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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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sie, dass Chilton sie über den Tisch hinweg schelmisch angrinste. In diesem Moment wusste sie, dass die Prüfung vorüber war. Sie war durch den Reifen gesprungen, und jetzt lag er hinter ihr. Natürlich würde sie hinausgehen müssen, um auf das offizielle Urteil zu warten. Aber wenigstens hatte sie eine Antwort geliefert. Jetzt gab es nichts mehr für sie zu tun. Sie fühlte sich hilflos, erschöpft. Was ihr an Farbe im Gesicht geblieben war, verblasste nun auch, und ihre Lippen wurden fast weiß.
    Die vier Professoren lieferten sich auf ihrer Seite des Konferenztisches einen kurzen Schlagabtausch der Blicke, bevor sie Connie erneut ihre Aufmerksamkeit zuwandten.
    »Sehr gut«, sagte Professor Chilton. »Wenn Sie nun bitte einen Moment nach draußen gehen würden, Miss Goodwin, dann werden wir Ihr Abschneiden diskutieren. Gehen Sie nicht zu weit weg.«
    Connie zog sich aus dem Prüfungszimmer zurück und begann ein Stück weit durch die dunklen Gänge des Fakultätsgebäudes zu gehen. Ihre Schritte hallten auf dem Marmorboden wider. Schließlich nahm sie auf einem lavendelfarbenen Sofa im Hauptempfangsbereich Platz und genoss die angenehme Stille, die hier herrschte. Sie ließ sich in die Polster sinken und zwirbelte das Ende ihres Zopfes wie die Spitzen eines Schnurrbarts.
    Aus dem Inneren des Konferenzsaals, der einige Türen
entfernt lag, hörte sie Stimmengemurmel, das jedoch zu gedämpft war, um etwas verstehen zu können. Sie schnipste mit den Daumennägeln und wartete.
    Die frühe Abendsonne fiel schräg über den Boden und ergoss ihre Wärme in Connies Schoß. Auf der anderen Seite des Raumes erhaschte sie einen Moment lang eine Bewegung – eine kleine Maus, die hinter einer schlaffen Topfpflanze in der Dunkelheit verschwand. Connie lächelte erschöpft und dachte an all die unsichtbaren Generationen von kleinen Warmblütern, die irgendwo hier in den Mauern der Historischen Fakultät ihr Leben fristeten und sich über nichts Konkreteres Sorgen zu machen brauchten als die Suche nach verstreuten Kekskrümeln oder die Tritte von achtlosen Füßen. Fast beneidete sie sie um ein solch einfaches und geradliniges Leben. Stille legte sich über den Wartebereich, und Connie hörte nur noch ihr eigenes, flaches Atmen.
    Irgendwann ging die Tür auf.
    »Connie? Wir sind jetzt bereit für Sie.« Das war Professorin Silva. Connie setzte sich auf. Für den Bruchteil einer Sekunde blickte sie der Gewissheit ins Auge, dass das Examen komplett in die Hose gegangen und sie durchgefallen war und die Uni verlassen musste. Doch dann sah Connie, wie sich auf Janines freundlichem Gesicht ein frohes Grinsen ausbreitete. Sie schlang einen Arm um Connies Taille und flüsterte: »Das feiern wir nachher bei Abner’s!« Und sie wusste, dass wirklich bald alles vorüber sein würde.
    Connie nahm erneut ihren Platz im Prüfungszimmer ein. Der einzelne Sonnenstrahl war jetzt flacher und beleuchtete nur noch die vier Paar gefalteten Hände, die den Tisch umringten.
    Sie setzte eine Miene größtmöglicher beruflicher Abgebrühtheit und Distanziertheit auf. Keiner will was von einer
Akademikerin wissen, die emotional reagiert, rief sie sich ins Gedächtnis.
    »Nach reiflicher Überlegung und Abwägung«, begann Professor Chilton mit ernster Miene, »würden wir Ihnen gerne zu der beeindruckendsten Leistung in einer qualifizierenden Abschlussprüfung gratulieren, die wir seit geraumer Zeit erlebt haben. Ihre Antworten waren vollständig, wohl durchdacht und ausgezeichnet formuliert, weshalb in unseren Augen Ihre herausragende Qualifikation für eine Anwartschaft auf den Doktortitel außer Frage steht. Sie sind mehr als bereit dafür, Ihre Doktorarbeit zu verfassen.«
    Er machte einen Herzschlag lang Pause, während Connie das auf sich wirken ließ, was er gesagt hatte, und es zuließ, dass sich das Urteil durch all ihre Sorgenschichten hindurch vorarbeitete.
    Ganz plötzlich hatte sie das Gefühl, der Atem entweiche aus ihrer Lunge wie ein aufgeregtes Zischen, und sie krallte die Finger fest um die Armlehne ihres Stuhls, um sich ihre spürbare überschäumende Freude nicht allzu sehr anmerken zu lassen. »Wirklich?«, fragte sie laut und schaute unwillkürlich in die Runde.
    »Natürlich!«, piepste Professorin Silva und unterbrach damit Professor Smith, der angehoben hatte zu sagen: »Wirklich ausgezeichnete Arbeit, Connie.«
    »Überaus kompetent«, fügte Professor Beaumont noch hinzu, und Connie lächelte insgeheim vor sich hin. Thomas

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