Das Hexenmal: Roman (German Edition)
sie ein, zum Abendessen zu bleiben.
»O Gudrun, erst heute Mittag haben wir darüber gesprochen, dass ich noch nie einen Franziskanermönch getroffen habe und schon ist einer zu Gast in unserem Haus! Wenn das kein Zeichen von der heiligen Elisabeth ist! Ich kann es kaum erwarten mit ihm zu sprechen.«
Später saßen Barbara, Katharina, Servatius, Barnabas und Gudrun vergnügt zusammen am Tisch und aßen zu Abend. Die Stimmung war gelöst, denn Albert war vor dem Essen kurz aufgewacht und hatte seiner Frau zum ersten Mal seit langem wieder zugelächelt.
Barnabas flößte ihm sogleich wieder etwas von dem Kräutertrank ein, woraufhin der Kranke erneut eingeschlummert war.
Als Otto die Stimmen im Speisezimmer hörte, gesellte er sich zu der fröhlichen Runde. Er hob sogar den Krug und prostete Barnabas zu.
»Ehre, wem Ehre gebührt!«
Doch Essen konnte er nichts, denn Gudrun saß neben ihm, und ihre Nähe schien ihm auf den Magen zu schlagen. Er musste sich zusammennehmen, um das Mädchen nicht unentwegt anzustarren. Barnabas waren seine Appetitlosigkeit und die vielen Blicke, die er dem Mädchen zuwarf, nicht entgangen und in Gedanken bedachte er den jungen Mann mit Spott. ›Ja, die Liebe kann blind und dumm machen!‹
Katharina hingegen hatte nur Augen für den Mönch. Wollte Servatius ein Stück Brot – sie gab ihm sogleich eines; hatte er nur noch wenig Gemüse auf dem Teller – sie legte ihm nach; trank er einen Schluck – sie füllte seinen Krug sofort wieder auf.
Als Gudrun das sah, knuffte sie die Freundin in die Seite und flüsterte: »Du mästest ihn!«
Servatius, der das gehört hatte, verteidigte seinen Appetit: »So gut habe ich schon lange nicht mehr gegessen!« Dann lächelte er breit, sodass man das zerkaute Fleisch zwischen seinen Zähnen sehen konnte.
»Und ich habe noch nie von so schönem Gebrauchsgeschirr gespeist«, lobte Barnabas.
»Es ist unsere Hochzeitsserie«, erklärte ihm Barbara. »Eines Tages hatte ich den Wunsch, das Geschirr für Brautleute besonders schön zu verzieren. So suchten wir nach Anregungen, die sich von den herkömmlichen Mustern abhoben. Bei einem Spaziergang sah ich diese Blumen am Wegesrand, und ich konnte mir gut vorstellen, dass sie wunderbar auf Tellern und Bechern aussehen würden. Leider können wir nur Braun und Ockertöne herstellen. Doch dieses helle Ocker auf dunkelbraunem Grund finde ich sehr gelungen.«
Otto fügte lachend hinzu: »Wir haben auch schon versucht, die Glasur mit Waid in Blau einzufärben, damit wir Kornblumen auf dem Geschirr malen können, aber das ging gründlich daneben.« Erstaunt sah Barbara ihren Schwiegersohn an. So munter hatte sie ihn selten erlebt. Erst jetzt fiel ihr sein leerer Teller auf. Scheinheilig sagte sie: »Du isst ja nichts, Otto. Geht es dir nicht gut?«
»Doch, doch«, stammelte er und wurde über beide Ohren rot. »Ich habe keinen Hunger!«
»Ach was, du wirst noch krank. Katharina, gib deinem zukünftigen Mann etwas von dem Braten und dem Gemüse.«
Doch ehe Katharina sich versah, nahm Gudrun schon die Platte mit dem Fleisch und reichte Otto das beste Stück. Schmunzelnd hatte Barnabas das beobachtet. ›Unter jedem Dach ein Krach‹, dachte er. ›Hier würde jedoch eher passen: Unter diesem Dach ein Geheimnis.‹<
Da alle froh gestimmt waren, sah Barbara den Moment gekommen, um dem Schwiegersohn ihre Sorgen kundzutun. Otto sah sie verwundert an. So freundlich kannte er seine Schwiegermutter sonst nicht. In all den Jahren zuvor hatte sie nie ein gutes Wort für ihn gehabt. Neugierig hörte er sich jetzt ihre Sorgen an, während er in seinem Essen stocherte.
Auch Barnabas lauschte interessiert, da er von der Töpferei wenig verstand und alles Neue begierig in sich aufsog.
Katharina hingegen wollte alles von Servatius wissen. Sie fragte ihn über das Kloster, die Lehre des Franz von Assisi, das Leben als Mönch und über die heilige Elisabeth aus. Ihre Fragen nahmen kein Ende, und nach einer Weile lachte der Franziskaner und sagte: »Ich bin froh, dass mein Bauch so gut gefüllt ist, denn sonst wären da jetzt Löcher drin von Euren Fragen.« Doch insgeheim schmeichelte es ihm, dass das Mädchen so viel von ihm wissen wollte, und er gab bereitwillig Auskunft. Schon lange hatte Servatius nicht mehr über seine Brüder, das Kloster und den Grund seines Mönchdaseins gesprochen.
Immer wieder fielen Katharina neue Fragen ein, bis Servatius neugierig wurde.
»Habt Ihr vor, in einen Orden
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