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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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selbst wenn das Buch zusammen mit mehreren anderen Werken
vererbt wurde, könnte ich es schaffen, seinen Werdegang innerhalb der Sammlung zurückzuverfolgen. Vielleicht habe ich dann ja Glück.«
    »Oh, mein Liebling, du brauchst doch kein staubiges, altes Buch, um Glück zu haben«, seufzte Grace.
    »Grace«, sagte Connie und ließ sich am Türstock des Esszimmers langsam nach unten gleiten, bis sie saß. »Mir ist es wichtig, es zu finden. Es könnte wirklich ein sensationeller Fund sein. Ich würde mir damit einen Namen machen. Warum fällt es dir bloß so schwer zu begreifen, dass mir das wichtig ist?«
    »Ich weiß, dass es dir wichtig ist, mein Liebling«, sagte Grace. »Ich will auch gar nicht herunterspielen, was du da tust. Ich mache mir bloß Sorgen – du steckst so viel Energie in das, was du Arbeit nennst, dass es dich immer weiter davon abbringt, dich selbst zu erkennen.«
    Connie holte tief Luft, rollte ihre Wut zu einem Ball unterhalb ihres Zwerchfells zusammen und atmete leise durch die Nase aus. Im Esszimmer hatte sich die Dunkelheit weiter ausgebreitet; sie verschluckte die Umrisse von Tisch und Stühlen und hatte sogar die Hängepflanzen ausradiert. Arlo kam von seinem Ruheplätzchen unter dem Tisch hervorgetapst und legte sich neben Connie auf den Boden, das Kinn in ihren Schoß gelegt.
    »Ich kenne mich selbst ziemlich gut«, sagte sie und versuchte, den Zorn aus ihrer Stimme abtropfen zu lassen.
    »Ich wollte dich nicht verärgern, mein Liebes«, beschwichtigte sie ihre Mutter. »Bleib mal kurz dran, ich stelle die hier nur schnell in den Ofen.«
    Connie hörte es klappern, als zwei Zeitzonen von ihr entfernt das Telefon auf einer gefliesten Arbeitsplatte abgelegt wurde. Ein Quietschen und Knirschen ließ darauf schließen, dass Grace die Herdklappe öffnete und ein Blech mit Samosas
hineinschob. Connie sah ihre Mutter vor sich, wie sie sich rasch die bemehlten Hände an ihrer Schürze abwischte – die, die Connie richtig blöd fand und auf der stand: OM IST DORT, WO DAS HERZ IST. Der Telefonhörer schlug gegen irgendetwas, dann ertönte erneut die Stimme ihrer Mutter durch die Leitung. Connie spürte, wie ihr Ärger ein wenig abebbte.
    »Alles, was ich sage«, meinte Grace, »ist, dass es nicht schaden könnte, wenn du dich ein bisschen mehr mit deinem Inneren beschäftigst und damit, was da drinnen vorgeht. Du bist ein besonderer, bemerkenswerter Mensch, Connie, ob du nun dieses Buch findest oder nicht. An diesem Punkt glaube ich einfach nicht, dass du es brauchst, das ist alles.«
    Connie spürte, wie ihre Oberlippe gefährlich ins Zucken geriet und salzige Tränen auf ihren Wangen brannten. Sie schluckte, streckte die Hand aus und packte sanft eins von Arlos Ohren. Einen Moment lang streichelte sie es, ohne etwas zu sagen.
    »Also«, meinte Grace, die so tat, als bemerke sie Connies Schweigen nicht. »Willst du mir immer noch nichts über den Jungen erzählen?«
    Connie holte tief Luft und lächelte, trotz der Träne, die langsam zu ihrem Mundwinkel kullerte.
    »Nein«, gelang es ihr zu sagen.
    »Na gut, ich nehme an, das kann warten.« Grace seufzte. »Aber früher oder später müssen wir drüber reden.«
    Connie rollte mit den Augen. »Okay, Mom«, sagte sie. Und legte auf.

ZEHN
    Marblehead, Massachusetts
Irgendwann um die Sommersonnenwende 1991
     
    H e, Streberlein!«, sagte eine Stimme, und die Worte schwebten in Groteskschrift über den Ebenen von Connies träumendem Denken. Sie wehten über das Bild von Grace – oder war es die Frau von dem Gemälde unten? – in einem Krankenhaushemd hinweg, die barfuß im Schnee stand. Die Frau in dem Traum streckte die Arme aus, machte den Mund auf, schrie, doch kein Ton kam heraus. Am Himmel über ihr standen Sonne und Mond gleichzeitig, und dann versank die Frau in einem Knäuel sich windender Schlangen, die sich vermehrten, über den Schnee ausbreiteten und langsam auf sie zukrochen. Connie zog im Schlaf finster die Brauen zusammen, ihre Glieder zuckten.
    »He! Streberlein!« Die Worte tauchten wieder auf, wurden zu einem sichtbaren Umriss, der sich unter dem vibrierenden Hämmern eines Menschen, der an die Eingangstür des Hauses klopfte, zwischen kleinen Regentropfen abzeichnete. Langsam löste sich der Traum in ein zerfasertes Gewirr aus Gedanken auf, während Connie nach oben in Richtung Bewusstsein gezogen wurde. Jetzt spürte sie das Bett, in dem sie lag, den Druck der Hundepfoten gegen ihren Nacken. Sie öffnete ein Auge.
    Das

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