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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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auf die Stelle, wo Deliverance Dane saß.
    »Habt Ihr gesehen, wie sie geschlagen wurde?«, fragte Saltonstall.
    »Die Hände sah ich nicht, aber ich sah ihren Körper zucken und hörte ihre Schreie.«
    »Und was habt Ihr dann getan?«
    Petford hielt einen Moment lang inne und schaute auf seine
Hände hinab. Er presste die Lippen aufeinander und hob das Gesicht zum ersten Mal den versammelten Zuschauern entgegen. Alles schaute ihn an, wartete. Stricknadeln standen still. »Ich war so verängstigt, dass ich mich nicht rühren konnte, und bat Gevatterin Dane, ihrer Pein ein Ende zu bereiten. Doch sie schaute mich nur unverwandt an, hob die Hände über den Kopf und murmelte etwas, das keinen Sinn ergab, und ihre Augen glühten wie Kohlen. Meine Glieder waren wie festgewachsen, dort wo ich stand, als hätten mich unsichtbare Hände festgebunden. Marthas Schreie wurden leiser, sie fiel in die Kissen zurück, und dann regte sie sich nicht mehr. Da wusste ich, dass es Hexerei gewesen war, die meine Martha umgebracht hatte, und dass diese Deliverance Dane eine böse Hexe ist!«
    Auf den Bänken wurde es unruhig, als die junge Frau aufsprang und rief: »Ihr wagt es, solche Lügen zu verbreiten, vor all diesen Menschen hier! Man tut mir Unrecht! Sie war verhext, aber nicht von mir !«
    Jetzt brach unter den Zuschauern ein Tumult aus, Schreie wurden laut, Stuhlbeine gerückt, Frauen heulten und rangen die Hände. Appleton erhob sich aus seinem Lehnstuhl und befahl: »Ihr sollt Euch setzen, Gevatterin Dane!« Er sah, wie Gevatterin Danes Ehemann sie an der Hand packte und auf ihren Stuhl zurückzog. Ihre Wangen brannten feuerrot, und ihre weißlich-blauen Augen wurden noch blasser.
    Saltonstall machte mit der Hand eine beruhigende Geste und hielt den Blicken der Zuschauermenge mit wissenden Augen stand. Langsam verebbte das Geschrei zu einem dumpfen Murren, und Saltonstall nickte gebieterisch.
    »Wenn«, hub er wieder an, »das Kind verhext gewesen wäre, wie konnte Gevatterin Dane das wissen?«
    »Ich weiß nichts«, sagte Petford, »außer, dass sie sie selber verhext hat.«

    Saltonstall schritt in die Mitte des Saales vor und stand mit dem Rücken zum Zeugen, die Arme auf der Brust verschränkt. »Habt ihr denn von anderen gehört, denen Ähnliches widerfuhr?« Seine Stimme dröhnte abermals bis in den letzten Winkel des Saales.
    »In den vergangenen Monaten, seit Martha tot ist, habe ich noch mancherlei über die bösen Taten von Deliverance erzählen hören. Viele erstarren vor Angst, wenn sie ihren Blick auf sie richtet«, behauptete Petford. Seine Stimme klang nun kräftiger.
    Saltonstall baute sich direkt vor dem Tisch der Geschworenen auf, die Hände auf den Rücken gelegt. »Seid Ihr ein Lügner, Gevatter Petford?«, fragte er und richtete den Blick fest auf Lieutenant Davenport, den Sprecher der Geschworenen.
    »Nein, das bin ich nicht«, bekräftigte Petford.
    »Und das bezeugt Ihr vor den Geschworenen hier und allen Anwesenden?«, fragte Saltonstall, der immer noch vor den Geschworenen stand.
    »Ja, das schwöre ich«, sagte Petford.
    »Sehr gut«, verkündete Saltonstall. »Dann mögt Ihr zurücktreten.«
    Petford machte sich mit unsicheren Schritten auf den Rückweg zu der Bank, wo er gesessen hatte, während in der versammelten Menge erneut Dispute über den Fall ausbrachen. Gevatterin Dane saß reglos und mit kerzengeradem Rücken da, die Hände mit denen ihres Ehemannes verschränkt, und gab vor, nicht auf die gewaltige Flut des Unheils zu achten, die bereits an ihren Füßen leckte.
    Appleton wandte sich den Geschworenen zu, um sie vor ihrer Beratung zu belehren, hielt jedoch entsetzt inne. Der Hass auf Gevatterin Dane, den Appleton in Gevatter Palfreys Gesicht aufzucken sah, sagte ihm bereits jetzt, wie der Urteilsspruch lauten würde.

VIER
    Cambridge, Massachusetts
Mitte Juni 1991
     
    E s besteht durchaus die Möglichkeit, dass es sich um einen Namen handelt«, bemerkte Manning Chilton und wendete das Stückchen Pergament hin und her.
    »Ein Name?«, wiederholte Connie. Sie rutschte auf dem steifen Holzstuhl gegenüber vom Schreibtisch ihres Doktorvaters umher und löste vorsichtig die Rückseiten ihrer Knie, die am Sitz festgeklebt waren. Es war der erste richtige Sommertag, und ein Rinnsal aus Schweiß bahnte sich seinen Weg von ihrer Achselhöhle hinab zu ihren Rippen. Connie machte sich insgeheim immer ein wenig Sorgen, ihr leicht zerzaustes Äußeres könne zu viel über den Tumult verraten, der in

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