Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
Vom Netzwerk:
Sattel befestigt hatte. Doch die beiden Pferde, die
etwaige Angreifer zuerst gewittert hätten, blieben ruhig. Eine kleine Rotte
Wildschweine blieben die einzigen Lebewesen, die bisher ihren Weg gekreuzt
hatten.
    Stunden
später, kurz vor dem ersten fahlen Tageslicht, meldete sich zum ersten Mal
Serafina zu Wort: „Wenn du nicht willst, dass ich gleich von meinem Pferd falle,
sollten wir eine Pause einlegen.“ Sie klang kläglich. Emilia hatte sie bisher
unermüdlich angetrieben, um möglichst viel Abstand zwischen sich und ihrem
Heimatort zu bringen. Nun zügelte sie den Araber. Serafina wertete dies als
Einverständnis. „Oh weh, warum habe ich mich nur auf dieses närrische Abenteuer
eingelassen“, jammerte sie, während sie vorsichtig von ihrem Pferd glitt. „Ich
hatte völlig vergessen, wie sehr ich das Reiten hasse.“ Sie rieb sich stöhnend
ihren verlängerten Rücken.
    „Das kommt
daher, weil du keine Übung darin hast. Nach ein paar Tagen wird es besser
werden“, versuchte Emilia ihre Freundin zu trösten. Sie selbst fühlte sich
frisch wie ein Fisch im Wasser. Das berauschende Gefühl ihrer neuen Freiheit
wirkte wie eine Droge auf sie.
    „Vielen Dank
auch! Du weißt wirklich, wie du mich aufmuntern kannst. Noch ein paar solcher
Nächte und ich falle tot vom Pferd!“, erwiderte Serafina verdrossen und wagte
einige tastende Schritte. Neidisch sah sie zu, wie Emilia scheinbar mühelos vom
Pferd sprang, die Gurte löste und den schweren roten Sattel auf ihre Schulter
wuchtete. Ohne es zu wissen, hatte Serafina die Stelle gut gewählt. Nicht weit von
ihnen plätscherte ein kleiner Gebirgsbach. Sie hielten darauf zu und ließen
sich an seinen Gestaden nieder.
    Das Wasser
des Baches war klar, aber eisig kalt. Irgendwo unterhalb des Gran Sasso nahm er
seinen Anfang. Das gesamte Bergmassiv war von einer Unzahl an Wasseradern
durchzogen, die mit dem beginnenden Frühjahr das Schmelzwasser der Gipfel hinab
ins Tal transportierten.
    Emilia hatte
inzwischen ihren Araber herangeführt, damit er seinen Durst löschen konnte.
Serafina folgte ihr mit Ambra nach. Danach ließen sie sich auf ihren Sätteln
nieder. Serafina beförderte einen länglichen Laib Weißbrot und eine dicke Kugel
Schafskäse, den sie in frischen Kräutern gewälzt hatte, aus ihrer Satteltasche.
Emilia lief bei diesem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Im Gegensatz zu ihr
hatte Serafina an Proviant gedacht. Serafina schnitt zwei tüchtige Scheiben ab,
teilte den Käse in zwei Hälften und reichte Emilia ihren Anteil. „Denkst du,
dass uns Piero verfolgen wird?“, fragte sie zwischen zwei Bissen.
    „Piero? Mit
Sicherheit. Aber ohne Pferd?“, grinste Emilia und biss herzhaft ein Stück aus
ihrem Käse. Sie kaute mit vollen Backen, dann ergänzte sie etwas undeutlich:
„Außerdem wird es etwas dauern, bis er feststellt, dass ihm sein Pferd abhanden
gekommen ist. Er hat bis spät in die Nacht gezecht und muss seinen Rausch
ausschlafen. Selbst wenn er sich ein gutes Pferd leihen kann, haben wir mindestens
zwölf Stunden Vorsprung - zudem kennt er den Weg nicht, den wir genommen haben.
Piero bereitet mir keine Sorgen.“ Gleich darauf schlug sie sich auf die Stirn.
„Verdammt, ich habe die Abgesandten des Herzogs vergessen. Was glaubst du, wie
der Herzog auf mein Verschwinden reagieren wird?“
    Serafina
überlegte nur kurz: „Ich denke, dass er kein weiteres Interesse an einer
adeligen Provinzbraut haben wird, die es vorzieht, vor ihm in die Wildnis zu
flüchten. Du hast ihn damit kompromittiert. Piero allerdings wird dafür büßen
müssen. Doch das bereitet uns keine Sorgen, oder?“
    Emilia
quittierte die Bemerkung mit einem schiefen Grinsen, wirkte jedoch nicht
überzeugt. „Du meinst also, sie werden uns nicht verfolgen, um mich zurück zu schaffen?“
    „Warum
sollten sie sich die Mühe machen? Du besitzt keinerlei Mitgift und eine
durchgebrannte Braut gilt Herren seines Standes als beschädigte Ware. Vermutlich
wird sich der Herzog eine andere Frau suchen, die ihn weniger Anstrengung kostet.
Trotzdem sollten wir kein Risiko eingehen“, mahnte Serafina. „Dein Vater wird
sich mit deinem Verschwinden sicherlich nicht abfinden.“
    „Du hast
Recht. Er wird Piero zusammen mit einigen Männern aus dem Dorf auf die Suche
schicken.“ Emilia hatte ihre Mahlzeit beendet und spülte mit einigen Schlucken
aus ihrer Wasserflasche nach. Leichtfüßig kam sie dann auf die Beine.
Entgeistert beobachtete Serafina, wie ihre Freundin ihren

Weitere Kostenlose Bücher