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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Unvermittelt lag ein kleiner Flakon in ihrer Hand. Emilia brauchte
nicht zu fragen, was es mit der milchigen Flüssigkeit auf sich hatte. Nur zu
gut erinnerte sie sich an deren fatale Wirkung auf ihre Sinne. „Ich denke zwar
kaum, dass ich das brauchen werde“, erwiderte sie schnippisch, „aber ihn
mitzunehmen kann jedenfalls auch nicht schaden.“ Sie nahm den Flakon mit
spitzen Fingern und stellte ihn auf ihrem Nachttisch ab. Ihre Wangen glühten.
Mehr noch als Filomenas Worte hatte ihr der Anblick des Flakons die Bilder
ihrer leidenschaftlichen Hochzeitsnacht mit dem Herzog zurückgebracht. So sehr
sie die Nacht aus ihrem Verstand zu verdrängen suchte und sie rein auf die
Wirkung des Aphrodisiakums schob, so sehr sehnte sie sich im Geheimen nach
einer Wiederholung. Ihr verräterischer Körper führte vor allem nachts ein
Eigenleben, das sich nur zu gerne dem Drängen des Herzogs unterwerfen würde.
Inzwischen hatte sie entdeckt, dass sie sich auch selbst Linderung verschaffen
konnte. Sie stellte sich dabei Francesco vor und tat unaussprechliche Dinge mit
ihm…
    Filomena betrachtete
Emilia nun ihrerseits und zog die richtigen Schlüsse. „Ich weiß, für dich ist es
schwer zu verstehen, da du bisher kaum Erfahrung in Liebesdingen sammeln
konntest. Carlo war dein erster Mann. Aber nicht nur der Mann ist körperlichen
Begierden unterworfen, auch die Frau. Das Herz kann dabei völlig unbeteiligt
bleiben. Ich habe die Reaktionen der Männer bei deiner Hochzeit beobachtet. Es
ist nicht allein deine Schönheit, die sie anspricht. Instinktiv fühlen sie,
dass du für die Liebe geschaffen bist. Du verbreitest Sinnlichkeit wie ein offener
Parfümflakon seinen Duft. Daran ist absolut nichts Verwerfliches und du musst
dich deshalb nicht schämen. Sieh es als ein Geschenk an, als ein Genuss, den
sich Mann und Frau gegenseitig spenden können.“
    Etwas
Ähnliches hatte schon einmal jemand zu ihr gesagt: Ferrantes alte Mutter! Wie
hatte noch einmal ihre Formulierung gelautet? Sie wäre für den Altar der
Liebe geschaffen.
    Filomena
fuhr fort: „Weißt du, du hast dich kaum verändert, seit ich dich kenne und doch
bist du anders. Du bist dir jetzt deiner eigenen Stärken mehr bewusst.
Erinnerst du noch an unsere erste Begegnung? Du sahst so komisch aus mit deinen
Haaren, struppig wie ein Vogelnest, und du hattest dir diese goldfarbene
Gardine übergestülpt. Ich musste einfach lachen. Du wurdest wütend und warst
gerade in deiner Wut unbeschreiblich schön. Nutze deine Macht über die Männer,
Emilia. Ich behaupte ja nicht, dass du dich gleich jedermann hingeben sollst.
Es genügt das unausgesprochene Versprechen.“
    „Ein unausgesprochenes
Versprechen? Rätst du mir gerade zur mittelalterlichen Minne? Das Ideal eines
unerreichbaren Idols?“
    „So ähnlich.
Du musst den Mann hoffen lassen, dass er deine Gunst vielleicht erringen kann.
Ein verheißungsvoller Blick, eine zarte Geste zur rechten Zeit genügen. Du
besitzt viel natürlichen Instinkt. Nutze ihn!“
    „So wie du
es sagst, hört es sich furchtbar leicht an. Wie eine mathematische Gleichung,
die zwischen Mann und Frau aufgeht. Verzeih, aber ich kann mir einfach nicht
vorstellen, dass es wirklich so simpel sein soll, den Mann nach den eigenen
Vorstellungen zu dirigieren.“ Emilia dachte dabei an Francesco Colonna, der
ihren Reizen gegenüber immun geblieben war.
    „Aber
natürlich ist es so simpel. Bei einem Mann läuft alles auf Begierde hinaus.
Meist schützt ihn nicht einmal das Alter davor.“
    „Wie es
scheint, habe ich heute Nacht nicht nur Unterricht in französischer Geschichte
erhalten. Gibt es eigentlich etwas, worüber du nicht Bescheid weißt?“
    „Sicher.
Aber ich lerne ständig weiter. Mein Verstand muss beschäftigt sein, sonst
langweile ich mich und komme auf dumme Gedanken.“
    „Wie etwa,
deiner Mutter hinterher zu spionieren?“
    „Zum
Beispiel. Und da wäre Ta-Seti…“, sagte sie träumerisch.
    „Ta-Seti?
Was soll das sein? Eine exotische Sprache, die du ebenfalls beherrschst?“
    „Wohl kaum.
Ta-Seti ist ein Männername. Er gehört Mutters nubischer Garde an.“
    „Was hast du
mit einem ihrer Leopardenkopf-Männer zu schaffen?“, fragte Emilia
verständnislos.
    „Oh, das ist
einfach. Ta-Seti teilt gerne die dummen Gedanken mit mir ...“ Filomena grinste
frivol und Emilia begriff sofort. „Wie? Du schläfst mit ihm? Aber er ist
schwarz!“
    „Na und? Er
ist ein Mensch, oder? Er riecht göttlich, wenn wir miteinander

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