltsam an. Ich sagte, niemand habe sein Kind getötet, es sei durch Gottes Willen gestorben, und dann eilte ich nach Salem zurück. Einige Wochen danach sagte Susanna Cory zu Nathaniel, meinem Ehemann, sie habe gehört, wie besagter Petford zu Gevatterin Oliver gesagt habe, gewiss sei mein Name im Buch des Teufels verzeichnet. Obwohl ich seiner Tochter nur eine Medizin verabreicht habe, hat er allerlei falsche und grausame Dinge über mich verbreitet und dadurch meinen guten Ruf zerstört, und in der Stadt begegnet man mir nicht mehr mit Wohlwollen.«
    Während sie dies alles vorlas, lauschte die versammelte Menge wie gebannt, und viele Münder standen offen ob ihrer fesselnden Schilderung. Kaum hatte sie geendet, erhob sich ein Disput im Gerichtssaal, und die Zuschauer wägten lauthals ab, was sie von der Sache hielten. Erst als der Gerichtsschreiber
sich von seinem Schreibtisch erhob, erstarb das Getöse zu einem gedämpften Flüstern.
    Gevatterin Dane überreichte ihre Anklageschrift dem Schreiber, senkte den Blick zu Boden und kehrte zu ihrem Platz auf der Bank zurück. Um sie herum erhob sich Geflüster, doch ließ sie es sich nicht anmerken, dass sie es hörte.
    »Sollte Gevatterin Cory hier sein, so trete sie vor, um Zeugnis abzulegen«, befahl Appleton, um den Gerichtssaal wieder ganz in seinen Bann zu ziehen. Wie er sie hasste, diese alten Klatschweiber, die immer nur mit spitzem Finger auf andere zeigten!
    Eine Frau von etwa fünfzig Jahren mit offenem Gesicht stand von ihrem Platz neben Gevatterin Dane auf. Sie hielt den Kopf aufrecht, die Hände fest in die Hüften gestemmt, und schien sich keineswegs der gestopften Stellen und des Flickwerks auf ihrem Kleid zu schämen. Auch sie zog einen Zettel aus ihrer Tasche, hielt ihn nahe an ihr gutes Auge und las laut und mit rauer, eintöniger Stimme vor.
    »Hiermit lege ich Zeugnis ab, dass ich eines Nachmittags an Petfords Gehöft vorbeikam und den besagten Petford zu Gevatterin Oliver sagen hörte, die Deliverance Dane aus Salem sei eine üble Verbrecherin und Hexe, die seine arme Tochter ermordet habe, weil sie mit dem Teufel im Bunde steht. Ich verweilte und sagte zu jenem Petford, mir scheine jene Frau alles andere als eine Hexe zu sein, sondern nur eine weise Frau. Auch teilte ich ihm mit, ich hätte die Mutter jener Deliverance gekannt, und auch sie sei klug gewesen. Die Oliver hielt dagegen, Deliverance habe eines Tages einige Flaschen von ihr gekauft, und als Gevatterin Oliver gefragt habe, zu welchem Behufe sie denn die Flaschen wolle, so sagte sie, sie wolle damit das Wasser lesen. Dann berichteten Gevatterin Oliver und Gevatter Petford noch von allerhand anderen verbrecherischen Zauberkünsten, die ich
kaum glauben mochte. Ich begab mich daraufhin zum Haus der oben erwähnten Dane, um ihr mitzuteilen, was man über sie sagt.«
    Nachdem sie ihre Aussage dem Gerichtsschreiber übergeben hatte, warf Gevatterin Cory dem Mann, bei dem es sich vermutlich um Petford handelte, einen finsteren Blick zu. Er war ein verschlagen dreinblickender Zeitgenosse, der auf der gegenüberliegenden Bank saß, den Kopf in die Hände gestützt. Sie setzte sich wieder, verschränkte die Arme und tat mit einem lauten Schniefen ihre Missbilligung der Vorgänge kund.
    »Sehr gut«, sagte Appleton. »Sollte Nathaniel Dane anwesend sein, dann möge nun er seine Aussage machen.«
    Ein großer junger Mann, der auf Gevatterin Danes anderer Seite saß, erhob sich. Er war schlicht und säuberlich gekleidet und sah so aus, als rieche er angenehm nach Laubfeuer. Aus seiner ganzen Haltung sprach, dass er sich gern an der frischen Luft aufhielt, und Appleton kam der Gedanke, dass dieser Gevatter Dane vermutlich einen ausgezeichneten Vogelfänger abgegeben hätte.
    Der Mann faltete ein zerknittertes Zettelchen auseinander, blickte auf sein Eheweib hinab und hielt dann einen Moment inne, um tief Luft zu holen. Appleton bemerkte, dass der junge Mann dunkle Ringe unter den Augen

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