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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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seufzte erneut und versank kurz in eigenen,
fernen Erinnerungen. Emilia traf es wie ein Blitz. Sie sah in die Augen Ludwigs
und erkannte darin, dass der König einsam war. Ob er gerade jener Frau
gedachte, die beinahe zwanzig Jahre an seiner Seite gewesen war? Filomenas
Worte fielen ihr ein, dass der König seine Madame Pompadour wahrhaftig geliebt
hatte.
    Plötzlich,
ohne Vorwarnung packte dieser Emilia um die Taille, warf sie nach hinten und
küsste sie stürmisch. Seine Lippen glitten dabei über ihren Hals, ihre Wange,
ihren Mund. Emilia war zu verblüfft, um an Gegenwehr zu denken. Die Hände des
Königs nestelten an ihrem Ausschnitt, legten eine Brust frei und sie hörte ihn
so etwas wie „köstliche Liebesäpfel“ murmeln. Dann ließ er sie ebenso abrupt
los. Schwer atmend richtete er sich auf. Seine ausdrucksvollen Augen suchten
die ihren. „Verzeiht Eurem alten König. Ich weiß nicht, was eben in mich
gefahren ist. Eure Schönheit hat mich für einen Augenblick geradezu
überwältigt.“ Er erhob sich und reichte ihr seine Hand. „Kommt, meine Liebe“, sagte
er. „Mein Kammerdiener wird Euch in ein Boudoir geleiten, wo Ihr Eure Kleider
in Ordnung bringen könnt. Ihr seid selbstverständlich heute Nacht mein Gast in
Versailles. Le Bel wird Euch ein eigenes Appartement zuweisen. Das ist doch in
Eurem Sinne, meine ich?“ Fragend, mit hochgezogenen Augenbrauen, sah der König
sie an. Emilia schlug zum Zeichen ihres Einverständnisses züchtig die Augen
nieder. Innerlich jubelte sie. Eine weitere Nacht gegen ihren Gemahl
gewonnen!
    Der König
ließ sich seine Befriedigung ebenfalls nicht anmerken, als er erneut das Wort
ergriff: „Leider ruft mich die Pflicht. Aber ich verspreche Euch, dass wir
unser charmantes Gespräch in Bälde fortsetzen werden.“ Er tätschelte
vertraulich ihre Wange und sein Blick ruhte gefällig auf Emilias Dekolleté.
Ludwig zog an einer Kordel, Le Bel erschien sofort und Emilia war entlassen. Le
Bel führte sie durch eine zweite, kunstvoll in die Tapisserien eingebaute Tür
hinaus. Sie betraten einen schmalen Flur hinter dem Kabinett des Königs. Der Kammerdiener
öffnete eine der nächstgelegenen Türen: „Wenn Madame soweit ist, so läute sie.
Ich werde sie dann zu ihrem Gemahl zurückgeleiten.“ Emilia besah sich die
Örtlichkeit. Der kleine, intime Raum ließ nichts an Utensilien missen, auf die
eine Frau nach einem Schäferstündchen angewiesen sein könnte: Ein Wasserbecken
stand bereit sowie verschiedenste Tiegel und Töpfe mit edlen Cremes und Düften,
dazu eine Auswahl hauchzarter Negligés. Sogar eine römische Bank war vorhanden,
auf der man sich eine Weile von den Liebesdingen ausruhen konnte.
    Emilia
musterte sich im Spiegel. Sie bemerkte, dass sie einen ihrer Rubinohrringe
verloren hatte, vermutlich durch die jähe Attacke des Königs. Ihre Frisur hatte
sich ebenfalls gelöst und ihr Diadem hielt sich geradeso über ihrem linken Ohr.
Le Bel konnte all dies nicht entgangen sein, trotzdem hatte seine Miene nicht
die leiseste Regung offenbart. Er muss einiges von seinem König gewohnt
sein, schoss es Emilia durch den Kopf. Während sie ihr Dekolleté in Ordnung
brachte und die vom König gelösten Schleifen ihres Ausschnitts neu band,
vernahm sie ein leises Kratzen an der Tür. Nanu , dachte sie, da sie noch
nicht nach Le Bel geläutet hatte.
    „Ich bin
noch nicht fertig“, rief sie undeutlich, da sie eine der diamantenen Haarnadeln
im Mund hatte. Eine leise Stimme wisperte zurück. „Ich bin es, Giacomo
Casanova. Lasst mich herein!“ Verblüfft öffnete ihm Emilia die Tür. „Wo kommt
Ihr auf einmal her? Und wie seht Ihr aus?“, als sie seine arg gerupfte Kleidung
sah.

„Ich musste
leider über den Sims gehen“, erklärte er mit einem schiefen Lächeln.
    „Ihr seid
die Fassade emporgeklettert?“, reagierte Emilia fassungslos.
    „Ihr wisst
doch, was man von einem Venezianer sagt: Kein Sims ist ihm zu hoch, um zu
seiner Liebsten zu gelangen!“
    „Aber ich
bin nicht Eure Liebste!“, meinte Emilia und schlug ihm spielerisch mit dem
Fächer auf den Arm.
    „So lasst
mich wenigstens davon träumen. Aber die Zeit drängt. Ich habe verstanden, dass
Ihr meine Hilfe benötigt. Wie kann ich Euch zu Diensten sein?“, kam er sofort
auf den Punkt.
    „Ihr ahnt es
sicher schon. Meine Schwiegermutter ist ein sadistisches Monstrum und mein
Ehemann ist mir zuwider. Ich will ihn verlassen. Könnt Ihr mir bei meiner Flucht
helfen wie auch ein sicheres Versteck in

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