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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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gestattete
einen tiefen Einblick in ihr Dekolleté.
    Inzwischen
war ihr langes Haar getrocknet. Mit Hingabe machte sich die Zofe daran, es zu
einer lockeren Frisur aufzustecken, wobei sie einige Locken ausnahm, die Emilia
weich ins Gesicht fielen. Dann trat sie zurück und begutachtete ihr Werk. „Ihr
seid wunderschön. Der Herr wird äußerst zufrieden sein“, sagte sie voller
Bewunderung.
    Emilia hatte
bereits eine spitze Bemerkung auf der Zunge, wie einerlei es ihr wäre, ob der Herr
zufrieden wäre oder auch nicht, doch sie hielt sich rechtzeitig zurück. Das
Mädchen hatte es aufrichtig gemeint. Außerdem konnte es kaum schaden, sich in
diesem Hause so viele Freunde wie möglich zu schaffen. Daher lächelte sie ihr
nun freundlich zu und fragte sie nach ihrem Namen. Sie erfuhr, dass sie Clara
hieß. Emilia lobte sie für ihre hervorragenden Dienste. Dann bat sie Clara, sie
allein zu lassen. Das Mädchen knickste und ging.
    Emilia
musterte ihre Erscheinung nun selbst prüfend im Standspiegel. Ihrem Tun lag
keine Eitelkeit zugrunde. Vielmehr begutachtete sie ihre Vorzüge, die, wie sie
inzwischen wusste, ihr größtes Kapital darstellten. Ihre Haut schimmerte wie
Perlmutt und die großen Augen leuchteten wie blaue Sterne aus dem Oval ihres
Gesichts. Beinahe erstaunt fuhr Emilia die Konturen ihres Körpers nach, von den
hohen, schwellenden Brüsten, über die nicht mehr ganz so schmale Taille, bis
hin zu ihren Hüften. Die Mutterschaft hatte ihre zarten Formen bereits
gerundet. Tatsächlich hatte diese ihre jugendliche Schönheit erst voll zum
Erblühen gebracht. Die neue Weiblichkeit stand ihr gut. Trotzdem konnte sich
Emilia nicht richtig daran erfreuen. Wenn ihre Schönheit ihr Kapital
darstellte, so gereichte sie ihr auch zum Nachteil: Sie rief allzu heftige
Begehrlichkeiten hervor, die sie keinesfalls gewillt war zu stillen. Wie hatte
Serafina es jüngst formuliert? Es ist nie gut, den Durchschnitt um ein
solches Maß zu überragen.
    Konnte
allein ihre Schönheit, der Drang, sie ganz zu besitzen, den Grafen zu der
Tollheit ihrer Entführung veranlasst haben? Wie um sich selbst die Antwort
darauf zu geben, schüttelte sie den Kopf. Das wäre als Motiv zu simpel. Es
musste mehr dahinter stecken. Er hatte dafür den Tod von sechs Männern in Kauf
genommen und das Leben seiner eigenen Leute riskiert. Der Graf war alles andere
als dumm. Ihn musste klar sein, dass Beatrice nur zwei Parteien der Entführung
verdächtigen würde: Emilias Bruder zusammen mit Francesco Colonna oder eben
Graf Bramante. Wie sehr sich Emilia auch den Kopf über Bramantes Beweggründe
zerbrach, sie landete immer wieder in derselben, beunruhigenden Sackgasse: Dass
Bramante sich ihrer als Instrument seiner Rache gegenüber Beatrice bedienen
wollte.
    Bramantes
Majordomus Conradin erschien kurz darauf, um sie zur Tafel zu geleiten. Sie
folgte ihm mit hoch erhobenen Kinn und entschlossenem Schritt und wirkte dabei wie
ein Soldat, der in ein Gefecht zog.
    Auf dem Gang
hatte Emilia eine unangenehme Begegnung. Der hübsche Jüngling, dessen
Intervention bei Hauptmann Santorini ihren Aufenthalt im Verließ veranlasst
hatte, kreuzte ihren Weg. Er rammte ihr den Ellenbogen in die Seite und Emilia entfuhr
ein Schmerzensruf. Anstatt sie höflich um Verzeihung für seine
Ungeschicklichkeit zu bitten, bombardierte sie der Jüngling mit hasserfüllten
Blicken aus eisgrauen Augen. Kein Zweifel, er hatte sie mit voller Absicht
gestoßen. Nur warum? Sie kannte ihn ja nicht einmal. Der Majordomus kam ihr mit
seinem Tadel zuvor. „Aber junger Herr, was sind denn das für raue Manieren?
Kommt, Herzogin, dieser ungehobelte Bursche lohnt nicht der Mühe“, fügte er
geringschätzig hinzu, da er Emilias Widerstreben spürte.
    Graf
Bramante erwartete sie im Speisesalon. Er trug seidene Strümpfe, schwarze Kniebundhosen
und ein ebenso schwarzes Jackett, das seine hohe hagere Gestalt unterstrich.
Auf eine Perücke hatte er verzichtet. Er wirkte dadurch verjüngt, obwohl sein
kurz geschnittenes braunes Haar vereinzelt mit grauen Strähnen durchsetzt war.
In lässiger Pose am Kamin lehnend, sah er ihr entgegen. Ihm zu Füßen wachten
zwei riesige, majestätische Doggen. Bei Emilias Erscheinen erhoben sie sich und
trotteten der jungen Frau entgegen. Emilia konnte nicht anders. Sie gab ihre
würdevolle Haltung auf, sank auf die Knie und kraulte die beiden Tiere, die
sich sofort zutraulich an sie schmiegten.
    „Erstaunlich,
dabei sind sie Fremden gegenüber zunächst

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