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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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hatte und dass sein Gesicht unter der Sonnenbräune fahlgelb war. Alles im Saal wartete.
    »Hiermit lege ich Zeugnis ab«, las er vor, wobei er jedes Wort einzeln betonte, »dass mein Eheweib keine Hexe ist, doch dass der besagte Peter Petford sein Herz aus Trauer über den Verlust seiner kleinen Martha verhärtet hat und dass er nun nach einem Schuldigen sucht, wo doch jede Hilfe zu spät kam.«
    Er wollte den Zettel schon zerknüllen, als Elias ihn aus
seinen Händen nahm, dann setzte er sich wieder neben seine Frau. Appleton sah, wie die Fingerspitzen des Gevatters Dane kurz das Knie seiner Frau streiften, und in dieser zärtlichen Geste wurde ihm erst wirklich deutlich, wie groß Danes Furcht sein musste. Und in der Tat war es eine gar besorgniserregende Angelegenheit, wenn die eigene Frau als Hexe ins Gerede kam. Sollte sie in dieser Klage wegen Rufmordes nicht Recht bekommen, würden die Gerüchte nur schlimmer werden; den Ruf für dämonisches Wirken wurde man vielleicht nie wieder los. Gott steh ihnen bei, wenn Petford nicht schuldig gesprochen wird, überlegte er. Und wenn man bedachte, dass der Kummer eines schwachen Mannes eine junge Familie wie diese zu Grunde richten konnte. Appleton, dem dieses deutliche Mitgefühl und die Sorge um das Paar, das vor ihm saß, peinlich war, schaute ratlos zum Gerichtsschreiber. Elias half ihm auf die Sprünge, indem er ihm den Namen des nächsten Zeugen zuhauchte.
    »Sollte Gevatterin Mary Oliver anwesend sein, so möge sie Zeugnis ablegen!«, bellte Appleton.
    Eine Frau in der Mitte ihrer Jahre erhob sich auf der anderen Seite des Mittelganges. In ihrem runzeligen Gesicht stand ein mit Tabaksaft verschmutzter Schnurrbart. Allein ihr Anblick ließ Appleton an sauer eingelegte Pflaumen denken, und er schürzte angewidert die Lippen. Die Frau faltete ein Stück Papier auseinander, reckte die Nase um etwa einen Zoll und hub an zu sprechen.
    »Ich gebe hier zu Protokoll, dass besagte Deliverance Dane immer schon als Heilerin und auch als Hexe bekannt war, weshalb es sich hier um keine Verleumdung handeln kann. Ein gewisser John Godfrey erzählte mir erst diesen Monat, er habe ein Kalb gehabt, das abgemagert und krank gewesen sei, woraufhin er besagte Gevatterin Dane zu Hilfe gerufen habe. Die ließ das Kalb Wasser lassen, fing die Flüssigkeit
in einer Flasche auf und brachte sie über dem Feuer zum Kochen, woraufhin sie dem besagten Godfrey kundtat, das Kalb würde wieder gesund, obwohl es verhext gewesen sei. Und so wurde das Kalb wieder gesund.«
    Bei diesen Worten ging ein Aufschrei durch die versammelte Menge, und lautes Gemurmel erhob sich im Saal.
    »Ruhe!«, röhrte Appleton. »Fahrt fort, Frau.«
    Gevatterin Oliver schien die Auswirkungen ihrer Zeugenaussage zu genießen und schenkte ihrem Publikum ein stolzes Grinsen. »Ein anderes Mal«, hub sie erneut an, »habe ich sie wegen eines wehen Fußes aufgesucht. Sie bat mich zu sich ins Haus, machte für meinen Fuß einen Umschlag aus zerstampften Kräutern in einem Leintuch und las etwas aus einem Buch. Ich fragte sie, was das denn für ein Buch sei, und sie sagte nichts, sondern stellte das Buch ganz oben ins Regal und fragte mich, ob mein Fuß besser sei, und das war er.«
    Die im Gemeindehaus Versammelten brachen erneut in allerhand Zurufe und Kommentare aus, während Gevatterin Oliver zufrieden die Lippen aufeinanderpresste. Ihre Zeugenaussage überreichte sie Elias mit großem Gewese, blieb gar einen Moment länger stehen, als es nötig gewesen wäre, und nahm dann wieder ihren Platz ein. Appleton schaute sie voller Missmut an. Er hörte sie schon, wie sie ihrer Nachbarin über den Zaun hinweg diese unbedeutende Zeugenaussage wiederholte, mit solcher Gewichtigkeit, als hätte sie zu einem Kapitalverbrechen ausgesagt. Denen hab ich aber ordentlich meine Meinung gesagt , hörte er sie keifen. Und diese Dane soll bloß nicht denken, sie kann von mir nächstes Mal wieder so viel verlangen, wenn mein Fuß wehtut! Niederträchtige Vettel.
    »Mr. Saltonstall.« Appleton schlug einen anderen Ton an und warf einen ungeduldigen Blick in das murmelnde Publikum. »Ihr könnt nun mit der Befragung des Beschuldigten beginnen.«

    In der hintersten Ecke des Versammlungssaales ließ jemand ein Paar Stiefel mit übergroßen, auf Hochglanz polierten Schnallen, die zuvor übereinandergeschlagen auf einem leeren Stuhl gelegen hatten, mit einem lauten Rumpeln zu Boden fallen. Ihr Besitzer, der einen Übermantel und perfekt

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