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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Reise
doch sicher ergeben mussten und genehmigte sich einen Freudensprung. Und wie
sie den unverhohlenen Missmut ihrer Schwiegermutter genoss! Ohne Frage trug
Beatrice schwer an der Lektion, dass es höhere Mächte gab, denen selbst sie
sich beugen musste.
    Emilia
spürte eine Bewegung hinter sich und fuhr herum. Ihre Schwiegermutter stand
nochmals in der Tür. Beatrice wäre nicht Beatrice gewesen, wenn sie nicht noch
einen Pfeil im Köcher gehabt hatte. Sie zog ihn und legte an: „Vergesst nicht, Eurem
Vater und Bruder zu schreiben, dass Ihr im Spätsommer nicht hier sein werdet,
um sie zu sehen.“ Getroffen…
    Emilias
Zofen Rosa und Margherita betraten ihr Zimmer. Aufgeregt schnatternd machten
sie sich daran, Emilias Garderobe zusammenzustellen. Besonders Rosa konnte ihr
Glück kaum fassen, die junge Herzogin auf ihrer Reise begleiten zu dürfen. Am
Abend konnte Emilia keinen Schlaf finden. Sie dachte unentwegt an die
Möglichkeiten, die sich durch ihre Reise auftaten. Bis nach Paris waren es im
besten Fall drei Wochen Fahrt mit der Kutsche, eher mehr. Da musste sich doch
eine Chance für eine Flucht ergeben, oder? Plötzlich hörte sie, wie sich ihre
Tür öffnete und jemand flink hereinschlüpfte.
    „Filomena,
bist du das?“, flüsterte Emilia. Sie hatte mit ihrem Erscheinen schon
gerechnet.
    „Ja.“
    „Warte, ich
mache Licht.“
    Filomena
warf ein Bündel Papiere auf ihr Bett.
    „Was hast du
da?“
    „Einige
Abhandlungen über französische Geschichte sowie die herrschende Etikette am
Königshof in Versailles. Wenn du schon den König treffen sollst, solltest du
vorher einiges über ihn und seine Hofhaltung wissen.“
    „Du bist
einfach genial, Filomena!“, freute sich Emilia.
    „Ich weiß…“,
erwiderte sie absolut unbescheiden. „Aber bevor wir mit dem Unterricht
beginnen, muss ich dir erst noch zeigen, wie man sich dort bewegt. Die Damen
gleiten ...“
    „Wie bitte?“
Emilia reagierte aufrichtig verblüfft.
    „Ja, in
Versailles geht man nicht, man gleitet.“ Filomena führte es ihr vor.
    „Ach herrje?“
Emilia schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Das werde ich niemals lernen.
Woher kannst du das überhaupt?"
    „Ich durfte
Mutter als Kind einmal nach Versailles begleiten. Ich war neun. Damals habe ich
auch die Marquise de Pompadour kennengelernt. Sie hat es mir beigebracht. Es
ging ihr damals schon nicht mehr sehr gut. Sie litt an einem schwachen Herzen
und kam schnell außer Atem. Sie war ein äußerst geistreicher Mensch und trotz
ihrer Krankheit sehr lebhaft. Sie hat mir oft vorgesungen, sie konnte wirklich
sehr hübsch singen. Vor allem aber war sie eine warmherzige Person und voller
Güte. Ich mochte sie sehr gern. Sie war anders als die meisten Menschen in
Versailles. Darum liebte der König sie und vertraute ihr. Ich glaube, Liebe mag
vielleicht der Schlüssel zu einem Herzen sein, aber Vertrauen ist das Schloss,
das es hält.“
    „Aber wenn
sie so eine gute Person war, wie konnte sie dann mit deiner Mutter befreundet
sein?“, wandte Emilia ein.
    „Weil auch
gemeinsame Interessen ein enges Band schmieden können. Beide mochten die
Jesuiten nicht. Mutter aus den genannten Gründen, der Marquise mischten sie
sich, wie auch der gesamte Klerus, zu oft in die Politik des Königs ein und
opponierten gegen ihn. Da sie den König liebte, wollte die Marquise aus ihm den
größten König machen, den Frankreich je gesehen hatte. Ein starkes Italien an
Frankreichs Seite, sowie die schier unerschöpfliche Geldquelle, die der ewig
hungrigen französischen Staatskasse durch meine Mutter zufloss, taten ihr Übriges.
Außerdem fühlt sich das Gute oft zum Bösen und der damit verbundenen Gefahr
hingezogen. Das Gute kann einem fad werden, so dass man sich unbewusst der
Herausforderung des Bösen stellen mag.“
    „Wirklich“,
Emilia schüttelte einigermaßen beeindruckt den Kopf. „Wie alt bist du? Du sonderst
Weisheiten ab, wie ein Strauß griechischer Philosophen.“
    „Ja, Mutter
sagt auch immer, dass ich zu viel lese. Jetzt komm, gleiten wir!“
    Entgegen
Emilias Befürchtung lernte sie es sehr schnell. Filomena brachte ihr gleich noch
die wichtigsten französischen Hoftänze bei. „Du bewegst dich sehr gut, Emilia
und verinnerlichst die Kombinationen der Figuren ziemlich rasch. Du könntest tatsächlich
Tänzerin beim Ballett werden“, lobte sie ihre Freundin und bekannte: „Ich habe viel
länger dazu gebraucht. Immerhin, was Grazie und Allure betrifft, wirst du dich
am

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