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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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und zog eine zerknüllte Dollarnote aus der Tasche.
    Das Mädchen schaute sie an und wandte sich unverrichteter Dinge wieder dem Fernseher zu, der auf dem Tresen hinter ihr stand. Zeit der Sehnsucht, wie es aussah.
    »Bin gleich bei Ihnen«, sagte das Mädchen. An jedem anderen Tag wäre Connie ungeduldig geworden, aber selbst dafür war es einfach zu heiß. Sie hakte die Daumen in die Taschen ihrer Jeans ein und lehnte sich an den Tresen, um zu warten. Eigentlich hätte sie doch bloß dankbar dafür sein sollen, dachte sie, dass sie bei der Arbeit nicht so ein rosa-weißgestreiftes Hütchen tragen musste. Doch Connie wusste, dass sie es nicht schaffen würde, reinen Gewissens den Nachmittag am Strand zu verbringen. Wenn sie es schon auf morgen verschob, Grannas Haus zu durchstöbern, dann musste sie wenigstens bei ihren Forschungen Fortschritte machen. Sie ließ ihren Flipflop von einer Zehe baumeln und wandte
sich in Gedanken der Tatsache zu, dass es in den Stadtarchiven offenbar keine einzige Deliverance gab.
    Vielleicht bedeutet das ja, dass Chilton sich täuscht. Vielleicht ist es kein Name. Vielleicht ist es etwas anderes. Aber was?
    Als es bei der Soap eine Werbeunterbrechung gab, schälte sich das Mädchen aus seinem Stuhl und schlenderte zum Tresen. »Wie viele Rocky Road wollten Sie noch mal?«, fragte sie.
    »Drei Kugeln«, sagte Connie. Und fügte dann hinzu: »In einem Waffelhörnchen.« Das Leben ist kurz, dachte sie. Man gönnte sich ja sonst nichts.
    »Von mir aus«, sagte das Mädchen, um klarzustellen, dass sie Connie einen Gefallen tat. Connie schaute ihr dabei zu, wie sie die Eiskugeln aus den Plastikbehältern in der Kühlung herausholte. Die Sehnen an ihren gebräunten Armen spannten sich. Noch ein oder zwei Jahre, und ihr hübsches Gesicht würde etwas streng wirken, und die Falten um ihren Mund würden sich verhärten.
    »Ist das alles?«, fragte sie und reichte Connie das Eishörnchen.
    »Ach, da Sie gerade fragen«, sagte Connie und schob ihren Dollar über den Tresen. »Vielleicht könnten Sie mir noch sagen, wie ich zur First Church of Salem komme.«
    Das Mädchen schaute Connie teilnahmslos an und schob den Kaugummi in ihrem Mund auf die andere Seite. Sie kaute einmal. Zweimal.
    »Ist Mittwoch«, sagte das Mädchen.
    »Ja«, erwiderte Connie.
    Das Mädchen schaute sie noch einen Moment lang an und zuckte dann mit den Achseln. »Die vierzehnte runter«, sagte sie und zeigte mit dem Daumen. »Dann links in die Proctor.«
    »Danke«, sagte Connie. Das Mädchen hob die Augenbrauen
und nickte in Richtung der Kaffeedose mit der Aufschrift TRINKGELD, die auf dem Tresen stand. Connie stopfte einen Vierteldollar durch den Schlitz und ging hinaus in die gleißende Hitze des Tages.
     
    Etwa eine Stunde später stand Connie in der Tür des Bethauses, vorerst nicht in der Lage, in dem dunklen Raum mehr zu erkennen als die schattenhaften Reihen von Kirchenbänken. Dann schloss sich die Tür hinter ihr und sperrte den Sommertag aus. Kühle Luft, die nach Holz und Möbelpolitur roch, hüllte sie ein. Sie hatte an die Tür des Büros auf der anderen Straßenseite geklopft, sie jedoch verschlossen gefunden. Ein kurzer Blick durch den Briefschlitz hatte ihr ein aufgeräumtes, graues Büro gezeigt, in dem keinerlei Papiere herumlagen, sowie einige leere Stühle. Sie wartete, damit sich ihre Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen konnten. Langsam zeichneten sich die Umrisse von mehreren hohen Bogenfenstern an den Wänden ab, und allmählich traten auch die übrigen Konturen des Raumes in der schummrigen Dunkelheit zum Vorschein. Irgendwo war ein gelegentliches Rascheln und Knarzen zu hören, doch da die Geräusche durch den Halleffekt verstärkt waren, konnte sich Connie nicht sicher sein, woher sie kamen.
    »Hallo?«, rief sie, und ihre Stimme klang hohl in dem höhlenartigen Raum.
    »Ja?«, erwiderte jemand, und wieder war das Geräusch nicht genau zu orten. Connie spähte nach links und rechts, sah aber niemanden.
    »Tut mir leid, wenn ich einfach so hier eindringe«, begann sie, »aber ich suche nach dem Pfarrer.«
    »Ist auf Martha’s Vineyard«, rief die gedämpfte, körperlose Stimme. »Kommt nicht vor August zurück.«
    Eine unerwartete Entwicklung. Connie blieb stehen.
Das stellte die perfekte Gelegenheit dar, sich wirklich an den Strand zu stehlen. Doch dann spürte sie das Gewicht des Schlüssels in ihrer Tasche, dessen Umrisse sich in ihren Oberschenkel bohrten.
    »Na ja,

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