Das Hexenkreuz
für sich selbst herauszuschlagen. Doch die Einigung
ist lediglich Formsache. So lange genießen wir den Aufenthalt in Paris. Apropos
Geschäfte. Ich muss dich nun verlassen, Teuerste. Auf mich warten einige fette
Bankiers, die allesamt hoffen, dass mein Reichtum auch einige Krumen für sie
abwirft.“ Er küsste ihre Hand und stand auf. „Mach dir einen schönen Tag. Erkunde
Paris und schwelge in seinen Wundern. Paris bietet alles, was ein Frauenherz
begehrt. Dir stehen unbegrenzte Geldmittel zur Verfügung.“
Das hörte
jede Frau gerne, aber nicht Emilia. „Und Graziano?“
„Tut mir
leid, aber auf seine Dienste kann ich nicht verzichten.“ Der Herzog brachte
sein Gesicht ganz nahe an ihres und sagte leise: „Außer du schwörst mir auf das
Leben deines geliebten Zwillingsbruders, dass du keinen weiteren Fluchtversuch
unternehmen wirst.“
Als Antwort
hob Emilia ihr stolzes Kinn und sah ihn lediglich herausfordernd an.
„Das habe
ich mir gedacht. Fürchtest du keine Bestrafung? Ich bin dein Herr und habe jede
Verfügungsgewalt über dich.“ Er hatte eine Strähne ihres Haares aufgenommen und
um seinen Finger gewickelt.
„Was schwebt
Euch in dieser Sache vor, mein Herr ? Werdet Ihr Eurem Henkersknecht dann
befehlen, mir ein Auge zu nehmen, wie bei der armen Odette? Oder wollt Ihr mich
vor den gesammelten Dienstboten schänden, um mich zu demütigen? Oder mir gar
mit dem Tod drohen? Nur zu! Ich habe keine Angst vor dem Tod“, rief Emilia
stolz. „Er ist die letzte Freiheit. Ob König oder Bauer, ein jeder stirbt. Darüber
hinaus befreit er mich von Eurer Gegenwart!“
„Wie feurig
du bist! Aber du hältst mich für wenig einfallsreich. Ehrlich, ich wüsste
Schlimmeres mit dir anzustellen“, entgegnete der Herzog ruhig, während er an
ihrem Haar zog, gerade so, dass sie es spürte, ihr jedoch keinen Schmerz
zufügte.
„Schlimmeres
als den Tod? Erwägt Ihr etwa, mich zu foltern oder gar zu entstellen? Pfui
Teufel. Das zeigt, dass Ihr keinen Deut besser seid als Eure Mutter. Fürwahr,
Ihr seid ihr Sohn !“, Emilia spuckte die Worte voller Verachtung aus.
Der Herzog
ging nicht auf die Beleidigung ein. Lächelnd meinte er: „Der Zorn steht dir gut,
meine Herzogin. Kein Saphir könnte mit dem blauen Feuer deiner Augen
konkurrieren. Eine solche Schönheit zu zerstören wäre ein barbarischer Akt der
Ignoranz. Aber nein, es gibt da eine Sache, mit der ich dir drohen kann, nicht
wahr?“ Der Herzog legte eine kleine Pause ein, bevor er lässig ergänzte: „Indem
ich dich zu meiner Mutter zurückschickte ...“ Emilia hatte sich gut in der
Hand, doch der Herzog wusste auch so, dass er sie damit getroffen hatte. Er
ließ ihr Haar los. „Überleg es dir also gut. Solltest du versuchen, meine Pläne
auf wie auch immer geartete Weise zu durchkreuzen, sitzt du schneller in der
Kutsche nach Sulmona, als du dein Nachthemd schürzen kannst. Auch die Gunst des
Königs wird dich nicht davor bewahren. Du hast sicher ein Talent für die Liebe,
Teuerste, aber nicht das geringste für die Intrige. Darin werde ich dir stets einen
Schritt voraus sein. Denk also daran, wenn dein emsiges kleines Gehirn weitere
Pläne gegen mich aushecken sollte.“
„Ihr scheint
sehr stolz auf Euer Talent für Intrigen zu sein“, stichelte Emilia.
„Vor allem
verfüge ich über ein Talent zur Macht. Ich bin dazu bestimmt, eines Tages König
zu sein, vergiss das nicht. Und du, Emilia von Pescara, bist meine Gemahlin und
bleibst es auch. Gemeinsam werden wir eine neue Dynastie gründen. Je eher du
dich damit abfindest, umso besser. Falls du darauf hoffst, am Hof Verbündete zu
finden, dann vergiss nicht, dass ein jeder dort nur seinen eigenen Vorteil im
Sinn hat. Diese aalglatte Bande benimmt sich wie geifernde Haarlose, die sich
um einen Kamm streiten. Im Übrigen ist der König genesen. Für morgen Abend ist
am Hof ein Ballett angesetzt worden. Wir reisen morgen früh nach Versailles
ab.“ Er rollte sich aus dem Bett und wich dem Wurfgeschoss geschickt aus, das
Emilia ihm hinterhersandte. Das schwere Silber hinterließ eine Schramme an der
Tür. Carlos schallendes Gelächter klang lange in Emilias Ohren nach.
Nachdem er
gegangen war, pflegte Emilia noch eine Weile ihre Wut. Sie verwies sowohl Rosa
wie auch Odette der Tür. Sie musste unbedingt zuerst Ordnung in ihre Gedanken
bringen. Also gut, dachte sie, das erste Scharmützel hatte Carlo gewonnen.
Giacomo Casanova war aus dem Rennen. Sie machte sich nicht allzu große
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