Das Hexenkreuz
bei. Wenig später
ritten sie in den Hof einer Herberge ein. Ein Schild am Straßenrand pries ´ frische
Meeresfrüchte ` an.
Ein betagter
Stallknecht erhob sich sofort von der Steinbank vor dem Haus, wo er an einem
Zaumzeug geflickt hatte. Beim Anblick von Emilias Stute Ambra leuchteten seine
müden Augen auf. Er geriet vor Entzücken über das allerprächtigste Vollblut geradezu aus dem Häuschen. Er übernahm die Zügel und führte Pferd und Maultier
in die angrenzenden Stallungen. Im Weggehen hörten sie noch, wie er mit den
Tieren sprach und ihnen das allerklarste Wasser und das allersaftigste
Heu versprach. „Ich denke, hier sind wir richtig - vorausgesetzt, die Gäste
werden hier nur halb so gut versorgt wie ihre Tiere“, meinte Emilia lachend.
Sie betraten
die Gaststube, wo ihnen der Geruch von frisch gebackenem Brot sofort den Mund
wässerte. Der Wirt eilte ihnen geschäftig entgegen. Er hatte ein rotes lustiges
Gesicht und schien trotz seiner enormen Leibesfülle flink auf den Beinen. Mit
bewundernswerter Elastizität verbeugte er sich vor ihnen: „Guten Tag, Ihr edlen
Herren. Wie kann ich Euch zu Diensten sein?“
„Indem Ihr
uns ein gutes und reichliches Abendessen kredenzt. Sind die Meeresfrüchte
tatsächlich so frisch, wie es Euer Schild anpreist?“, erkundigte sich Emilia.
„Aber
selbstverständlich, junger Herr“, erwiderte der Wirt mit einer weiteren Verbeugung.
„Mein Sohn Gianni ist Fischer. Er hat sie erst am Morgen aus dem Meer geholt. Wenn
ich den Herren etwas ganz Besonderes, sozusagen die Spezialität des Hauses,
empfehlen darf: Unsere Langusten, leicht in Olivenöl, Kräutern und Knoblauch
geschwenkt, sind ein wahres Gedicht.“ Er schnalzte genießerisch mit der Zunge.
„Sehr gut,
dann werden wir sie versuchen, Eure Langusten. Richtet uns zwei Portionen an.“
„Gern. Dazu einen
Insalata di Pomodoro und einen kühlen Krug Weißwein aus der römischen Ebene,
sofern es den Herren recht ist?“
„Warum
nicht? Wir hätten auch gerne ein Zimmer für diese Nacht. Verfügt Ihr über eine
Badestube oder wenigstens einen großen Zuber, Herr Wirt? Wir möchten uns vor
dem Essen den Staub der Reise abwaschen“, erkundigte sich Serafina.
„Aber
gewiss, gewiss doch. Wir haben eine sehr schöne Badestube mit allen Annehmlichkeiten
und für jeden Anspruch. Sie steht Euch zur Verfügung, edle Herren. Wenn Ihr mir
bitte folgen wollt…“ Tänzelnd lief er vor ihnen her und öffnete die linke von
zwei Holztüren. Sie führte in einen langen dunklen Korridor. Im Hintergrund befand
sich eine schiefe Treppe, die vermutlich zu den Gästezimmern hinaufführte.
Hinter der rechten musste sich die Küche verbergen. Ungemeine Wohlgerüche
drangen von dort an ihre Nase.
„Valentina“,
brüllte der Mann unvermittelt in einer Lautstärke, die die jungen Frauen zusammenzucken
ließ. Nur Sekunden später, erschien ein adrettes junges Mädchen mit
schneeweißer Schürze und einem ebensolchen Häubchen auf dem dunklen Lockenkopf.
Es knickste und schlug verschämt die Augen vor den jungen Edelleuten nieder.
„Meine Tochter
Valentina, ein wahres Goldstück“, verkündete der Wirt und betrachtete sie
wohlgefällig. „Sie wird Euch Euer Zimmer sowie die Badestube zeigen. Verfügt
über sie.“
Valentina
führte sie bis ans Ende des Korridors zu einer schmalen Pforte, die direkt in die
Badestube führte. Mitten im Raum stand ein großer hölzerner Zuber bereit. Im
Kamin brannte ein Feuer, auf dessen Rost ein großer Kessel mit Wasser dampfte. Valentina
schritt sofort auf eine Truhe mit schwarzen Eisenbeschlägen zu und entnahm ihr
drei große, sorgsam zusammengefaltete Badelaken. Zwei davon hängte sie auf ein
Gestell vor dem Kamin, um sie anzuwärmen. Das dritte und größte drapierte sie
über den Rand des Zubers und bedeckte auch den Boden damit. Derart
zuvorkommenden Komfort waren die beiden Mädchen aus ihrer rauen Berggegend kaum
gewohnt.
„Damit du
dir keinen Schiefer in den zarten Allerwertesten ziehst“, flüsterte Emilia
ihrer Freundin zu.
Valentina
entfaltete weiter emsige Betriebsamkeit. Zusammen mit einer weiteren Magd
füllte sie den Zuber mit Wasser und schüttete zuletzt den Kessel mit kochendem
Wasser hinein. Zum Schluss händigte sie ihnen ein Stück Rosenseife aus. All
diese Tätigkeiten hatte sie mit beharrlich gesenktem Häubchen verrichtet.
Serafina und Emilia sahen nicht einmal die Farbe ihre Augen. Als das Bad bereit
war, knickste Valentina hastig und murmelte: „Dass
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