Das Hexenkreuz
würde sich sehr
freuen und ich auch.“
Der Russe
stieß daraufhin einen wilden Freudenschrei aus, der durch das Haus hallte und
sofort mehrere Dienstboten auf den Plan rief. Mit einem breiten Lächeln steckte
er den Degen zurück in die Scheide, dann fasste er Emilia unvermittelt an den
Schultern. Bevor sie sich versah, hob er sie mühelos auf, so dass Emilias
Gesicht in Augenhöhe mit dem seinem war und drückte ihr drei schallende
Schmatze abwechselnd auf die Wangen. Dann setzte er sie wieder ab und rief: „So
verabschiedet man sich bei uns in Russland. Kommt, Freund Francesco! Wir gehen,
umso früher sehe ich sie wieder.“ Er warf der verblüfften Emilia noch eine
Kusshand zu und folgte seinem Freund zur Tür.
Francesco
drehte sich dort nochmals um. Er sah Emilia mit einem rätselhaften Ausdruck an,
den sie nicht zu deuten wusste. Er wirkte fast, als wollte er noch etwas sagen.
Dann schien er es sich jedoch anders überlegt zu haben und begnügte sich mit
einem Nicken zum Abschied.
„Meiner
Treu, dieser Russe hat vielleicht verrückte Manieren“, bemerkte Serafina
kopfschüttelnd neben ihr.
„Nein, nicht
verrückt. Nur anders“, korrigierte Emilia. „Vergiss nicht, der Fürst kommt von
sehr weit her. Seine Heimat ist wenigstens zwanzig Mal so groß wie das gesamte
römische Reich in früheren Zeiten zählte. Glaubst du, dass die Männer in seinem
Land alle so groß sind?“, sprang sie unvermittelt im Thema weiter.
„Ich denke
kaum und wenn, wäre das ziemlich beängstigend, findest du nicht?“
Doch Emilia
schien ihre Antwort nicht gehört zu haben. Sie starrte nachdenklich auf die
verschlossene Tür - beinahe, als erwartete sie, dass sie sich nochmals öffnen
würde.
„Ist dir
aufgefallen, wie Francesco mich am Schluss angesehen hat? Denkst du, er war
eifersüchtig?“
„Wohl kaum.
Schließlich hat er den russischen Bären selbst mitgebracht.“
„Ehrlich,
was ich an dir so aufreizend finde, ist deine überaus nüchterne Ader.“
„Dann frag
halt nicht“, kam es spitz zurück.
Stumm schritten die beiden Männer nebeneinander her. Die
Abenddämmerung senkte sich über sie und am Firmament tauchten die ersten
blassen Sterne auf. Allerorten packten die Händler ihre Waren zusammen und
wurden Laternen entzündet. Er herrschte noch viel Betrieb auf den Straßen. Die
Römer liebten ihre Stadt und besonders gerne flanierten sie am Abend durch ihre
Straßen.
Sergej
wartete darauf, dass Francesco sprechen würde. Doch die Minuten vergingen. Erst
als sie vor Francescos Quartier innerhalb des Vatikanbezirks angelangt waren,
meinte der junge Jesuit leise: „Verstehst du jetzt, warum ich gehen muss,
Sergej Iwanowitsch?“
Der Fürst
legte die Hände auf die Schultern seines Freundes: “Seid unbesorgt, Freund
Francesco. Ich werde über sie wachen. Es bleibt also dabei? Du reist morgen
ab?“
„Ja, das
Schiff läuft übermorgen aus.“
„Wann wirst
du nach Rom zurückkehren?“
Francesco
hob den Kopf, doch er sah seinen Freund nicht an, sondern hielt seinen Blick
beharrlich in die Ferne gerichtet. „Ich weiß es nicht. Wenn meine Mission
erfüllt sein wird, werde ich vielleicht noch weiter bis nach Nordamerika
reisen. Dort werden Priester dringend benötigt.“
Sergej legte
den Kopf schief. „Bei uns in Russland, mein Freund, gibt es ein Sprichwort: „Je
weiter man vor ihr flieht, um so näher kommt die Liebe.“
Francesco
lächelte gequält. „Nun, welch ein Glück, dass ich Römer bin, nicht wahr?“ Er
zog einen Umschlag aus seiner Tasche. „Hier. Übergib diesen Brief morgen der
Herzogin Emilia.“ Sergej nahm ihn entgegen und steckte ihn wortlos in seine
Jackentasche.
„Wenn ich
dir einen Rat geben darf, Sergej. Gib ihn ihr erst, wenn du im Begriff bist,
dich zu verabschieden. Ansonsten würdest du nicht viel von deinem Besuch haben.
Das Mädchen würde es fertigbringen, hinter mir herzujagen.“
„So schlimm
steht es also, hmm?“ Sergej wirkte nicht sonderlich überrascht.
„Absolut.
Glaub mir, diese Frau hat den Teufel im Leib. Ich wünsche dir darum viel Glück
mit ihr…“ Francesco sagte dies nicht ohne Inbrunst.
„Bei der
Zarin Katharina“, rief Sergej dröhnend, ohne sich um die befremdeten Blicke einer
Gruppe nahestehender Geistlicher zu kümmern. „Das nenne ich einen wahren
Freund, der mich in die Arme einer Teufelin stößt!“
Die beiden
Freunde umarmten sich ein letztes Mal. Dann trennten sich ihre Wege für immer.
XIII
Pünktlich zur besten
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