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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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nutzte, wickelte sie die Stücke wieder in das Ledertuch und legte sie ebenso wie die anderen Fundsachen zurück in die Holztruhe.
    Sie hatte gerade den Deckel zugeklappt, als aufgeregte Stimmen zu ihr heraufdrangen. Die einzelnen Worte waren schlecht zu verstehen und ergaben keinen Sinn. Als sie allerdings »Burg Bodenstein« heraushörte, presste sie ihr Ohr fest gegen die Tür. Um besser verstehen zu können, öffnete sie sie dann vorsichtig und stellte sich an die Treppe. Nun drang deutlich zu ihr herauf, was unten gesprochen wurde.
    Sie hörte einen Mann sagen, dass jemand das Pferd des Freiherrn Adolph Ernst von Wintzingerode erkannt hatte. Auch, dass ein junges Mädchen in Begleitung eines Mannes aus Duderstadt fortgeritten war, konnte sie verstehen. Erschrocken presste Annerose die Hand auf den Mund. Man hatte also herausgefunden, wo Franziska sich aufhielt. Als sie die nächsten Worte klar und deutlich vernahm, wusste sie, was sie zu tun hatte.

    Annerose lenkte das Pferd durch Wintzingerode. Erstaunte Blicke folgten ihr, als sie den Hang hinauf zur Burg ritt. Das Ross trabte über die Brücke, die über den Burggraben führte, direkt in den Innenhof hinein. Johann und Franziska, die in der Sonne auf der Wehrmauer saßen, sprangen sogleich auf, als sie die Reiterin erkannten.
    »Mutter!«, rief Johann und lief ihr entgegen.
    Annerose umarmte nicht nur ihren Sohn, sondern auch das Mädchen, das erstaunt die freundliche Begrüßung erwiderte.
    Schnell hatte Annerose den Grund ihres Kommens erklärt und wollte nun den Freiherrn sprechen.
    »Onkel Lutz ist gerade bei ihm!«
    »Das trifft sich gut!«

    »Bonner muss den Rat der Stadt in Kenntnis setzen. Jeden Einzelnen zu rufen, kann bis morgen dauern. Doch dann werden sie alle hier zur Burg heraufkommen und Franziska holen wollen.«
    »Aber können sie in die Burg gelangen, wenn das Tor verschlossen ist?«, fragte Annerose erstaunt.
    »Nein, das können sie nicht. Außerdem werde ich sie auffordern, meinen Grund zu verlassen. Ich denke auch nicht, dass sie uns belagern werden, schließlich haben wir keinen Krieg«, entgegnete der Freiherr mit ernstem Blick. »Nur«, fuhr er fort, »habt Ihr Euch überlegt, wie es weitergehen soll? Sollen Franziska und Euer Sohn den Rest ihres Lebens auf der Burg verbringen? Selbst wenn ich ihnen das gestatten würde, sie wären Gefangene für eine lange Zeit, deren Ende nicht abzusehen ist.«
    Johann hatte das Gespräch aufmerksam verfolgt. Dann erklärte er mit fester Stimme: »Wir werden fortgehen, noch heute Nacht, sobald der Mond aufgegangen ist …«
    Erschrocken sah Annerose ihren Sohn an, und ihre Augen
füllten sich mit Tränen. Hilflos blickte sie dann zu ihrem Bruder. Auch dessen Blick verriet, was jeder in der Runde wusste: Es würde ein Abschied für immer sein.
    Annerose war klar, dass ihr keine andere Wahl blieb, als ihren Sohn ziehen zu lassen. Als Johann dann aber vor Franziska wie ein Edelmann niederkniete und sie bat, seine Frau zu werden, war es um Anneroses Fassung geschehen. Franziska bejahte, und der Pfarrer versprach, die beiden im Kornhaus der von Wintzingerode zu trauen. Selbst Freifrau Hedwig hatte nun feuchte Augen, und sie gab sogleich Order, das Kornhaus, in dem Luther angeblich seine erste Predigt auf dem Eichsfeld abgehalten hatte, festlich zu schmücken.
    Das Steingebäude, das nur wenige Schritte hinter der Burg lag, war bereits mehrfach als Gottesraum genutzt worden – meist im Winter, wenn man, bedingt durch die Wetterverhältnisse, weder zur Kirche nach Wintzingerode noch nach Wehnde gelangen konnte.
    In der Küche herrschte reges Treiben. Geschwitzt wurde nicht nur wegen der großen, offenen Feuerstellen, sondern auch, weil die Köchin und ihre Gehilfen den jungen Leuten ein opulentes Hochzeitsmahl bereiten wollte.
    Seit Hedwig von Wintzingerode auf dem Hofplatz ihrem Gesinde erzählt hatte, was den jungen Leuten widerfahren war, konnte sich Franziska der Zuneigung aller Bediensteten auf Bodenstein sicher sein. Sie zu mögen wurde jedem auf der Burg durch ihre freundliche, aufmerksame Art leicht gemacht. Deshalb wollten alle ihr Bestes geben, um dem Mädchen und seinem zukünftigen Ehemann eine schöne Hochzeitsfeier auszurichten.
    Selbst Hedwig ließ es sich nicht nehmen, Franziska zu überraschen. Am späten Nachmittag stand sie mit einem festlichen Kleid über dem Arm vor ihr und überzeugte das Mädchen mit freundlichen Worten, dass es doch angemessen sei, sich wie eine
Braut zu

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