Das Hexenkloster
kannst, wenn sie kommt.«
»Befreie mich lieber von den Fesseln.«
Steel schüttelte den Kopf. »Nein, das wird Assunga besorgen, wenn sie dich besucht. Du gehörst jetzt zu ihr. Ich habe nur meine Pflicht getan. Wir sehen uns später wieder. Jetzt muss ich hoch, um mich um das normale Geschäft zu kümmern.« Ein hartes Lachen schickte sie Kelly Turner zum Abschied. Danach drehte sie sich um und ging mit schnellen Schritten in die Dunkelheit.
Kelly Turner blieb zurück. Sie sagte kein Wort. Nur ein heftiges Atmen wehte aus ihrem Mund, und sie schaute zu, wie der Atem vor ihren Lippen kondensierte.
Seit ihrer Gefangennahme hatte sich Kelly so schrecklich allein gefühlt. Jetzt noch mehr, denn man hatte ihr klar gemacht, dass es keinen Ausweg gab.
Sie hörte wieder das Geräusch, als die Tür geschlossen wurde. Danach wurde es still, so schrecklich still. Kelly empfand diese Stille als Belastung. Sie konnte sich nicht wehren, sie war und blieb eine Gefangene, und es würde für sie noch schlimmer werden, wenn diese Assunga erschien.
Kelly glaubte fest daran, dass es diese Hexe gab. Dabei wunderte sie sich über sich selbst, dass man sie so schnell hatte in ihrem Glauben umdrehen können.
Noch vor wenigen Tagen wäre ihr nie in den Kopf gekommen, dass Hexen in Wirklichkeit existierten. Sie hatte so etwas in den Bereich der Märchen verbannt. Nun musste sie einsehen, dass sie sich geirrt hatte, und das war schlimm genug.
Hexen!
Wie musste man sie sich vorstellen? Durch ihren Kopf zuckten noch die Bilder des Kinderglaubens. Da waren es alte Weiber gewesen mit buckligen, krummen Rücken, mit hässlichen Gesichtern und mit Warzen auf den Wangen oder der Stirn. Hexen hatten fettige graue Haare und waren in Lumpen gekleidet.
Manche ritten auf Besenstielen durch die Luft und hatten einen Heidenspaß, die Menschen zu erschrecken.
Sie jagten wie vom Wind getrieben zum Teufel, um mit ihm die abstoßendsten Orgien zu feiern, die man sich vorstellen konnte. Menschen mit viel Fantasie hatten diese Bilder aus ihren Köpfen nicht herausbekommen und sie gemalt. Genau diese Gemälde hatten sich bis in die Gegenwart gehalten. Oft genug sah man sie in Büchern oder in spätmittelalterlichen Ausstellungen.
Erinnerungen an dies alles huschten ihr durch den Kopf, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass so etwas wahr werden würde. All dies war aus der Angst der Menschen entstanden, die in einer anderen Zeit gelebt hatten.
Sollte das alles bei ihr wahr werden? Oder vielleicht Teile davon? Oder würde alles ganz anders aussehen?
Kelly Turner wusste keine Antwort auf ihre Fragen. Sie wollte sich auch nicht länger damit belasten und zunächst alles auf sich zukommen lassen.
Erst dann würde sie mehr wissen. Aber was half ihr das? Sie konnte nichts tun.
Der Pfahl war fest im Boden verankert. Da konnte sie noch so viel rütteln und zerren, sie bekam ihn nicht frei. Hinzu kam die Fesselung. Es waren keine dünnen Stricke, die in ihr Fleisch schnitten, aber die dickeren hatten auch die Haut aufgerieben, und wenn sie ihre Hände bewegte, spürte sie schon das Brennen an den Gelenken.
Es gab keine Chance zur Flucht. Zunächst hatte sie noch auf ihren Mann vertraut. Auch wenn er es tatsächlich schaffte, den Weg zum Kloster zu finden, hatte er noch immer nicht gewonnen. Kelly konnte sich schwer vorstellen, dass es ihm gelang, gegen diese gefährlichen Frauen anzukommen. Das fiel alles ins Wasser.
Noch war es still, und sie dachte darüber nach, was geschehen wurde, wenn diese Assunga plötzlich auftauchte. Wie würde sie sich melden. Von wo würde sie erscheinen?
Von vorne hörte sie nichts, auch hinter ihr blieb es still, aber es gab eine Veränderung. Die war nicht zu hören, dafür zu sehen, wenn auch nur aus den Augenwinkeln.
Licht!
Ja, es handelte sich um Licht, das sich auf dem Boden ausbreitete. Es war ein Schein, von dem Kelly nicht wusste, woher er stammte. Sie nahm ihn zunächst auch als normal hin, aber das stimmte nicht. Dieses Licht besaß nicht die übliche Farbe, sondern war mehr ein grünes Schimmern.
Kelly hielt den Atem an!
Ihr Herz klopfte stark. Jeden einzelnen Schlag erlebte sie. Das Echo war in ihrem Kopf zu hören, und bei jedem Klopfen hatte sie das Gefühl, einen leichten Schmerz zu verspüren.
Das grüne Licht war da, und es blieb auch. Die Quelle lag in ihrem Rücken, aber ob es von einer Lampe stammte oder von einem seltsamen Feuer, das erkannte Kelly nicht.
Wahrscheinlich
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