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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Schatten blieb. Fürst
Wukolny hingegen saß Emilia gegenüber und verfolgte jede ihrer lebhaften
Bewegungen und Worte mit geradezu andächtigem Interesse. Ohne Frage, die junge
Witwe hatte ihn verzaubert. Wenn nur Francesco sie einmal so ansehen würde,
dachte Emilia. Sie war sich Colonnas körperlicher Nähe bewusst und doch trennten
sie Welten von einander. Dabei konnte sie spüren, wie er sich noch weiter von
ihr entfernte.
    Emilia hatte
nicht lange gebraucht, um zu begreifen, warum Francesco ihr den Russen
vorgestellt hatte. Bei der Verabschiedung in der Halle ergab sich ein kurzer
Augenblick, in dem die beiden allein zurückblieben. Der russische Fürst ließ
sich von Serafina den kleinen Ludovico vorführen. Emilia nutzte die
Gelegenheit, um Francesco zur Rede zu stellen: „Glaubt Ihr, Euch von mir
befreien zu können, indem Ihr mich an einen anderen Mann verschachert? Das zeigt
nur, wie sehr Ihr mich als Frau fürchtet“, zischte sie ihm zu.
    Mit
verschränkten Armen entgegnete Francesco ungerührt: „Was erwartet Ihr? Ich bin
Priester und sorge mich um Euch. Ich habe es Euch schon einmal gesagt: Es ist
nicht gesund für eine Frau von Eurem Temperament all zu lange alleine zu
bleiben.“
    „Ach, sieh
mal einer an“, erwiderte Emilia maliziös. „Was wisst Ihr über mein Temperament
zu sagen? Wann habt Ihr begonnen, Euch dafür zu interessieren? Vielleicht
nachts, wenn Ihr Euch alleine auf Euren Laken wälzt? Ich dachte, Euch Priestern
geht es allein um das Seelenheil? Doch Ihr scheint Euch auch um meinen Körper
zu sorgen. Äußerst aufschlussreich, findet Ihr nicht?“
    Francescos
rechtes Lid zuckte kaum merklich, ansonsten hatte er sich vollkommen in der
Gewalt. Trotzdem spürte Emilia, dass sie mit ihrer Vermutung ins Schwarze
getroffen hatte.
    Und natürlich
hatte sie Recht. Nachts, wenn Francescos Verstand keine Kontrolle mehr über
seinen Geist ausübte, liebte er sie mit geradezu verzweifelter Leidenschaft.
    Sie würde
ihn zwingen, sie auch bei Tage zu lieben! Mit all der Liebe, die sie für ihn in
ihrem Herzen empfand, blickte sie zu ihm auf. Francesco starrte mit
verkniffener Miene zurück.
    Die
Atmosphäre zwischen ihnen war derart geladen, dass man sie mit dem Degen hätte
durchschneiden können. Unbemerkt hatte sich ihnen Fürst Wukolny genähert. Seine
klugen Augen huschten zwischen den beiden Kontrahenten hin und her. So ist
das also , dachte er. Das also schien der wahre Grund zu sein für den
Entschluss seines Freundes, Rom zu verlassen: Er trachtete der Versuchung zu
entkommen ...
    Während der
gesamten Dauer ihres Besuches hatte sich der Russe schon gefragt, warum sein
Freund seine bevorstehende Abreise der Herzogin gegenüber mit keiner Silbe
erwähnt hatte, obwohl er sie als eine gute Freundin bezeichnet hatte. Nun
verstand er warum. „Verehrte Duchessa“, sagte Wukolny laut und durchbrach damit
den Bann. Emilia und Francesco wandten sich ihm langsam zu, als könnten sie
sich nur zögerlich aus einer anderen Welt lösen. Wukolny notierte die zarte
Röte auf Emilias Wangen und das ungewohnte Zornesblitzen in den Augen seines
gewöhnlich so gleichmütigen Freundes. Holla, sie geht ihm wirklich durch und
durch , dachte Wukolny amüsiert. Dabei konnte er seinen Freund durchaus
verstehen. Dieses rassige Geschöpf war jede Sünde wert. Unter ihrer Oberfläche
schlummerten Kraft und Mut. Seit Alexandra hatte ihn keine Frau mehr derart zu
faszinieren vermocht. Der russische Fürst sah Emilia tief in die Augen und
sagte: „Ich bedanke mich für den bezaubernden Abend. Darf ich auf ein
Wiedersehen hoffen, Duchessa Emilia? Ich schwöre Euch, wenn Ihr nein sagt,
stürze ich mich sofort in meinen Degen.“ Er zog diesen in einer raschen
Bewegung aus der Scheide und tat so, als wollte er seinen Worten an Ort und
Stelle Taten folgen lassen.
    Die
melodramatische Geste entlockte Emilia ein glockenklares Lachen. Auch Francesco
lächelte. „Sergej Iwanowitsch, Ihr seid und bleibt ein Kindskopf.“
    „Stets zu
Diensten“, erwiderte der Russe gutmütig und wandte sich dann wieder an Emilia:
„Nun, schönste Dame, wie entscheidet Ihr Euch? Darf ich Euch erneut meine
Aufwartung machen? Ich schwöre, dass ich kein Auge zutun werde, bis ich Euch
wiedersehen darf.“
    „Also gut,
da ich nicht die Ursache sein möchte, die Euch um Euren wohlverdienten Schlaf
bringt…“, erwiderte Emilia liebenswürdig, „so kommt denn morgen Nachmittag
wieder und bringt unbedingt Eure kleine Tochter mit. Ludovico

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