Das Hexenkreuz
hoffentlich alles zur
Zufriedenheit der Herrschaften wäre…“ Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und
eilte davon, als wären alle Teufel der Hölle hinter ihr her. Emilia und Serafina
entlockte ihr Benehmen ein Kopfschütteln. „Na sowas, ganz schön verschreckt,
das kleine Goldstück. Apropos, Schiefer… Denkst du, einem der Gäste ist dieses
Missgeschick geschehen und hat sie dann ersucht, ihm diesen persönlich zu
entfernen?“, kicherte Emilia.
„Vermutlich
hast du damit sogar Recht und würde ihre Ängstlichkeit erklären. Die hohen
Herren sind nicht zimperlich im Umgang mit dem dienenden Volk. Sicher ist es
für die Kleine nicht förderlich, wenn der Vater sein Goldstück seinen Gästen
mit den Worten `Verfügt über sie´ andient.“
„Wer weiß?
Vielleicht verfolgt der Vater die Absicht, sein Goldstück an einen Edelmann mit
vielen Goldstücken zu verheiraten?“, erwiderte Emilia mit leisem Groll.
„Ja, die
Väter dieser Welt, sie können sich wohl überall die Hand reichen. Sei´s drum“,
meinte Serafina. „Die Kleine tut mir leid, doch sie muss ihr eigenes Schicksal
meistern. Apropos… Wenn wir in Rom angekommen sind, sollten wir besonders auf
unsere Börsen achten. Die Beutelschneider dort sind zahlreich und berühmt für
ihr Geschick. Jetzt lass uns endlich baden, deshalb sind wir hier. Puh“,
Serafina schnupperte in Emilias Richtung, „Du hast es wirklich nötig“, feixte
sie.
Emilia warf
mit dem trockenen Schwamm nach ihr.
Gleich
darauf tauchte Emilia mit einem wohligen Seufzen in den geräumigen Zuber ein.
Das heiße Wasser lockerte ihre verspannten Glieder. Sie legte ihren Kopf zurück
und gönnte sich einige Minuten der Ruhe, während Serafina energisch ihre Jacken
ausbürstete. Danach half sie Emilia, ihre vom Straßenstaub stumpf gewordene
Haarflut zu waschen. Emilia konnte förmlich spüren, wie sich ihr Haar unter dem
duftenden Schaum der Rosenseife neu belebte. Sie spülten mit klarem Wasser aus
einem Krug nach. Mit leisem Bedauern erhob sich Emilia schließlich. Sie hätte
es noch viel länger ausgehalten, doch Serafina wollte schließlich auch noch
baden.
Im Zuber
stehend wrang Emilia ihr hüftlanges Haar aus. Es schimmerte wie Seide und das
Feuer überzog ihren anmutigen Körper mit goldenem Licht. Serafina stand mit
einem der vorgewärmten Badelaken bereit.
Da geschah
es: Die Pforte zur Badestube wurde aufgerissen. Erschrocken fuhren die beiden
Frauen herum. Der Eindringling, ein stattlicher junger Mann mit einem
baumelnden Handtuch über dem Arm, schien kaum weniger erschrocken zu sein. Wie
festgewurzelt verharrte er im Türrahmen, unfähig, seinen Blick von der
bezaubernden Szenerie abzuwenden. Für den Bruchteil einer Sekunde tauchten
seine Augen tief in die von Emilia ein. Emilia traf diese Begegnung wie ein Schlag,
als wären ihre beiden Seelen aufeinander geprallt.
Plötzlich
änderte sich der Ausdruck in den Augen des Mannes und Entsetzen, wenn nicht gar
Abscheu, flammte in ihnen auf. Aber er fasste sich schnell, so dass Emilia
später an ihrer Wahrnehmung zweifeln würde. Gelassener Gleichmut zeichnete nun seine
Züge, als er sich formvollendet vor ihnen verbeugte: „Ihr Damen, wollt einem
armen und erschöpften Wandersmann sein versehentliches Eindringen verzeihen. Ich
versichere, es geschah ohne jede Absicht. Genießt weiter Euer Bad. Jedoch, um
weiteren unliebsamen Überraschungen vorzubeugen, empfehle ich Euch dringend
hinter mir abzuschließen.“ Er machte kehrt und schloss ohne Hast die Tür. Serafina
eilte zur Tür und schob den Riegel geräuschvoll vor. Mit dem Laken trat sie
dann auf Emilia zu und hüllte sie darin ein. Sie wirkte sichtlich amüsiert:
„Unglaublich, diese unvermuteten Streiche des Lebens, was? Wochenlang ziehen
wir als Krautjunker verkleidet durch die Gegend und verstecken unsere
weiblichen Attribute. Und bei der erstbesten Gelegenheit erwischt dich jemand
in all deiner nackten Pracht. Wie dumm von mir, zu vergessen, die Türe
abzusperren. Aber was für ein schöner und interessanter Mann das war! Ehrlich,
ein solches Prachtexemplar von einem Mannsbild habe ich selten gesehen.
Eigentlich ein Jammer, diese Verschwendung. Findest du nicht auch?“
„Hast du
seine Augen gesehen?“, seufzte Emilia, die immer noch wie gebannt auf die Tür
starrte. „Noch nie habe ich solche Augen bei einem Mann gesehen. Grün und geheimnisvoll
wie der Grund des Meeres…“ Sie wirkte irgendwie fern, als weilte sie an einem
verheißungsvolleren
Weitere Kostenlose Bücher