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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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schon kurz vor Mitternacht, als ein Wachsoldat Adolph Ernst aufgeregt Meldung machte.
    Der Freiherr folgte dem Wachposten zur Wehrmauer und sah mit eigenen Augen, was er ihm berichtet hatte.
    Schon von Weitem konnte man einen Fackelzug erkennen, der sich auf den Ort Wintzingerode zu bewegte. Lambrecht hatte sich zu Adolph Ernst gesellt.
    »Wie lange noch?«
    »Vielleicht drei, vier Stunden!«
    Lutz berichtete seiner Schwester und den Frischvermählten, dass Bonner mit einer Schar Getreuer auf dem Weg zur Burg Bodenstein war. Entsetzen stand in ihre Gesichter geschrieben.
    Schnell wechselten Johann und Franziska die Kleidung und die Köchin packte, was vom Hochzeitsschmaus noch übrig war, in ein Bündel. Hedwig eilte in die Vorratskammer, wo sie Feldkieker, eine gepresste Grauwurst, aufbewahrte. So würden die
beiden zumindest für kurze Zeit keinen Hunger leiden müssen.
    Bevor Johann und Franziska sich verabschiedeten, nahm Annerose ihren Sohn und ihre Schwiegertochter zur Seite und überreichte ihnen ihr Hochzeitsgeschenk.
    In einen Stoffgürtel eingenäht übergab sie den beiden mehrere Münzen. Sie erklärte ihrem Sohn, woher sie das Geld hatte.
    »Bevor Casper bemerkt, dass das Gold fort ist, seid ihr schon über alle Berge. Freiherr von Wintzingerode hat mir die Goldstücke in kleine Münzen gewechselt. Es ist genug, um ein neues Leben zu beginnen. Seid vorsichtig und erzählt niemandem davon, damit es euch nicht gestohlen wird.«
    »Mutter, komm mit uns!«, bettelte Johann. Doch Annerose schüttelte den Kopf.
    »Nein, Karoline braucht mich!« Sie wusste, dass das nicht stimmte, doch sie wollte den jungen Leuten nicht im Weg stehen.
    Der Freiherr sah den Lichterzug stetig näher kommen. Er drängte zur Eile, denn ihnen blieb nur noch wenig Zeit. Eine letzte Umarmung, ein letztes Lebewohl und Johann und Franziska verschwanden in der Dunkelheit.

    Als Annerose zu Hause ankam, wurde sie von ihrer Tochter mit grimmiger Miene empfangen. Anscheinend hatte Karoline auf sie gewartet. Vorwurfsvoll stieß das Mädchen hervor: »Du bist eine Diebin!«
    »Wie meinst du das?«, fragte Annerose und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen.
    »Du hast Vaters Gold gestohlen und es sicherlich Johann gegeben.«
    Erschrocken sah sie die Tochter an, die triumphierend lächelte.
    »Vater hat es bemerkt, weil der Deckel der Truhe nicht fest verschlossen war. Er ist gleich losgeritten, um dich und die Hexe gefangen zu nehmen …«
    »Wie kannst du nur so mit deiner Mutter sprechen.«
    »Pah!«, sagte das Mädchen verächtlich und unterstrich dies mit einer abfälligen Handbewegung. »Wenn du im Kerker sitzt, werde ich hier die Herrin sein, und jeder muss tun, was ich befehle.« Dann drehte sich Karoline abrupt um, und Annerose blickte ihr sprachlos hinterher. Was hatte sie falsch gemacht, dass das Mädchen so geworden war? Sie war machthungrig und gefühlskalt, genau wie ihr Vater.
     
    Schweren Schrittes stieg Annerose die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer. Sie war sich sicher, dass Bonner sie anklagen würde, da Hass ihn zerfraß.
    Dafür gab es viele Gründe: Johann hatte sich seinem Willen widersetzt und war dem Mädchen hinterhergelaufen. Die Mutter hatte Johann nicht nur unterstützt, sondern ihm auch das Gold ihres Mannes gegeben, um dem Sohn zur Flucht zu verhelfen. Bonner war nun dem Gespött der Leute ausgesetzt, und das war, wie Annerose wusste, für ihn die schlimmste Schande. Annerose ahnte, dass es für sie keinen Ausweg geben würde. Sie hatte Bonner bestohlen.
    Ihre Tochter hatte sich schon vor langer Zeit von ihr abgewendet, und ihr Bruder, der Pfarrer, konnte sie nicht retten.
    Als Annerose den Deckel der Truhe aufklappte, waren ihre Hände eiskalt. Sie nahm den Gürtel ihres Mannes und zog das Leder durch die Schnalle, sodass eine Schlinge entstand. Diese band sie an der Klinke der Schlafzimmertür fest und setzte sich auf den Rand des Bettes.
    Als sie Hufgetrappel im Hof hörte, faltete sie die Hände ein letztes Mal zum Gebet, kniete nieder und legte sich die Schlinge um den Hals.

Kapitel 34
    Burghard hatte das Gefühl, als irre er seit einer Ewigkeit durch Worbis, stets in der Angst, entdeckt zu werden. Sein Habit war klamm vom Schweiß, der ihm aus allen Poren strömte. Zuerst hatte er sich im Wald oder auf einem Feld verstecken wollen, doch er befürchtete, dass man einen Flüchtigen dort am ehesten suchen würde.
    ›Im Oberdorf, mitten im Ort, wird mich niemand vermuten‹, dachte er.
    Daraufhin

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