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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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Schreibtisches standen wichtige Texte der amerikanischen Kolonialgeschichte – Schilderungen der frühen Siedlungstätigkeit durch die Engländer, der ersten Indianerkriege, des Zusammenbruchs der puritanischen Theokratie. Die meisten davon nannte sie selbst ihr Eigen. Dagegen entdeckte sie auf den höheren Regalen Bücher, von denen sie noch nie gehört hatte: Der alchemistische Symbolismus in der Psychoanalyse C. G. Jungs, Alchemie und die Entwicklung des kollektiven Unbewussten, Geschichte der mittelalterlichen Chemie.
    »Das ist mir durchaus bewusst«, sagte Chilton leise in den Hörer. »Aber ich kann Ihnen versichern, der Vortrag wird fertig. Ja.« Connie hielt den Blick auf die Bücherregale gerichtet. Sie hörte, wie sich Chilton hinter ihr räusperte. Als sie über ihre Schulter schaute, begegneten sich ihre Blicke, und Connie sah, dass er wartete, die Hand über den Hörer gelegt.
    »Oh!«, rief Connie aus und merkte erst jetzt, was er wollte. »Tut mir leid.« Sie stand auf und verließ das Zimmer.
    Connie wanderte in dem Vorraum zu Chiltons Büro auf und ab und schaute ohne großes Interesse zur Decke. Ein paar Minuten lang hörte sie es noch hinter der Tür murmeln, dann wurde die relative Stille plötzlich durch Chiltons erhobene Stimme durchbrochen. Sie klang gedämpft, war aber dennoch deutlich hörbar.
    »Mein Gott, wie oft soll ich es denn noch sagen? Im September, bei der Konferenz der Colonial Association!«, bellte er. Connie zog die Stirn in Falten. Sie bewegte sich ein Stück weit von seiner Bürotür weg und starrte angestrengt auf ein
Gemälde, das auf der anderen Seite des Raumes hing. Es war eine Landschaft in kränklichem Grün, mit einem zerborstenen Baumstamm im Vordergrund. Sturmwolken zogen über den dunklen Himmel und verdeckten einen schweren gelben Mond auf der linken Seite der Leinwand und eine blutrote Sonne auf der rechten. Unheimlich. Wer wollte so etwas schon Tag für Tag anschauen?
    »Sie haben mein Wort«, sagte Chilton hinter der Bürotür. »Ja. Bevor Sie die Entscheidung fällen, möchte ich Sie aber bitten zu warten, bis Sie sehen, was ich Ihnen anzubieten habe.« Er senkte jetzt wieder die Stimme, und obwohl sie sich sagte, dass sie sich einzig und allein auf das Gemälde konzentrierte, merkte sie, wie sie die Ohren spitzte, um zu hören, was Chilton noch sagte. Die Worte waren zu leise, um verständlich zu sein. Substanz, glaubte sie ihn sagen zu hören, eher als Stein. Dann war gar nichts mehr zu hören. Mehrere Minuten verliefen in Stille, während Connies Blick dem Fluss auf dem Gemälde folgte, der sich durch die Landschaft schlängelte und schließlich in einer unwirtlichen Wildnis verschwand. Das Gemälde war so detailliert, dass sie beinahe die verschiedenen abgebildeten Kräuter und Pflanzen zu erkennen glaubte, die in nicht wirklich passenden Grüppchen beieinanderstanden, als könnten Nachtgewächse und Tagespflanzen nebeneinander existieren und zur gleichen Zeit erblühen.
    »Ich möchte nicht, dass Sie sich von Bagatellen ablenken lassen«, sagte Chilton barsch, und Connie machte vor Schreck einen Satz. Das Gemälde hatte ihre Aufmerksamkeit so vollständig auf sich gezogen, dass sie nicht gehört hatte, wie die Tür aufgegangen war. Connie folgte ihrem Doktorvater zurück ins Büro und blinzelte mehrfach, um das beunruhigende Bild der Landschaft aus ihrem Kopf zu verscheuchen. Sie nahm erneut auf dem Stuhl vor Chiltons Schreibtisch
Platz, verwirrt von dem, was sie gerade mit angehört hatte.
    »Nun?«, fragte Chilton und beugte sich vor. Connie riss sich endgültig von dem Bild und ihren nur halb ausgegorenen Assoziationen los und zwang sich dazu, sich auf das zu konzentrieren, was er gesagt hatte. Was war es doch gleich gewesen? Irgendetwas mit Zeitverschwendung und Bagatellen. Wovon redete er eigentlich?
    »Tut mir leid, Professor Chilton. Ich … es ist einfach so warm heute. Was meinten Sie gerade?«, fragte Connie und war im selben Moment entsetzt über das, was sie da gesagt hatte. Sie spürte schon seit Langem deutlich, dass sie am Institut die Rolle einer Quotenfrau einnahm, und bemühte sich deshalb sehr darum, konzentriert zu wirken, wenn sie sich mit Chilton traf. Ihre Ohren brannten, während Chiltons Mund sich zu einem vernichtenden Lächeln verzog.
    »Bagatellen. Wir wollen doch nicht, dass Sie sich von Ihrer eigentlichen Arbeit ablenken lassen«, wiederholte er.
    »Nein, natürlich nicht«, stammelte sie.
    »Es ist ja gut und schön, wenn

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