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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Sorgen
um das Schicksal des Venezianers. Er gehörte zu dem Schlag Menschen, der wie
eine Katze immer wieder auf die eigenen Füße fällt. Vermutlich hatte er auch
genauso viele Leben.
    Keine
Sekunde lang war Emilia versucht, sich in ihr Schicksal zu fügen. Im Gegenteil.
Carlos Drohgebärde forderte sie heraus. Eine Dynastie mit ihm gründen? Ha, was
dachte er sich? Immerhin waren seine Worte aufschlussreich gewesen und hatten
sie dem Rätsel seiner Persönlichkeit ein wenig näher gebracht. Der Herzog
schien vollkommen durchdrungen von seiner Bestimmung eines Tages König zu sein,
ähnlich der Raison d`être, dem Credo vom gottgegebenen Königtum der Bourbonen.
Wie könnte ihr neuer Plan aussehen? Sollte sie sich trotz Carlos Warnung direkt
an den König wenden? Wenn sie ihm Liebe vorgaukelte, so würde sie über kurz
oder lang auch das Bett mit ihm teilen müssen. Kein sehr verlockender Gedanke. Aber
würde der König, sofern er für sie entbrannte, sie dann überhaupt ziehen
lassen? Würde sie nicht vielmehr riskieren, den einen goldenen Käfig gegen den
anderen einzutauschen, eine Abhängigkeit gegen die nächste? Je mehr sie darüber
nachsann, umso eher neigte sie dazu, von der Hilfe des Königs Abstand zu
nehmen. Wen aber konnte sie sonst für ihre Sache gewinnen? Ohne Verbündete war
die Möglichkeit einer Flucht in noch weitere Ferne gerückt als in Sulmona. Sie
befand sich in Paris, fast tausend Meilen von ihrem Bruder und Francesco
entfernt. Merkwürdig, schoss es ihr durch den Kopf, je mehr räumliche Distanz
sich zwischen ihr und Francesco auftat, umso näher fühlte sie sich ihm in ihrem
Herzen. Als würden die Gefühle für ihn mit jedem Meter, den sie sich von ihm entfernte,
weiter wachsen. Oh, wie sie sich nach ihm sehnte, seine schöne dunkle Stimme,
die ernsten grünen Augen, aus denen sie so gerne die Traurigkeit fortküssen
würde. Doch sie durfte sich jetzt nicht durch den Gedanken an ihn ablenken
lassen. Immerhin hatte es sie auf eine Idee gebracht. Sie läutete. Sowohl
Odette als auch Rosa drängten sofort in ihr Gemach. Sie mussten sich unmittelbar
hinter der Tür bereitgehalten haben.
    „Rosa“ bat
sie. „Lass mich mit Odette einen Augenblick allein.“ Als sie den waidwunden
Blick der alten Zofe sah, fügte sie hinzu: „Geh hinunter und lass heißes Wasser
heraufbringen. Ich wünsche, ein Bad zu nehmen.“ Tatsächlich fühlte sich ihr
gesamter Körper nach dieser langen Nacht zerschunden an. Ein Bad würde ihr
sicherlich gut tun. Inzwischen mochte sie den Luxus eines heißen Bades nicht
mehr missen, das ihren Leib und Geist gleichermaßen entspannte.
    Odette hatte
sich sofort fleißig im Zimmer zu schaffen gemacht. Ihre Augen streifen dabei
verstohlen ein ums andere Mal ihre Herrin. Offenbar war das Mädchen auf eine
tüchtige Strafpredigt gefasst. Emilia ließ sie noch eine Weile in ihrem Saft
schmoren, dann meinte sie beiläufig: „Sag Odette, wie lange stehst du schon in
Diensten meines Gemahls?“
    Odette
stellte das Tablett mit dem Geschirr ab und knickste: „Fünf Jahre, Herrin.“
    „Wie alt
bist du?“
    „Bald
neunzehn, Herrin.“
    „Du bist
meinem Gemahl und diesem Graziano nicht zum ersten Mal zu Diensten gewesen,
nicht wahr?“
    Emilia sah, dass
sich Odettes Wangen endgültig purpurn färbten. „Es ist gut, du musst keine
Angst haben, Odette. Darüber will ich nicht mit dir sprechen. Aber mir sind die
Narben am Körper des Hauptmanns aufgefallen. Sag, woher stammen sie?“
    Odettes
Augen weiteten sich vor Schreck. Sie sah über ihre Schulter, als befürchtete
sie, besagten Hauptmann direkt hinter sich zu erblicken. Dann flüsterte beinahe
unhörbar: „Ich weiß es nicht, Herrin. Am Anfang habe ich es einmal gewagt, ihn
danach zu fragen und dafür hat er mich fast tot geprügelt. Aber es gibt ein
Gerücht, dass die Herzoginmutter dafür verantwortlich sein soll. Wenn sie da
ist, vergnügt sie sich mit ihm hinter verschlossenen Türen“, erklärte sie mit
verschwörerischer Miene.
    In diesem
Moment kehrte Rosa just zurück und verkündete gewichtig, dass das Bad der
Herzogin bereit wäre.
     
    Am späten Nachmittag des nächsten Tages trafen Emilia und ihr
Gemahl erneut in Versailles ein. Emilia hatte eine lange Nacht hinter sich.
Diesmal hatte der Herzog sie alleine aufgesucht und in seiner Leidenschaft
hatte er keine Müdigkeit gekannt. Emilia schmerzten einige delikate Stellen.
Dafür hatte sie den Herzog dazu überreden können, die Strecke wie er auf dem
Pferd

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