Das Hexenbuch von Salem
hatten, bis zum Hals zugeknöpft in Anzügen aus Wollstoff, wie sie geziert mit Pfeifen hantierten oder beim Bridgespiel die Karten klopften. Einige dieser Jungen hatten ihre Kammerdiener mit aufs College
gebracht, und Connie fragte sich, welches Zimmer wohl für die Dienstboten gewesen war: ihres oder das von Liz.
Während sie allein die Mount Auburn Street entlangging, nach einem besäuselten Abend im Abner’s, wo sie gefeiert hatte, kam sie zu einem Entschluss: Es war ihr Zimmer gewesen. Es hatte das kleinere Fenster.
Der Glockenturm des Campus schlug eins in der Ferne, und Connies müde Hand fiel auf den Messingtürknauf des Wohnheimapartments. An der weißen Tafel, die an die Eingangstür genagelt war, hing eine gekritzelte Nachricht von den beiden Chemiestudenten vom selben Flur, die ihr für die Abschlussprüfung Glück wünschten; dekoriert waren die guten Wünsche mit einer Cartoon-Version von ihr mit einer gewaltigen, brennenden Glühbirne über dem Kopf. Connie seufzte und lächelte.
Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so unzweideutig zufrieden mit sich selbst gewesen war. Vielleicht damals, als sie ihre Abschlussprüfung in Mount Holyoke gemacht hatte; auch das war ein ziemlich befriedigender Tag gewesen. Dabei hatte sie damals gar nicht gewusst, dass sie mit »magna cum laude« abgeschlossen hatte, bis sie ihren Namen auf dem Schwarzen Brett las. Und dann vielleicht noch einmal, als man sie ein Jahr später für den Graduiertenstudiengang in Harvard angenommen hatte. Seither jedoch nicht mehr. Zum ersten Mal, seit sie mit ihrem Doktorandenprogramm begonnen hatte, fühlte sich Connie wirklich sicher. Bestätigt.
Sie steckte den Schlüssel ins Loch und drehte ihn leise um, weil sie die schlafende Liz nicht stören wollte, die etwa vor einer Stunde nach Hause gewankt war. Während sie durch die Tür schlüpfte und in den getäfelten Flur trat, kamen vier Pfoten auf sie zugetapst und scharrten aufgeregt zu ihren Füßen.
»Hi, Arlo«, flüsterte sie und bückte sich, um das wuselnde Fellknäuel hochzuheben. Etwas fuhr ihr warm und feucht über die Wange. »Na, mein kleiner Stinker«, murmelte sie. Connie kraulte den Hund hinter den Ohren und setzte ihn sich dann auf die Hüfte. Auf Zehenspitzen ging sie mit ihm zu der Küchenzeile, die neben dem Arbeitszimmer lag, und tastete nach dem Lichtschalter.
Es flackerte, dann erfüllte eine Leuchtstoffröhre den Raum mit summendem, grellem Licht, und Connie kniff schmerzerfüllt die Augen zusammen. Sie setzte den Hund auf dem Boden ab, lehnte sich an die Arbeitsfläche neben der Spüle und schaute auf das kleine Tier hinunter. Wieder einmal konnte sie sich nicht recht entscheiden, welcher Rasse sie den Kleinen genau zuordnen würde; an manchen Tagen sah er mehr aus wie ein Bluthund, mit Schlappohren und dunklen, feuchten Augen, aber an anderen Tagen beschloss sie, dass es sich doch um einen Terrier handeln musste, einen von der Sorte, die in einen Dachsbau passen. Sein Fell war von undefinierbarer, etwas schmuddeliger Farbe, etwa zwischen Schlamm und Laub, was jedoch je nach Lichteinfall und Jahreszeit variieren konnte.
»Na, und was hast du heute so gemacht?«, fragte sie ihn und schloss ihn kurz in die Arme.
Er wackelte zweimal mit dem Schwanz.
»Ach, wirklich?«, fragte Connie. »Und was noch?«
Der Hund setzte sich.
»Hat offenbar Spaß gemacht.« Sie seufzte, drehte sich um und setzte den Teekessel auf.
Vor Arlo hatte sich Connie nie besonders für Tiere interessiert. Sie hatte sie immer wie einen lästigen Klotz am Bein empfunden, und allein der Gedanke, sich ein Haustier zuzulegen, rührte an eine tief sitzende Angst in ihr. Wenn sie sich damals auf dem College Sorgen um ihr Studium machte,
was oft der Fall war, waren ihre Träume zunehmend von völlig identischen, sich immer weiter vermehrenden Tieren bevölkert gewesen, von Schlangen und Mäusen oder Vögeln, die alle nach Futter verlangten, das ihnen zu geben sie nicht in der Lage war. Lange Zeit hatte sie diese Träume als Ausdruck ihrer Probleme beim Studium, den vielen Terminen und der großen Verantwortung betrachtet, dennoch hatte sie beschlossen, sich ihre Botschaft zu Herzen zu nehmen. Während die anderen Frauen in ihrem Schlafsaal eine Katze nach der anderen mit nach Hause geschleppt hatten, hielt sich Connie von jeglichem Getier fern.
Einige Wochen nach Beginn ihres ersten Semesters in Harvard jedoch war sie eines Abends nach einer späten Vorlesung aus dem
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