Das Hexenmal: Roman (German Edition)
folgen lassen wird. Er würde mich wieder schlagen, doch diesmal so lange, bis ich tot bin.«
»Burghard«, widersprach ihm der Magister, »das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Servatius ist Mönch – ein Diener Gottes muss uns einfach anhören und uns Glauben schenken.«
Fassungslos starrte der Junge ihn an. Wie konnte ein studierter Mann nur so einfältig sein! Burghard kamen Zweifel, ob es richtig gewesen war, Behrhoff ins Vertrauen zu ziehen. Schließlich rief er zornig: »Ihr seid bei dem peinlichen Verhör nicht dabei gewesen und wisst nicht, wozu Servatius fähig ist. Ihr scheint blind zu sein! Wenn Ihr mir keinen Schutz gewährt, so seid Ihr letztlich nicht besser als die, die Ihr verdammt …«
Behrhoff wurde wütend und hob bereits die Hand zum Schlag, doch dann ließ er sie beschämt sinken.
So viele Seelen hatte er schon verloren, hatte nicht eine retten können. Nun stand ein junger Mensch vor ihm und bat ihn, dass er ihm half, und was tat er? Der Junge hatte Recht. Er war nicht besser als die anderen. Behrhoff holte tief Luft und sprach: »Ich werde dir helfen, Bursche. Du kannst bleiben – hier in meinem Haus. Unter dem Dach gibt es eine kleine Kammer, in der du dich verstecken kannst. Niemand wird erfahren, dass du hier bist. Selbst gegenüber meinem Weib und bei dem Gesinde werde ich schweigen. Ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, damit der wahre Dieb gefunden wird und du zurück zu deinem Lehrmeister kannst.«
Erleichtert dankte Burghard dem Magister und folgte ihm über die Treppe nach oben. Allerdings hatte er Zweifel, ob er tatsächlich zu Servatius und Barnabas zurückkehren wollte.
Burghard brauchte sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen. Bereits am nächsten Abend stand der Magister aufgewühlt vor ihm.
»Man hat uns zusammen gesehen!«
Erschrocken richtete sich der junge Mönch von seinem Lager auf.
»Wer hat uns gesehen und wann?«
Behrhoff erzählte, was ihm zu Ohren gekommen war:
»Ein Knecht hat gesehen, wie wir zusammen aus der Kirche kamen … Eigentlich hat er nur dich erkannt, mich sah er nur von hinten. Doch anhand der Beschreibung meiner Kleidung wussten sie, dass dein Begleiter kein Bauer sein konnte. Deshalb wollen sie alle Häuser im Oberdorf durchsuchen. Allerdings gibt es bis jetzt noch keine richterliche Anordnung, da sich einige reiche Kaufleute dagegen wehren. Aber Barnabas und dein Freund Servatius werden sicherlich die richtigen Worte finden, um die Leute umzustimmen.«
Erschöpft setzte sich der Magister auf die Holzpritsche und kratzte sich am Nacken. Mit traurigem Blick sagte er: »Du hattest Recht mit deinen Vermutungen. Dein Lehrmeister Servatius ist verblendet in seinem Zorn. Er sagt zwar, dass er dir verzeihen will, weil er gütig und gerecht sei, aber seine Augen sprechen eine andere Sprache … Und dieser Magier … dem traue ich ebenfalls nicht über den Weg.«
Behrhoff legte Burghard väterlich die Hand auf die Schulter.
»Es tut mir leid, mein junger Freund, aber du musst fort – noch heute Nacht. Ich werde dir ein Bündel packen, damit du etwas zu essen hast. Geh weit weg, dorthin, wo dich niemand finden wird. Ich kann dich nicht länger verstecken. Finden sie dich bei mir, werde ich ebenfalls angeklagt werden.«
Kurz nach Mitternacht, als in dem kleinen beschaulichen Städtchen Worbis Ruhe eingekehrt war, machte sich ein trauriger Mönch auf einen Weg, von dem er nicht wusste, wohin er ihn führen würde. Der Junge ahnte, dass er nie wieder nach Worbis zurückkehren durfte.
Deshalb würde der junge Franziskaner auch nie erfahren, dass man das Haus von Behrhoff zwar durchsucht hatte, aber nichts hatte finden können, das den Magister belastet hätte. Und ebenso wenig, dass man dem Schreiber von Worbis einige Tage später auftrug, Folgendes in das dicke Stadtbuch einzutragen: »… wird Greta Ackermann zum Tode durch das Feuer verurteilt …«. Der Urteilsspruch wurde einige Tage später vollzogen.
Kapitel 35
Anna presste den kleinen grünen Stein an ihre Brust, doch er konnte ihr den Schmerz nicht nehmen. Fassungslos stand sie vor der abgebrannten Scheune. Hier und da stiegen noch kleine Rauchfahnen in die Höhe oder knisterte ein glimmender Holzscheit. Schwer lag der Geruch von verbranntem Holz in der Luft.
Stumm und geschockt stand das Gesinde neben der jungen Herrin. Keiner konnte die Tränen zurückhalten.
Mit gebrochener Stimme schilderte Peter, der Knecht, wie sie versucht hatten, Clemens aus der
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